08/09/2021
Die ersten 5 Schritte - der Beginn deiner inneren Reise.
In meiner Definition beginnt der Anfang einer inneren Reise, sobald jemand sich dafür entscheidet, das eigene Unterbewusstsein besser kennenzulernen - heißt in klaren Worten: Sich selbst besser kennen zu lernen, mit allem was dazu gehört.
Es bedeutet sich auf den Weg zu machen. Aber wie sieht das konkret aus?
Hier sind meine 5 Schritte für den Anfang:
1. Das Warum kennen - Ziele setzen?
Warum möchtest du die innere Arbeit beginnen? Möchtest du in bestimmten Situationen die Ruhe bewahren? Möchtest du dich von häufigen Kopfschmerzen verabschieden? Möchtest du ein Gefühl von Ohnmacht loswerden?
Es ist gut für dich selbst zu verstehen, warum du das tun möchtest, denn dieser Wunsch verstärkt die Bereitschaft, in deinem Alltag Zeit und Aufmerksamkeit dafür frei zu schaufeln. Du kannst noch so viel verändern wollen, wenn du dir keine Zeit dafür einräumst - auch wenn es täglich nur wenige Minuten sind - oder keine eigene Energie aufwenden willst, wird es sehr schwierig.
Die innere Reise wird nicht immer flauschig wie ein Kätzchen sein. Da ist es förderlich, sich selbst klar zu machen, dass sich der akute Schmerz des genauen Hinsehens überaus lohnt, wenn damit der chronische Schmerz des alltäglichen sich-durchs-Lebens-Kämpfens minimiert werden kann.
Ich möchte hier betonen, dass konkrete Zielsetzungen bei innerer Arbeit mit Vorsicht zu betrachten sind. Denn es geht eher darum, interessiert und neugierig zu bleiben; darum, dein Inneres besser kennen zu lernen und sich dem zu stellen statt nach messbaren Zielen zu streben. Sei immer gnädig zu dir selbst und verbanne Sätze wie "Ich hab's noch immer nicht kapiert." oder "Das schaffe ich nie."
Das Wichtigste: Keine zeitliche Zielsetzung, kein Stress, keine Erwartungen, bitte nicht perfekt sein wollen! Da lacht dich dein Unterbewusstsein nur aus. Eine innere Reise ist ein wunderschöner nie endender Prozess, denn es bleibt immer spannend und nicht fest planbar.
2. Beobachten - und nicht werten.
"Wo oder wie also soll ich anfangen?"
Niemand kann dir sagen, woher deine Wut, deine Kopfschmerzen oder dein Ohnmachtsgefühl kommen. Ich sehe zum Beispiel eine Fehlhaltung oder flache Atmung, kann aber nicht wissen woher das kommt: Ob vielleicht ein Kollege dich so nervös macht, dass du sogar zu Hause darüber nachdenkst und es dir immer unbewusst den Atem zuschnürt. Oder ob du dein Kind immer nur auf der Hüfte absetzt, die nicht schonmal verletzt war. Oder ob deine Schultern schief hängen, weil du so konzentriert einseitig schreibst.
Bevor du mir etwas davon erzählst, sehe ich erstmal nur das Ergebnis davon. Ich kann dir trotzdem schnell ein gutes Körpergefühl geben. Aber wenn du hoffst, dass du ohne dein Zutun wundergeheilt wirst, wird sich nachhaltig nichts ändern. Denn du wirst schnell in die alten unbewussten Muster zurück fallen.
Also beobachte.
Du bist die einzige Person, die 24/7 mit dir verbringt. Wer könnte dich besser kennen als du selbst?
Beobachte, in welchem Moment genau dich dieser Kollege nervös macht? Wie fühlt sich dein Körper dann an?
Wie fühlt es sich an, dein Kind auf der anderen Hüfte zu tragen? Ist da noch Schmerz oder nur noch die Angst davor?
Wann fällt dir beim schreiben auf, dass deine Schulter schmerzt? Hältst du den Atem an?
Am besten du beginnst erstmal damit, die Basis für alles zu beobachten: den Atem.
Ich behaupte, dass du den ganzen Tag immer wieder den Atem anhältst. "Das ist Quatsch", denkst du, "dann würde ich ja in Ohnmacht fallen!" Tatsächlich aber halten fast alle Menschen den Atem sehr viel häufiger und länger an als sie denken und berauben sich damit wichtiger Stoffe und engen ihr Gewebe ein.
Ein kleiner Test:
Such dir eine ganz simple Tätigkeit, die du schon dein Leben lang machst - die also sehr sehr wenig Aufmerksamkeit braucht. Ich empfehle das Abtrocknen nach dem Duschen. Das hast du schon immer gemacht, wahrscheinlich im immer gleichen Ablauf, wirklich nicht anspruchsvoll. Beobachte hier, ob und wie oft du den Atem anhältst.
Du wirst erstaunt sein, da bin ich mir sicher!
3. Experimentieren und Üben.
Manchmal ist es sehr einfach, etwas zu ändern. So viele Dinge spielen sich unbewusst ab, dass es manchmal reicht zu beobachten und schon liegt die Lösung auf der Hand.
Zum Beispiel hatte jemand mal einen kreisförmigen Ausschlag in der rechten Handfläche.
