03/07/2025
Dies ist ein Hilferuf.
Ich bin praktischer Arzt, aus Leidenschaft und mit Leidenschaft.
Vor knapp 3 Jahren habe ich mich entschlossen, einen Kassenvertrag anzunehmen und mich mit meiner Frau, die Krankenschwester ist, um Patientinnen in Bad Erlach zu kümmern.
Wir arbeiten und betreuen Menschen so viel, wie geht. Wir haben ein Herz für die großen und kleinen Probleme der Menschen. Zumindest sagt man uns das.
Wenn man aber die Berichte von Patientinnen und Patienten hört, wie es „da draussen“ zu geht, verzweifle ich zusehends.
FachärztInnen fehlen draußen wie auch im Krankenhaus.
Eine Patientin mit Depression, der es akut schlecht geht, hat im November einen Facharzttermin, ein anderer nimmt sie laut ihrer Aussage nicht dran, weil sie aus Wiener Neustadt kommt.
Patientinnen mit Zustand nach Brustkrebs werden mangels FachärztInnen im Krankenhaus nicht mehr weiter betreut und sollen sich jemanden suchen.
Meiner Patientin wurde der Unterschenkel amputiert, weil sie laut Krankenhaus eine CT im niedergelassenen Bereich machen sollte, was dann leider zu spät war.
Es geht nicht darum, einen Schuldigen zu suchen. Es geht darum, Lösungen zu finden. Dafür wäre die Politik nötig. Wir bilden ÄrztInnen aus, die dann ins Ausland gehen oder unter diesen Bedingungen keinen Kassenvertrag wollen. Wer die Beiträge und Briefe der ÖGK der letzten Monate gelesen hat, versteht vielleicht, dass wir AllgemeinmedizinerInnen uns gemobbt vorkommen. Wir seien Schuld an der Miesere der Krankenkassen. Wir pumpen Millionen in PVZ. Diese sind wichtig und gut.
In Bad Erlach mit 3.300 Einwohnern finden wir ja nicht einmal einen 2. Arzt bzw. Ärztin. Da reden wir gar nicht von 3 und einem PVZ. Die kleinen Orte werden vergessen Österreich besteht überwiegend aus ländlichen Gebieten. Hier (wie seit 1.7.) ist es für ältere Personen ein Wahnsinn, wenn Sie für den Transport zum Facharzt oder ins Krankenhaus in größere Städte jetzt knapp 16 Euro pro Fahrt zahlen müssen.
Bundesländer werben untereinander ÄrztInnen ab, um selbst zu überleben. Die Ausbildung zum Facharzt bzw. das Studium per se. Dauert zu lange, um akute Verbesserungen zu bewirken. Klar, wir können KollegInnen aus dem Ausland holen. Dann fehlen sie eben dort.
Pflegepersonal ist jetzt master- es gibt trotzdem zu wenige, es gibt Häuptlinge und keine Indianer. Wie haben wir doch alle geklatscht in der Corona Zeit. Was bleib davon übrig. Die paar, die noch im Krankenhaus arbeiten, sind überarbeitet, frustriert und weiterhin unterbezahlt. Ein ähnliches Problem, wie bei uns MedizinerInnen.
Das Arbeiten, wie man es sich beim Bergdoktor oder Greys Anatomy vorstellt ist nicht idyllisch. Wir arbeiten täglich am Limit, ärgern uns herum, weil wir Medikamente, die Patienten seit Jahren nehmen och immer chefärztlich bewilligen lassen müssen und beim 20. Mal begründen, warum er jetzt den Blutverdünner bekommt. Wir telefonieren mit Krankenhäusern, und versuchen Patienten, die wir untersuchen, diagnostizieren und die im KH z.T. unverständlich abgelehnt werden, doch noch irgendwo unterzubringen.
Wir bekommen teilweise den Eindruck, dass wir da draußen nichts wert sind und keine Ahnung haben. Wir müssen den Patienten erklären, warum sie genau deshalb zum Teil zwei Stunden warten müssen und wir nach 5 Stunden Arbeit immer noch freundlich sind.
Das System krankt. Es ist ein jeder gegen jeden, es fehlt an Personal, Material und vor allem Wertschätzung und Respekt. Da reden wir noch gar nicht über die Wochenenddienste…
Wir werden weiter arbeiten. Meine Frau und ich werden weiter alles geben, gut dokumentieren und versuchen meine Patienten irgendwo unterzubringen, sollte es nötig sein. Wir werden mehr Risiko auf mich nehmen müssen, sonst ist ja keiner da, der es tut.
Aber irgendwer da oben sollte mal „die Eier haben“ uns zu unterstützen, uns medizinischen Berufe und nicht nur auf uns hinzuhacken. Denn wenn ich nicht mehr da bin, weil es mir reicht, stehen 3.300 Einwohner ohne Kassenarzt da. Das will ich nicht und das wollen meine PatientInnen auch nicht.