21/07/2021
Immer wieder gibt es „Streitigkeiten“ zwischen den Lehrmeinungen, was denn nun DIE wichtigste Gangart des Pferdes für das Reiten sei.
Nun gibt es ja mindestens 3 Gangarten, beschränken wir uns mal auf Schritt, Trab und Galopp.
Vor- und Nachteile des Schritts:
Vorteile: Er belastet die Beine des Pferdes am wenigstens, da es sich um eine schwunglose Gangart ohne Schwebephase und ohne Einbeinstützen handelt. Man kann die Bewegungen und Übungen „langsam“ reiten, so dass das Pferd nachdenken kann und bestimmte Bewegungsabläufe manchmal leichter erlernen kann. Eine sehr gute Gangart, um auch die Kondition der Pferde zu verbessern. Vor allem Vielseitigkeitsreiter wissen das.
Nachteile: Es ist im Schritt wesentlich schwerer zu bemerken, wenn etwas nicht stimmt und nur wenige Pferde lassen sich allein über den Schritt zur Losgelassenheit bringen. WENN ein Pferd vor dem Schrittreiten und vor allem vor der Arbeit im Schritt noch nicht losgelassen im Rücken ist, zeigt es dies nahezu immer in Taktfehlern und Taktverschiebungen bis hin zum Pass. Hat es sich das erst einmal angewöhnt, ist es schwierig und aufwändig, dies zu korrigieren. Durch die fehlende Schwebephase entfällt auch die rhythmische Entlastung der den Rumpf tragenden Muskulatur und so kommt es leicht dazu, dass die Pferde den Brustkorb einfach in der muskulär bindegewebigen Schlinge hängen lassen, die den Brustkorb zwischen den Vorderbeinen trägt. Und das, ohne, dass der Reiter es bemerkt oder bemerken kann. Vor allem bei langen Ausritten im Schritt kann dies beobachtet werden oder bei Pferden, die überwiegend bis ausschließlich im Schritt geritten werden. Auch das „den Berg herunterschlendern lassen“ fördert passartiges Gehen im Hohlkreuz. Junge Pferde sollten im Schritt zunächst nicht allzu lang und nur am langen oder mit hingegebenem Zügel geritten werden, ohne sie wesentlich zu stören, bis sie im Trab zur Losgelassenheit gefunden haben. Der Schritt ist anerkannterweise die schwierigste Gangart des Pferdes, wenn man ihn korrekt in allen Tempi reiten möchte. Arbeit und vor allem Korrektur im Schritt ist MEISTERARBEIT!
Vor- und Nachteile des Galopps:
Vorteile: Atmung und Kreislauf kommen sehr gut in Schwung, im durchgesprungenen Dreitakt wird die Rückentätigkeit optimal gefördert, Galopp/Trabübergänge sind hervorragende lösende Übungen. Der Trainingseffekt ist groß. Man erkennt leicht, wenn der Takt nicht stimmt, das Pferd in den Viertakt gerät als Zeichen eines nicht mehr losgelassenen Rückens und fehlenden Durchsprunges.
Nachteile: Die Belastung der Beine des Pferdes ist in den Einbeinstützen vorn und hinten enorm! 300- über 1000 kg Pferdegewicht plus Reiter landen auf einem Bein aus dem Schwung heraus oder werden über ein Bein beschleunigt. Vor allem auf ungünstigen Böden (zu tief oder zu hart) werden die Beine SEHR belastet. Sobald ein Pferd hier Schwachstellen hat, kann es schnell brenzlig werden. Zudem kann der Galopp die Schiefe auf der hohlen Seite fördern. Der Galopp ist eine unsymmetrische Gangart, bei der das Pferd schon von Haus aus in sich etwas gebogen ist. Durch die unsymmetrische Belastung kann es auch leicht zur Überlastung kommen, wenn man zu lang auf einer Hand galoppiert. Auch die Anstrengung und die Anforderungen an die Balance des Pferdes dürfen nicht außer Acht gelassen werden.
Vor- und Nachteile des Trabes:
Vorteile, vor allem des Arbeitstrabes: eine symmetrische Gangart mit leichter Schwebephase. Sie bietet hierdurch optimale Bedingungen zum Training der rumpftragenden Muskulatur. Weitestgehend gleichmäßige Belastung aller Beine. Kreislauf und Atmung werden aktiviert. Fehlende Losgelassenheit zeigt sich leicht dadurch, dass die Pferde keine Dehnungsbereitschaft zeigen. Eine Überlastung der tragenden Muskulatur zeigt sich durch ein deutlich hörbares, fast stampfendes Auffußen der VH. Taktstörungen fallen sofort auf. Lahmheiten lassen sich im Trab am leichtesten und ehesten erkennen. Über taktmäßiges Traben lässt sich bei fast allen Pferden die Losgelassenheit verbessern oder herstellen.
Nachteile: (oder Vorteil? ;-) ) die „unbequemste“ Gangart, da man sitzen können muss, entlarvt alle Schwachstellen des Reitersitzes.
Sonst: keine! Es sei denn, man trabt dauerhaft mit schiefem Pferd in hohen Geschwindigkeiten und ungebogen um die Ecken. DAS macht jedes Pferd auf Dauer lahm.
ALLE Gangarten sind wichtig und haben ihre Berechtigung. Nach der Deutschen Reitlehre ist aber der Trab DIE Arbeits- und Lehrgangart. Der Trab bietet der goldene Mittelweg zwischen zu viel und zu wenig Belastung.
Die Skala der Ausbildung muss in allen Gangarten beachtet werden, (im Schritt wird der Schwung dann aber durch Fleiss ersetzt, aber auch hier muss man bedenken, dass ein 8er oder 9er oder gar 10er Schritt scheinbar weniger Fleiss zeigt, da die Schritte sehr groß sind und daher „langsamer“ wirken und man diese Pferde nicht übereilen darf im Schritt).
Immer im Sinne der Pferde
Eure Dagmar Ciolek