29/03/2020
Ängst in der Corona-Krise
Diese Krise macht uns Angst. So viel Angst, dass sich die Situation für viele von uns schwer aushalten lässt. Wir reagieren mit Panik und Hamsterkäufen. Unsere Gedanken verlieren sich in vielen Schreckensszenarien oder wir reagieren mit Ignoranz.
Was kann helfen mit den Ängsten umzugehen?
Grundsätzlich ist Angst ein wichtiges und sinnvolles Gefühl. Es warnt vor realen Bedrohungen und stellt uns Energie zur Verfügung, damit wir für Flucht oder Kampf gut gerüstet sind.
Jetzt gerade haben wir die Situation, in der viele von uns sich – noch – nicht in einer Situation der realen Bedrohung befinden. Viele von uns sind – noch – gesund und gut versorgt. Und trotzdem sind die Ängste da.
Sie beziehen sich auf Zukünftiges, auf Dinge, die sich
- noch - nicht konkret fassen lassen: die eigene Gesundheit, die wirtschaftliche Existenz, auf Gesundheit und Existenz der Menschen, die uns nahestehen, auf die Zukunft der Welt.
Manchmal nimmt diese Angst vor Zukünftigem eine Dimension ein, die nicht hilfreich ist. Sie bedroht uns, sie lähmt oder blockiert jeden anderen Gedanken. Zu große Angst versperrt den Zugriff auf unsere Vernunft und unser Wissen.
Warum ist das so?
Dafür eine sehr vereinfachte Erläuterung, wie unser Gehirn funktioniert:
Der älteste Teil, das Reptilienhirn, stammt noch aus den Zeiten des Säbelzahntigers. Es reagiert reflexartig und kann nur drei Dinge: Kampf, Flucht oder Starre.
Der mittlere Teil ist das Limbische System. Hier befinden sich die Emotionen, also Freude, Ärger, Trauer und auch die Angst. Und hier befindet sich auch die Amygdala. Sie ist für unsere Sicherheit zuständig. Sie prüft zu jeder Sekunde, ob es hier gerade sicher ist. Sie greift dafür auf all das zurück, was wir erlebt und erfahren haben.
Und es gibt den jüngsten Teil unseres Gehirns der für Denken und Planen zuständig ist, der Neocortex, ich nenne ihn einmal den Professor.
Die Besonderheit der jetzigen Situation: sie ist völlig neu, niemand hat so etwas schon erlebt. Für unsere Amygdala bedeutet das, dass ihr für ihre Prüfung so etwas wie „Referenzerfahrungen“ fehlen. Sie kann keine „Bewertung“ der Situation vornehmen. Im Interesse der Sicherheit meldet sie mindestens „Achtung! unbekannt“. Und dann hängt es von Genetik und von unseren Vorerfahrungen im Leben ab, ob sie bei „Achtung, unbekannt“ bleibt oder auf „Achtung, Unbekanntes ist gefährlich“ schaltet. Kommt sie an irgendeiner Stelle bei ihrer „Sicherheitsprüfung“ zu dem Schluss „gefährlich“, dann kommt die Angst hinzu und das Reptilienhirn wird aktiv. Das Reptilienhirn reagiert dann reflexartig mit einer seiner drei Handlungsmöglichkeiten: Flucht, Kampf oder Starre.
Die Verbindung zum Professor mit seinen vielfältigen und überlegten Handlungsmöglichkeiten wird gekappt, er wird nicht garnicht gefragt.
Wenn wir dann auch statt Kampf oder Flucht noch nur Ausharren und Abwarten sollen, wird das Aushalten schwierig.