
27/06/2025
“Ich bin noch da.”
Aus der Sicht einer Bewohnerin
Ich wache auf und frage mich, welcher Tag heute ist.
Es spielt keine große Rolle mehr. Die Tage ähneln sich – wie die Tapeten an den Wänden.
Hier im Heim ist es ruhig… manchmal zu ruhig.
Die Uhren ticken, die Türen gehen auf und zu, Schritte hallen durch den Flur.
Und doch – in mir ist es lauter als je zuvor.
Ich sehe viele Gesichter.
Pflegekräfte mit schnellen Händen und müden Augen.
Mit einem Lächeln, das mal echt ist – und manchmal einfach nur Pflicht.
Ich weiß, sie geben ihr Bestes. Aber ich vermisse Nähe.
Nicht Pflege – Nähe.
Manchmal fühle ich mich wie ein Schatten meiner selbst.
Ich war Mutter. Ehefrau. Freundin. Ich war voller Leben.
Jetzt bin ich oft still – nicht weil ich nichts mehr zu sagen habe,
sondern weil mir manchmal keiner mehr wirklich zuhört.
Meine Erinnerungen kommen und gehen wie der Wind.
Ein altes Lied im Radio, der Geruch von Seife, ein bestimmter Blick –
und plötzlich bin ich wieder jung, tanze in der Küche, halte die Hand meines Mannes.
Ich bin nicht traurig. Nur nachdenklich.
Denn auch wenn mein Körper schwächer wird,
mein Herz spürt noch immer.
Ich liebe. Ich hoffe. Ich glaube.
Und manchmal reicht schon ein kurzer Moment –
ein Blick, eine Berührung, ein ehrliches „Wie geht’s dir heute?“ –
und ich weiß: Ich bin noch da.
Ist dir bewusst, wie sehr ein Blick, ein Tonfall, eine Geste uns erreichen kann?
Wie sehr wir Bewohner euch spüren – euch lesen – auch ohne Worte?
Was du tust, wie du bist…
es hinterlässt Spuren in uns. Jeden Tag.