18/12/2025
Der Mensch ist weg, er ist gegangen. Und da bist du. Du bist geblieben, weil du der einzige bist, der bis zum Ende bleiben wird.
Schmerz übermannt dich, Nerven vibrieren, in der Magengegend ein Ziehen, als wärst du ein Poller am Kai, an dem ein nicht wiederkehrendes Schiff noch still vertäut ist. Gnadenlos spannt sich das Tau, aber die Silhouette des Schiffes verschluckt der Horizont, der einst der eure war. Du willst halten, was nie zu halten war, willst rufen, was nicht mehr zu rufen ist, willst bitten, was keine Gnade kennt, willst retten, was keine Rettung will, suchst Halt, wo nichts gehalten wurde, suchst Wärme, wo kein Feuer brannte, ersehnst Heimkehr, wo niemand wohnt, sprichst Worte, die keiner hört, weinst Tränen, die niemand küsst, fühlst Sehnsucht, die niemand trifft. So stehst du da, am Rande eines Abschieds, den du nie wolltest.
Du bleibst zurück, fühlst dich verlassen. Aber du wurdest nicht verlassen – du wurdest befreit. Man gibt dir Chance, man gibt dir Raum. Du siehst es nicht, doch es ist da. Der erste Schritt auf einem Weg, den du noch nicht gegangen bist, ist in diesem Zustand unsichtbar. Dein Fuß wird ihn setzen, während du noch Stücke deines Herzens sammelst zwischen Trümmern einer Geschichte, die nie ein Happy End versprach. Euer Ausgang war stets ungewiss, aber das Ende wurde im Anfang geboren sowie der Anfang im Ende. Ein wesentlich älterer und weiserer Teil deines Wesens wusste das, als ihr einander zum ersten Mal in die Augen blicktet. Und ein anderer, jüngerer, törichter Teil legte einen Schleier über dieses Wissen, damit ihr sein konntet, was ihr wart. Doch im Schmerz sind wir blinde Höhlenfische, bleich und barbeinig, dem Tode einer Illusion ausgeliefert. Und das ist es, was du jetzt begreifen musst.
Ein Mensch, der geht, verlässt nicht dich. Er verlässt die inneren Bilder seiner tiefen Sehnsucht, die er auf dich geworfen hat, deren Realität jedoch aus Blendwerk bestand. Er verlässt die Form, nicht den Kern. Was er zurücklässt, bist nicht du, sondern eine Haut, der er entwachsen ist. Auch du hast diesen Menschen nie verloren, auch wenn es sich so anfühlt. Was du verloren hast, sind die Bilder deiner tiefsten seelischen Sehnsüchte, deren Masken du ihm übergestülpt hast. Du verlierst nur die Form, nicht den Kern, schlüpfst aus einer Haut, die nie die deine war. Was du fühlst, ist kein innerer Tod, sondern eine seelische Neugeburt. Und Geburt war immer blutig, immer schmerzhaft, immer Trennung und Verbindung zugleich. Trennung von der alten Welt, Bindung an eine neue. Das ist es, was du jetzt akzeptieren musst.
Du stehst da, fühlst dich entwertet. Aber du wurdest nicht entwertet – du wurdest gekrönt. Das Reich deines Lebens ist nun frei, auf dass du es allein regierst. Niemand, der dir die Krone abringt, niemand, der dich selbstvergessend macht, niemand, an den du dich fesselst, ohne zu wissen, in welcher Tiefe ihr ertrinken würdet. Nein, du hast nicht an Wert verloren – du bist bloß teurer geworden, weil da ein zusätzlicher Schliff an deinem Wesen glänzt. Jede Erfahrung, mag sie schmerzhaft oder lieblich sein, ist ein Juwel im Gewand deiner Seele. Dein Wert ist höher, dein Erfahrungsschatz reicher, dein Geist bewusster, dein Blick klarer, deine Ungeduld kleiner, deine Achtsamkeit größer. Du hast nicht an Wert verloren, denn der andere ging mit nichts, außer einem Koffer voll Erinnerungen, einem Kopf voller Geschichten, die verblassen werden, bis sie nur noch vage Ahnung sind. Vielleicht, wenn er Glück hat, trägt er einen Tropfen Liebe in seinem Herzen, die übrigblieb, aber nicht reichen wird für alle Tage.
