25/10/2025
Lieferdienst für Identität
Wenn du deinen Eltern, Partnern oder Freunden glaubst, was sie über dich sagen – „du bist lieb“, „du bist brav“, „du bist schwierig“, „du bist schön“ – dann bestellst du deine Identität bei anderen. Stück für Stück übernehmen sie die Definitionsmacht über dich, liefern dir Etiketten frei Haus. Von klein auf! Was hast du alles gehört, wie du bist? (gestern im Lokal einem Vater zugehört der zu seinem etwa einjährigen Sohn gesagt hat: „Na, vor einem Monat warst du auch noch einfacher!“)
Und irgendwann hörst du auf, selbst zu denken. Du überprüfst nicht mehr, was davon wirklich deins ist. Du folgst nur noch den Erwartungen, den Blicken, den Urteilen. Doch Identität ist kein fertiges Produkt, das man geliefert bekommt. Sie entsteht im Erkennen, im Zweifeln, im eigenen Erfinden. Vielleicht ist es Zeit, den Lieferdienst abzustellen, die fremden Stimmen leiser zu drehen – und wieder selbst zu fragen: Wer bin ich, wenn niemand mir sagt, wer ich sein soll?
WER BIST DU, JENSEITS VON KOSENAMEN, WENN DIR NIEMAND MEHR SAGT, WIE DU SEIN SOLLST?