08/03/2022
„Frauentag“
Sind Sie in dem biologischen Geschlecht geboren, das Ihnen zugeordnet wurde und dass Sie angenommen haben? Dann herzlichen Glückwunsch!
Ich auch. Dementsprechend sind Sie und ich CIS-Personen.
Bei mir kommt noch hinzu, dass ich pan-sapio-sexuell bin. Was es alles gibt…
Aber wen interessiert das, mögen Sie sich fragen?! Habe ich mich auch lange. Genauso, warum wir diese ganzen Abkürzungsschubladen brauchen. LGBTQIA-plus – und jeden Tag kommt gefühlt eine weitere hinzu. Eigentlich traurig, denn sind wir nicht einfach alle Menschen, die lieben dürfen, wen sie wollen? So steht es immerhin in unserer Verfassung. Und dürfen wir nicht auch sein, wer wir sind?
Die Antwort lautet: nein. Denn obwohl wir ein vielfältiges Land mit diversen –hier im wahrsten Sinne des Wortes– (Vor)lieben sind, werden jeden Tag Menschen aus dieser marginalisierten Gruppe angegriffen, ausgegrenzt, herabgewürdigt.
Und weil diese „Buchtstaben-Suppe“ von außen zwar aussieht, als seien alle gleich und als hätten alle die gleichen Bedürfnisse, Sorgen, Wünsche und Herausforderungen, dem aber nicht so ist, braucht es Sichtbarkeit. Braucht es Zu-und Einordnung. Braucht es Safe Spaces. Also Orte, wo marginalisierte Menschen sicher über sich, ihre Erfahrungen und über noch mehr austauschen können.
Ich war kürzlich in so einem Raum und konnte kaum glauben, was ich dort hörte. Und ich bin ehrlich gesagt immer noch sprachlos, ob der Aggressivität und der Tonalität. Diskurs, Austausch? Kaum möglich. Danach war ich wütend, irritiert und verwirrt, jetzt bin ich eher wieder fragend, nachdenkend, suchend – auch nach Antworten und Konsens...
Ich dachte, dass insbesondere wir Frauen, wer auch immer das sein soll: „wir Frauen“... Frauen jedenfalls, die sich über Jahre und Jahrzehnte Teilhabe und Gleichberechtigung erkämpften (und damit sind wir noch lange nicht am Ende), ein gewisses Verständnis für andere Menschen haben, die marginalisiert werden. Ob in ihrer Rolle, in ihrem Berufsleben, in ihrem Liebesleben. Falsch.
Es gibt einige emanzipierte Frauen, Feministinnen und Lesben, die nun das machen, was vorher mit ihnen gemacht wurde. Sie diskriminieren. Sie grenzen aus. Sie spielen sich auf. Sie werten ab. Mit vier Worten: Transfrauen sind keine Frauen.
Warum sind Transfrauen keine „echten Frauen“? Weil sie keine Gebärmutter, kein passendes Chromosom und keine Brüste haben? Ich sag’s mal so, jenseits der Biologie: ein P***s macht einen Menschen noch lange nicht zum Mann, Brüste niemanden zu einer Frau, und schon gar nicht zu einem besseren Menschen, der sich über andere erheben sollte.
Ist diesen ausgrenzenden Personen nicht klar, dass es hier nicht um Geschlechtsteile, sondern um Identität und Gender geht? Oder warum reden Sie mehr von Natur und Kultur, und weniger übers Werden und Sein? Wollen sie keine Privilegien abgeben? Wollen sie mehr Sichtbarkeit? Wollen Sie sich schützen?
Ich übersehe mit Sicherheit noch 1000 Fragen und mögliche Antworten, aber was ich nicht übersehe, ist die Art und Weise, wie miteinander umgegangen wird. Das kenne ich von anderer Stelle, und das ist keine gute Stelle...
Und so will ich mit meinen Worten auch nicht spalten oder mich auf die ein oder andere verhärtete Seite schlagen. Ich spreche mein Unverständnis aus - in Bezug auf das Verletzen und Ausgrenzen, der mangelnden Bereitschaft mal die Perspektive zu wechseln oder sich an die eigene Marginalisierung zu erinnern.
Und nein, ich bin nicht naiv. Natürlich braucht es Beschreibungen, Ordnung, Zuordnung, Regeln und Gesetze. Aber hey, wir sind in Deutschland. Darin sind wir doch Profis. Wir -damit meine ich alle- müssen also über sportliche Wettkämpfe, Umkleidekabinen und über vieles mehr reden und den besten Weg für uns alle finden. Auch für die drei Hansel und Horsts, die glauben, dass das Leben als Transmensch wie die Mitgliedschaft in einem Karnevalsverein sei, wo man sich mal eben verkleidet, um in ein Frauenhaus zu kommen. Ja, auch für diese drei -sorry- Vollidioten brauchen wir Vorschriften und Vorkehrungen.
Aber nur weil ein paar Frauen, (dieses biologische Geschlecht existiert, es wurde ja irgendwann mal ‚erfunden‘ und benannt) auf der Überholspur sind, haben sie kein Recht, andere zu überfahren. Wir brauchen, auch wenn ich selber gerne schnell fahre, keine Raser*innen, sondern Brückenbauer*innen...
Von mir aus kann jede*r sein was er/sie will, solange diese Person ihrem Gegenüber nicht schadet oder Verletzungen zufügt.
Und ich für meinen Teil möchte nicht innerhalb von Heteronormativität und Zweigeschlechtlichkeit denken, leben oder lieben. Das nennt sich dann übrigens q***r. Oder in meiner Welt: Mensch.