Ein Mensch der geht, geht nicht mit deinem Wert. Den hat er ja nie erkannt – wie also sollte er damit gehen? Er geht vielleicht mit Vorstellungen von dir, die er sich beigebogen hat, um überhaupt den endgültigen Schritt aus der Türe wagen zu können, aber er geht nicht mit deinem Wert. Er geht in eine ungewisse Zukunft, nicht in sein Glück, denn niemand weiß, was Glück bringt und was nicht. Er geht in seine Idee vom Glück, nicht in die absolute Gewissheit darüber. Wir wandeln alle als Blinde durch das Abenteuer unserer Existenz, nicht als Götter mit allsehendem Blick. Und so auch er. Was dir wie sein neues Glück erscheint, ist dieselbe Illusion, in die ihr euch verliebt habt, als ihr miteinander gegangen seid, nur eben in einer Neuauflage, in einer Neuinszenierung. Die Protagonisten werden anders sein, die Kulissen werden anders sein, vielleicht bunter, die Kostüme werden anders sein, vielleicht fulminanter – das Drama jedoch, das zur Tragödie erwächst, dasselbe. Denn er nimmt sich mit, wohin er auch geht. Und er wird immer nur das finden, was er in sich trägt, niemals etwas anderes. Das ist es, was sich geändert hat. Aber dein Wert, der blieb bei dir. Der Schatz, der du bist, ist um ein Kleinod reicher, denn du bist gereift. Und Reife stellt den Wert des Weins, der froh und trunken macht. Das ist es, was du jetzt kosten musst.
Du liegst da, fühlst dich erniedrigt. Aber du wurdest nicht erniedrigt – du wurdest gesalbt. Noch gehst du durch ein dunkles Tal der Seele, kämpfst gegen Ungeheuer deines Egos, aber du siehst bald die grüne Aue, an der man dich weidet, den Tisch, den man für dich deckt, den Krug, den man dir überreichlich füllt mit frischen Wassern. Du bist deinem Thron so nahe, ohne es zu ahnen. Was du bald überwunden haben wirst, scheint jetzt noch übermächtiger Goliath. Du kannst die Hand kaum fühlen, die Hand deiner Seele, schon heimlich nach dem Stein fassend, den sie werfen wird ins Auge des Riesen, den du noch fürchtest. Sowie du nicht die Stimme deines Geistes hörst, flüsternd hinter deinem Klagen im Angesicht der Bedrohung „Mein Gott hat mich bereits zum Sieger gemacht.“ und darum zitterst du, darum liegst du gekrümmt wie ein Fötus im Fruchtwasser deines Schmerzes. Bleib da, bis du schmeckst, es ist nicht mehr bitter, sondern süß. Nicht, um dir selbst leidzutun, sondern um dich selbst reifen zu spüren. Nein, du wurdest nicht erniedrigt. Man hat dich gesalbt. Mit neuem Mut, der keimt. Mit neuer Zuversicht, die kommen wird. Mit neuer Kraft, die immer aus unseren vermeintlichen Niederlagen erwächst. Gesalbt bist du, nicht erniedrigt. Das ist es, was du jetzt ertragen musst.
Du sitzt da, fühlst dich zurückgelassen. Aber du wurdest nicht zurückgelassen – du wurdest abgeholt. Es ist Klarheit, die dich treffen wird, dich an der Hand nimmt und dir einen Sonnenaufgang zeigt an einem langen, hellen Morgen. Es ist Wahrheit, die dich tragen wird auf ihren Schultern, damit du dir keinen Fuß an einem Stein der Täuschung stößt. Es ist Zuversicht, die an deine Türe klopft, weil du Raum geschenkt bekamst, wo dereinst Blendung war. Nein, du wurdest nicht zurückgelassen. Man hat dich abgeholt aus einem Traum, um dir einen neuen zu weben. Du läufst auf einem schweren, soliden Teppich der Erkenntnis, den die Füße noch nicht spüren, weil sie noch in alten Stiefeln stecken wollen, trägst noch die Augenbinde eines Trugbildes, das bald zu Staub zerfällt. Und sobald der erste Wind der Neugier in deinen Geist einzieht, wirst du sehen mit Klarheit, wie du noch nie gesehen hast. Denn wir verlieren nicht – wir entblättern nur, was verdeckt lag, wir entwickeln nur, was zuvor verwickelt war. Das ist es, was du jetzt begreifen musst.
Ein Mensch verlässt, entwertet und erniedrigt dich nicht, wenn er geht. Er schenkt dir das Gegenteil von dem, was du zu haben glaubtest. Er befreit, er krönt, er salbt dich und lässt Raum, damit dich das Schicksal in noch größerer, noch herrlicherer Form ereilen kann. Das geschieht nicht aus bewusster Absicht dieses Menschen, nicht aus seiner Macht heraus – es geschieht durch Gnade der Göttlichkeit, des Lebens, der Existenz, des Universums, oder wie auch immer du es nennen magst.
