19/11/2025
Männertrauer sichtbar machen. „Viele Männer hören schon früh in ihrem Leben Floskeln wie ´reiß dich zusammen` oder ´ein Mann weint nicht`. Diese Erwartungen wirken bereits im Kindes- und Jugendalter, wenn bei einem Todesfall vermittelt wird, dass man nun der `starke Mann‘ im Hause sein müsse“, erklärt Petra Kozisnik, BSc, Geschäftsführerin des Landesverband Hospiz NÖ. Er macht zum Internationalen Männertag am 19. November auf ein Thema aufmerksam, über das noch immer zu selten gesprochen wird: Trauer von Männern.
Trauer kennt kein Richtig oder Falsch
Wenn ein geliebter Mensch stirbt, verändert sich das Leben von einem Moment auf den anderen. Vor allem Männer fühlen sich häufig verpflichtet, möglichst rasch wieder zu funktionieren: im Beruf und in der Familie. Dabei ist Trauer prinzipiell keine Schwäche und schon gar keine Krankheit, sondern eine zutiefst menschliche Reaktion auf Verlust, die jedoch – insbesondere bei komplizierten Trauerverläufen sowie nach traumatischen Verlusten und fehlenden Ressourcen – auch krankheitswertige Symptome und Folgen aufweisen kann.
Gerade in der Trauerbegleitung zeigt sich immer wieder, wie groß das Bedürfnis vieler Männer nach einem Rahmen ist, in dem sie ihre Trauer ausdrücken dürfen, ohne bewertet zu werden. „Das vermeintlich starke Geschlecht findet oft erst dann Zugang zu Gefühlen, wenn jemand den ersten Schritt wagt. Besonders in starken Gemeinschaften, wie etwa in Sportvereinen, Einsatzorganisationen oder Belegschaften, kann das gemeinsame Erleben von Trauer heilsam wirken“, sagt Petra Kozsinik. So verwandelt sich Schweigen zu Anteilnahme, Tränen werden zu Mut und gemeinsame Rituale entwickeln sich zu einer tragenden Kraft.
Rituale schaffen Halt
Einfach gehaltene Abschiedsrituale wie das Entzünden von Kerzen, das Niederschreiben letzter Gedanken oder das bewusste Erinnern an den verstorbenen Menschen schaffen einen Raum, in dem auch Männer spürbar entlastet werden. „Wenn einer zu reden oder zu weinen beginnt, entsteht ein wertvoller Moment: die Anderen trauen sich nachzuziehen“, so Petra Kozisnik. Gerade bei Männern ist auch immer wieder zu beobachten, wie sehr sie sich in der Trauer körperlich kanalisiert ausdrücken, auch andere Rituale, alleine oder in der Gruppe, suchen, die die Trauer in Handlungen und im Tun aus dem Verschweigen und Rückzug in einen Ausdruck und ins Fließen bringt.
Der Landesverband Hospiz NÖ betont, dass es zwar weder eine „typisch männliche“ noch eine „typisch weibliche“ Art zu trauern gibt, die festgeschrieben werden soll. Dennoch ist es unerlässlich, sich einem möglichen unterschiedlichen Trauerausdruck – je nach Prägung und Erfahrung – hinzuwenden, um Trauerräume zu schaffen, die jeder Form des Ausdrucks ihren Platz geben. Auch die immer wieder beobachtbare gefühlsbetonte Benennung von Trauerangeboten könnte hinterfragt werden, um Männer in ihrer Trauer anzusprechen. Der Internationale Männertag erinnert daran, wie wichtig es ist, alle Menschen in schwierigen Lebensphasen zu unterstützen. Trauer ist immer individuell und darf so sein, wie sie kommt. Für manche Männer ist es wichtig, aktiv zu werden, zu gehen, etwas zu gestalten, Verantwortung zu übernehmen. Andere brauchen Worte, Austausch oder stille Rituale. Alles darf Platz haben. Auch wenn Trauer schmerzhaft und herausfordernd ist, zeigt sich immer wieder: Menschen können neue Perspektiven entwickeln und Schritt für Schritt in ein verändertes, aber dennoch lebenswertes Leben zurückfinden. Wesentlich ist, dass Trauer nicht allein getragen werden muss.