13/06/2025
Angst hat viele Gesichter.
In meiner Arbeit als Psychotherapeut erlebe ich täglich, wie Ängste das Leben von Menschen - besonders junger Menschen - durchdringen:
Nicht nur in Form von diffusen Sorgen oder Panikattacken. Sondern als tiefe Verunsicherung gegenüber einer Welt, die scheinbar jederzeit aus den Fugen geraten kann.
Klimakrise, Krieg, wirtschaftliche Unsicherheit, gesellschaftliche Spaltung, KI-Dystopien...
Diese Themen sind real - aber ihre Dauerpräsenz in den sozialen Medien, oft kombiniert mit übersteigerten Narrativen, greift unsere seelische Grundsicherheit an.
Ein ununterbrochener Strom aus Schreckensbildern, Emotionalisierung und Algorithmen, die Angst verstärken, nicht beruhigen.
Besonders junge Menschen wachsen heute in einer Welt auf, in der sie rund um die Uhr mit Bedrohungen konfrontiert sind - oft ohne die emotionale Reife, diese einzuordnen oder sich davon innerlich abzugrenzen.
Was fehlt, ist ein sicherer innerer Ort - und oft auch ein sicherer äußerer.
Angst ist keine Störung, sondern ein Hinweis:
Ein Hinweis darauf, dass unser psychisches Immunsystem überfordert ist. Dass uns Orientierung fehlt. Oder Halt. Oder Sinn.
In der Therapie geht es deshalb nicht nur um die Reduktion von Symptomen, sondern um die Stärkung der seelischen Widerstandskraft.
Um Fragen wie:
- Wie kann ich mit Unsicherheit leben, ohne innerlich zu zerfallen?
- Was gibt mir in einer unsicheren Welt dennoch Richtung und Bedeutung?
- Welche Stimmen will ich in meinem inneren Raum überhaupt zulassen?
Oder, mit Viktor Frankl gesprochen:
„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegt unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“
Gerade in einer Zeit der kollektiven Verunsicherung ist dieser Raum entscheidend:
Der Raum zum Nachdenken. Zum Fühlen. Zum menschlich bleiben.