Sein Gehen ist kein Verlust, sondern Barmherzigkeit jener höheren Macht, die dich liebt und kennt. Noch ehe sie dich im Leib deiner Mutter formte, warst du bereits eine Idee in ihrem Geiste, eine Vorstellung nach ihrem Bilde, mit einem Lebensweg nach ihrem Sinne. Diese Macht weiß, was für dich, aber auch für den anderen das Beste ist.
Vielleicht müsst ihr reifen. Vielleicht führt euch der Weg dann eines Tages erneut zusammen. Oftmals aber reift ihr den Rest eures Lebens getrennt voneinander, an der Seite anderer Menschen, mit Wurzeln an anderen Orten, mit Ideen aus anderen Gedanken und Visionen aus anderen Herzen.
Werden es bessere Menschen sein? – Das kann niemand sagen, denn es gibt kein Eichmaß für die Güte einer Person, nur subjektive Blickwinkel. In jedem Falle werden diese Menschen anders sein, das ist gewiss. Ob besser oder schlechter, spielt nur untergeordnete Rolle. Doch das sind Fragen, die du dir in dieser Phase deines Lebens gar nicht stellen musst.
Was jetzt zählt, ist die Frage: Wer willst du von jetzt an sein?
Möchtest du der sein, der das, wovon er gerade befreit wurde, erneut erleben muss, in neuer Inszenierung? Oder willst du jemand werden, der daraus geläutert hervorging, der etwas erleben darf, das er noch nie hatte? Willst du an der Erfahrung verbittern, oder willst du durch sie reifen?
Ich glaube, es wäre am besten, du würdest zu dem Menschen werden, den der andere, der gegangen ist, niemals verlassen hätte, so es ihn gäbe. Jemand, der dermaßen in sich selbst ruht, der so stark in seinem eigenen Wachstum wurzelt, jemand der so tief und innig liebt, sodass keiner von ihm gehen möchte.
Entwickle alle Fähigkeiten, die du immer schon entwickeln wolltest, erlöse alle Themen, die du immer schon erlösen wolltest. Lerne, wachse, erblühe, reife. Werde strahlender, als du es jemals warst. Werde unwiderstehlich. Nicht für den, der dich verlassen hat, sondern für dich. Nicht um ihn zurückzubekommen, sondern um dich selbst zurückzubekommen. Nicht um ihn zu beeindrucken, sondern um dich selbst zu beeindrucken.
Jetzt hast du Raum für dich. Jetzt kannst du dir selbst nahekommen. Jetzt kannst du dich selbst entdecken, dich neu erschaffen, dich erheben über alte Formen deines Wesens. Das ist deine Befreiung. Das ist deine Krönung. Das ist deine Salbung.
Und wenn du weinen musst, weil es trotzdem weh tut, dann weine. Weine all das aus dir heraus, was aus dir gehen will. Weine um die Momente, die nie wiederkehren, um die Chancen, die ihr nie hattet, um die Fehler, die ihr begangen habt, aber nicht mehr bereinigen konntet. Weine um die Liebe, die ihr nicht gegeben habt, um die Wege, die ihr nie gegangen seid, um die Worte, die ihr nie gesprochen habt. Weine um all das, um das du bislang nie geweint hast. Weine um das, was das Kind in dir erlebt hat, aber auch um das, was es nie bekommen hat. Weine um das, was du dir bislang nie selbst gegeben hast. Weine um die Tage, an denen du dich selbst verraten, verleugnet, verlassen und erniedrigt hast. Weine so lange, bis du von selbst spürst, da sind keine Tränen mehr für die Vergangenheit. Und dann lass es gut sein. Erhebe dich und atme. Lege die Hand auf dein Herz und fühle, wie es für dich schlägt, wie es pulsiert, wie es noch lebt, wie es Willen hat und dich führt.
Steh auf, geh hinaus. Schau in den Himmel und erkenne: Du hast noch lange nicht alles gesehen, nicht alles erlebt, nicht alles gekostet, nicht alles gespürt, nicht alles umarmt oder geküsst. Und mit dem Lächeln eines Überlenden lächle hinein in dein neues Leben, das vor dir liegt. Lächle sie an, deine Zukunft. Sie steht bereit wie eine Mutter, wie ein Vater, wie ein Geliebter, wie ein Freund. Sie wartet und sagt:
Ich gebe dir neue Wunder, ich sende dir neue Engel! Vertraue mir, ich kenne deinen Weg!
In Liebe,
David Pauswek
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