10/07/2022
Der Terror der guten Laune und der Zwang zum Glücklich sein
Betrachtet man die Postings in den diversen sozialen Medien, bekommt man das Gefühl von lauter glücklichen und gut gelaunten Menschen umgeben zu sein, die ständig großartige Erlebnisse haben.
Irgendwie eine Zumutung für alle, denen es, aus welchen Gründen auch immer gerade oder auch schon länger nicht so gut geht, oder die einfach mit einer pessimistischeren Grundstimmung auf die Welt gekommen sind – etwas, das man sich, wie die Hirnforschung inzwischen weiß, nicht aussucht.
Ständig positiv gestimmt und gut gelaunt sein zu müssen, ist auch eine Art Terror und entspricht nicht der menschlichen Gefühlspalette und der Realität. Emotionale Zustände wie Langeweile, Missmut, Niedergeschlagenheit, Trauer, Nachdenklichkeit, Traurigkeit, Einsamkeit usw. werden ausgeblendet.
Negative Gefühle werden zum Tabu und dürfen nicht mehr gezeigt werden. Ein Gefühl von Druck und Ausgrenzung, des persönlichen Versagens kann entstehen, weil man sich nicht genug angestrengt hat, um ein glückliches Leben zu verdienen. Es besteht die Gefahr, dass man sich von der Gesellschaft zurückziehen möchte, was in einen Teufelskreis führen kann.
Positives Denken erleichtert vielleicht das Leben und hilft Unangenehmes zumindest für eine Weile zu verdrängen, Veränderungs- und Reifungsprozesse fördert es eher nicht und auch keine tiefer gehenden Begegnungen mit anderen.