Die Bevölkerung in St. Georgen und Umgebung wuchs in den späten 60ern stark an und damit auch der Bedarf, endlich einen funktionierenden Krankentransportdienst einzurichten. Auf nachdrückliches Betreiben des damaligen Bürgermeisters NR Johann Hattmannsdorfer gelang es, einen Probebetrieb zu vereinbaren und die dafür nötige offizielle Gründungsversammlung im Oktober 1967 im Gasthaus Ragailler abzuhalten.
42 Rettungsfahrer und Schwestern wurden im ersten Kurs ausgebildet, weitere in einem zweiten Kurs „sanitätsfit“ gemacht, um einen eigenständigen Rotkreuz-Betrieb im Ort auf die Beine zu stellen. Wäre die Beurteilung nach der vereinbarten Periode negativ ausgefallen und der Betrieb einer Rotkreuz-Stelle im Ort organisatorisch oder personell nicht machbar gewesen, so hätte das Einsatzgebiet in der Folge von Linz aus abgedeckt werden müssen. Die Pioniere haben diese erste Hürde mit viel Einsatz und Liebe gemeistert - ein Scheitern wäre mehr als schade gewesen, wie sich 50 Jahre später eindrucksvoll zeigt.
So aber startete am 1. Jänner 1968 offiziell der Dienstbetrieb mit einem gebrauchten Rettungsauto. Uhrmachermeister Hans Dotter war der erste berufliche Sanitäter, der im Einsatzfall tagsüber seine Werkstatt am Marktplatz abschloss und seine Rotkreuz-Schwester von Zuhause abholte, um dann die Patienten über Plesching nach Linz zu transportieren. Am Abend wurde das Telefon ins Dienstzimmer der Nachtdienstmannschaft umgeschaltet, wo ein ehrenamtlicher Rettungsfahrer auf den Einsatz wartete. Er musste meistens Sani oder Schwester zuerst abholen oder auf deren Eintreffen warten, nachdem diese telefonisch aus dem Bett geklingelt worden waren. Im Sommer wurde das erste neue Rettungsauto, welches vom Jugendrotkreuz gespendet wurde, in den Dienst gestellt. Schon im ersten Jahr standen 678 Ausfahrten zu Buche, also immerhin fast zwei pro Tag. 17.520 Stunden investierten die Aktiven dafür.
1969 gab es zum ersten Mal eine Blutspendeaktion auf der Ortsstelle.
1974 startete der erste Erste-Hilfe-Kurs und der erste Rotkreuz-Ball bereicherte ab diesem Jahr die Faschingszeit.
1975 sorgte für eine Premiere, die seither unzählige junge Männer fürs Rote Kreuz begeisterte: der erste Zivildiener kam an die Ortsstelle. Damals als Wehrdienstverweigerer gesetzlich verfolgt und von breiten Bevölkerungskreisen verachtet. Nun, diese Haltung hat sich glücklicherweise grundlegend geändert.
1977 forderte die erste Großübung in Zusammenarbeit mit Bundesheer, Feuerwehr, und Gendarmerie die St. Georgener Sanis ganz ordentlich. Das Einsatzvolumen war in dieser Zeit weiter kontinuierlich gestiegen. Im zehnten Jahr des Bestehens standen bereits 1.167 Transporte zu Buche. Von unwirtschaftlichem Betrieb, fachlicher oder personeller Überforderung sprach schon lange niemand mehr.
1978 wurde die erste fixe Funkstation in den Diensträumen der ehemaligen Uhrmacherwerkstatt Dotter montiert, dazu kam ein zweites einsatzbereites Rettungsauto. Zum ersten Mal nahm eine Mannschaft aus St. Georgen an einem Rettungswettbewerb teil und erreichte den 19. Platz - Auftakt einer großen Ära, welche die Ortsstelle in den nächsten Jahrzehnten europaweit bekannt machen sollte.
1980 wurde der erste Katastrophenhilfsdienst-Anhänger in Eigenregie gebaut.
1981 eine erneute Premiere - erster internationaler Einsatz eines ehrenamtlichen Mitarbeiters nach einem schweren Erdbeben in Italien. Ein markanter Meilenstein dieses Jahres war die Übersiedlung in eine neue Dienststelle - nun stand ein ganzes Erdgeschoss im Haus des ehemaligen Busunternehmens Posch am Marktplatz (ab 1988 samt großer Garage) zur Verfügung. Die Einraum-Ortsstelle war damit Geschichte. Und auch die Emanzipation machte Fortschritte: Die erste Rettungsfahrerin, von ihren männlichen Kollegen anfangs skeptisch beäugt, eroberte sich schnell den Respekt der Herren. 1.827 Patienten wurden durch 30 Helferinnen und 37 Helfer betreut.
Seit 1983 ist die Rotkreuz-Jugend in St. Georgen/Gusen im Ortsstellenausschuss vertreten. Sie wurde sukzessive zum unverzichtbaren Freiwilligenreservoir. Erfolg auch an der Ausbildungsfront: Erstmals kamen die Sanitätshilfe-Landesmeister aus St. Georgen.
1984 trat Johann Dotter in den Ruhestand, Hermann Hackl aus Steyregg wurde neuer Beruflicher.
Ab 1985 wurden die Aufgaben der Ortstelle immer größer, der Ruf nach einem zweiten hauptberuflichen Mitarbeiter immer lauter. In Eigenregie entstand die erste Mobile Kochstelle. Ausschließlich von ehrenamtlichen Mitarbeitern erdacht und hergestellt leistete sie über viele Jahre exzellente Dienste.
