25/09/2025
Ich begann mit 58 zu leben.
Ja. Mit 58.
In einem Alter, in dem niemand mehr von dir erwartet, dass du dein Leben veränderst.
In einem Alter, in dem alle sagen: Sei zufrieden, sei dankbar für das, was du hast, lehn dich zurück und lass die Tage vorbeiziehen.
Aber ich wollte mich nicht zufriedengeben.
Bis 58 war ich das, was man mir beigebracht hatte zu sein:
stark, verantwortungsvoll, angepasst.
Jemand, der funktioniert.
Jemand, der alles zusammenhält – außer sich selbst.
Ich verlor mich in Routinen, in Erwartungen, in Rollen, die nicht meine waren.
Ich schluckte Tränen, Wut und Enttäuschung.
Ich jonglierte mit Arbeit, Rechnungen, Verpflichtungen, Traurigkeit…
Und dennoch hörte ich: „Du bist nicht mehr derselbe.“
Es stimmte. Ich war nicht mehr derselbe.
Ich war müder, grauer, leerer.
Und eines Tages kam der Bruch.
Ohne Vorwarnung.
Ich erwartete Schmerz. Doch er kam nicht.
Was ich fühlte, war etwas anderes…
eine Art Atemzug, der mir Angst machte.
Eine Stille, die mich wie ein frisches Laken umhüllte.
Zum ersten Mal fand ich mich allein.
Aber nicht leer.
Allein… und lebendig.
Ich entdeckte, dass ich nicht wusste, wer ich war.
Ich konnte mich nicht an meine Lieblingsfarbe erinnern.
Ich wusste nicht, was ich mochte, wenn ich nicht für andere sorgte.
Ich wusste nicht, wohin mit meinen Händen, wenn sie nicht damit beschäftigt waren, Pflichten zu erfüllen.
Und diese Entdeckung war schwer. Aber auch befreiend.
Eines Tages ließ ich das Bett ungemacht.
An einem anderen Tag ging ich allein spazieren.
Noch an einem anderen kaufte ich mir ein Zugticket, ohne jemanden zu fragen.
Und als ich zum ersten Mal ohne Eile, ohne Verpflichtung am Meer saß… weinte ich.
Ich weinte über all die Jahre, in denen ich mich selbst vergessen hatte.
Ich weinte über die Person, die ich gewesen war.
Und auch über die, die gerade geboren wurde.
Denn ja… ich wurde mit 58 neu geboren.
Heute habe ich keinen festen Partner an meiner Seite.
Aber ich habe Frieden.
Heute arbeite ich nicht mehr, um nur zu funktionieren, sondern um zu leben.
Heute tue ich Dinge nicht mehr aus Pflicht, sondern weil sie mir guttun.
Ich habe alte Freunde wiedergefunden.
Neue gewonnen.
Und ich habe gelernt, meine eigene Gesellschaft zu genießen.
Jemand fragte mich einmal:
„Allein reisen, in deinem Alter?“
Und ich lächelte.
Weil ich zum ersten Mal in meinem Leben klar fühlte… und glücklich war.
Heute sehe ich meine Falten, und ja, sie sind da.
Aber sie stören mich nicht mehr.
Denn jede erzählt eine Geschichte von Kampf.
Und auch von Freiheit.
Denn auch wenn ich spät erblühte… ich erblühte vollständig.
Und jetzt weiß ich:
Es ist niemals zu spät, zu dir selbst zurückzufinden.
Es ist niemals zu spät, neu anzufangen.
Und wenn dieser Neuanfang mit dir selbst beginnt… dann ist er es wert.
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