Nach eindringlicher Selbstbeobachtung fiel ihm auf, dass seine Hand beim Autofahren immer auf dem Schalthebel abgelegt blieb. Als Vielfahrer hatten die giftigen Stoffe des Materials genau diese runde Fläche allergisch reagieren lassen. Nun, einfach die Hand woanders ablegen - und sein Problem war gelöst.
Manche Beobachtungen und Experimente dauern aber länger und sind auch nicht so einfach und schnell zu lösen.
Wenn du zum Beispiel viel sitzt und dich dadurch verspannst, kannst du verschiedene Dinge jeweils eine Woche lang ausprobieren:
- jede Stunde für ein paar Minuten aufstehen und dich strecken oder tanzen (mein Favorit)
- alle 15 Minuten 3 bewusste Atemzüge mit geschlossenen Augen
- nach 4 Stunden einen richtigen Spaziergang machen, bewusst atmend
- oder etwas ganz anderes, deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt
Es gibt viele Tipps, die wirklich inspirieren - ganz individuell gesehen sind sie allerdings eher als Ideen zu betrachten. Das Richtige findest du nur selbst durch experimentieren und üben heraus.
Gib einem neuen Experiment mehrere Tage oder sogar Wochen Zeit, bevor du etwas Neues probierst, denn dein Gesamtsystem muss sich erst darauf einstellen.
Und nicht vergessen: Vor dem Experimentieren, zwischen dem Experimentieren und auch danach heißt es immer wieder: Beobachten, Beobachten, Beobachten.
4. Geduldig sein.
Achtung, vielleicht hast du schon viel experimentiert, geforscht und deinen Alltag völlig umgeworfen, aber nichts hat sich geändert? Oder fast nichts. Oder nicht genug.
Dann schreiben wir uns noch einmal das hinter die Ohren: Wir funktionieren nicht auf Knopfdruck. Wir sind nicht perfekt. Und schon gar nicht, wenn es darum geht, etwas tiefgreifendes zu verändern.
Du kannst dir das wie eine Zwiebel vorstellen. Die äußere Schicht kannst du gut sehen. Aber alles darunter bleibt verborgen, bis du Schicht für Schicht entdeckt und aufgedröselt hast. Manche Schichten sind einfach zu schälen, andere sind genauso störrisch wie diese trockene äußere Schicht von Zwiebeln, die man verzweifelt versucht abzufummeln. Hier ist besondere Geduld und Gnade mit dir selbst gefragt.
Die Reise ins Innere ist ein nie endender Prozess (im Gegensatz zum Schälen einer Zwiebel), es wird immer spannend bleiben. Allerdings wird es mit der Zeit immer leichter. Bald kommt neben reiner Problemlösung auch die Neugier dazu und es geht tiefer in die Berg-und-Tal-Landschaft des eigenen Selbst.
Und noch etwas: Statt deine Entwicklung als linear (z. B. von "krank" zu "gesund") zu betrachten, sieh sie lieber als Wellen oder Puls. Aufs und Abs sind normal und gesund, das dürfen wir nie vergessen.
5. Informiere dich.
Warum kommt das Informieren ganz am Ende? Sollte ich mich nicht umfassend informieren über mögliche Ursachen und Methoden?
Ja. Und Nein.
Denn schnell passiert es, dass wir doch im Außen die Lösung suchen, weil schon so viele kluge Menschen über Probleme und Lösungen geschrieben haben. Die müssen es doch wissen!
Diese Menschen kennen uns aber nicht. Solange kein Notfall besteht und sowieso keine Zeit zum forschen ist, müssen auch Ärzt*innen genau hinsehen und sehr viele Fragen stellen, wenn sie dich nicht einfach mit einem Pillenrezept abservieren wollen.*
Du wirst den besten Zeitpunkt herausfinden, ab dem du Dinge nachfragst oder nachliest zu deinem Thema. Finde verschiedene Quellen und damit verschiedene Möglichkeiten. Achte allerdings ganz fest darauf, dass der Kontakt zu dir selbst bestehen bleibt bzw. vertieft wird - durch Selbstbeobachtung und Experimentieren. Sonst kann es passieren, dass du die Verantwortung für dein Wohlsein nach außen abgibst.
Wie viel auch immer wir lesen und lernen, uns selbst können nur wir am besten kennen.
Vorausgesetzt wir kennen das Warum, beobachten, experimentieren und sind geduldig!
Fazit
Wenn du selbst nicht weiterkommst auf deinem Weg (was auch immer das heißen mag), wende dich an eine professionelle Person. Sie wird dich dabei unterstützen. Vergiss aber nicht, dass sie dir die ersten 4 Punkte nicht abnehmen kann.
Und deshalb habe ich sie dir hier aufgeschrieben. Damit du immer wieder hier nachschauen oder sie dir notieren kannst.
* In keinster Weise verurteile ich die Arbeit von gewissenhaften Ärzt*innen. Ich kann nur nicht verstehen, warum (abgesehen von Notfällen verschiedener Art) uns immer wieder erzählt wird, dass sie die Expert*innen für unsere eigenen Körper sind. Das können nur wir selbst sein - oder eben werden, wenn wir den Anfang wagen und uns selbst beobachten und kennen lernen.