1987 wuchs der Fuhrpark um einen dritten Rettungswagen.
Im März 1988 stieß der ehemalige Zivildiener Gerhard Lindner als langersehnter zweiter hauptberuflicher Mitarbeiter zum Team. Auch ein wesentlicher Beitrag zur Gesundheit der Mitarbeiter prägte dieses Jahr. Das mehrheitlich beschlossene Rauchverbot in den Räumen der Dienststelle entfachte einen kurzen Zwist, wurde aber schnell zur Selbstverständlichkeit. Und der erste internationale Erfolg einer St. Georgener Bewerbsgruppe sorgte für Jubel: in Buldern (BRD) eroberte sie den zweiter Rang unter rund 50 teilnehmenden Teams. Die Großambulanz in Enns für zehntausende Gläubige anlässlich des Papstbesuches blieb allen Teilnehmern unvergesslich. 3.263 Transporte markierten wieder einen neuen Einsatzrekord.
1989 holten Sanis den bislang größten internationalen Erfolg nach St. Georgen. In Naarden (Holland) eroberten sie den Europameistertitel in Erster Hilfe für Österreich.
1991 wechselte Hermann Hackl in die Linzer Rettungsleitzentrale. Ihm folgte der Luftenberger Fritz Steindl als Beruflicher.
Das Jahr 1992 sah die erste Rotkreuz-Messe - sie ist mittlerweile liebgewordene Tradition. Und auch das Mitarbeiterkarussell drehte sich munter weiter. Gerhard Lindner startete am Notarztwagen im Linzer AKH eine neue Karriere, ihn beerbte der langjährige Freiwillige Ernst Brandstetter aus St. Georgen.
1993 gab es das erste runde Jubiläum zu feiern - schon 25 Jahre waren seit der Gründung der Ortsstelle ins Land gezogen. Mit der Einführung des Notarztsystems im Bezirk erfolgte eine Umstellung der Einsatzstrategie: eigene, große Rettungswagen wurden im “RTW-System” ausschließlich für Notfälle an den Stützpunkten Grein, Perg und St. Georgen/Gusen angeschafft. Mit mäßigem Erfolg - die verwendeten Fahrzeuge vom Typ Mercedes 310 erwiesen sich als untermotorisiert, schwierig zu fahren und mit Hinterradantrieb für das hügelige Mühlviertel vor allem im Winter als praxisuntauglich. Einige Jahre später erfolgte daher die Rückkehr zum bisherigen System. Ein heute nicht mehr wegzudenkender Dienst startet am 1. November dieses prägenden Jahres: die Aktion “Essen auf Rädern”. Sie boomte von Anfang an: In den nur zwei Monaten bis zum Jahresende wurden bereits 1.038 Portionen zugestellt.
1996 begannen die Planungen für das Einsatzzentrum, in dem alle Blaulichtorganisationen, der Musikverein und das Jugendzentrum eine neue Heimstatt finden sollten.
1997 erfolgt dann der feierliche Spatenstich.
Die Bewerbsgruppen krönten das Jahr mit einem Doppelsieg bei den Landesmeisterschaften und dem Staatsmeistertitel beim Bundesbewerb in Rust.
Fritz Steindl startete den Sprung in die Selbständigkeit und quittierte mit Ende November seine Tätigkeit als hauptberuflicher Mitarbeiter auf der Ortsstelle.
1998 startete gleich zu Jahresbeginn der bislang längstdienende Hauptberufliche Uwe Herbe seine Laufbahn beim Roten Kreuz in St. Georgen - er ist bis heute als Dienstführender prägende Persönlichkeit für eine ganze Generation Mitarbeiter.
Der vierte Platz bei der Erste Hilfe Europameisterschaft in Jesolo (Italien) rückte St. Georgen erneut ins internationale Rampenlicht, Erfolge bei nationalen und internationalen Bewerben sorgten für weitere Highlights im Jahresverlauf.
1999 erfolgte die Eröffnung des lange ersehnten Einsatzzentrums. Mit dem pünktlich zur Feier des Ereignisses erneut eroberten Staatsmeistertitels beim Bundesbewerb in Radstadt machten sich die Rotkreuzler der Gemeinde St. Georgen dazu ein perfektes Einstandsgeschenk.
Die Mitarbeiteranzahl stieg das erste Mal auf über 100 an. Im Herbst und rund um den Jahreswechsel hielt eine noch nie dagewesene Serie an Brandstiftungen in und rund um St. Georgen alle Einsatzkräfte über Monate in Atem. Der psychische Druck und die intensive Medienberichterstattung brachten viele Helfer an ihre Grenzen. Der Täter - ein junger Feuerwehrmann - wurde schließlich im Spätwinter zur Erleichterung aller gefasst.
2000 leitete die erste erfolgreiche Rettung mithilfe eines Defibrillators eine neue Ära in der Ersten Hilfe bei Kreislaufstillstand ein.
In Würdigung der großen Erfolge bei vielen Bewerben, die St. Georgen weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht hatten, erhielt das Rote Kreuz den Sportpreis der Gemeinde. Die Teilnahme an der Erste Hilfe Europameisterschaft in Nottwil nahe Luzern (Schweiz) prolongierte die Erfolgsserie - dieses Mal wurde der Vize-Europameistertitel bejubelt.
2001 wechselte Ernst Brandstetter in die Rettungsleitzentrale. Der Luftenberger Gerhard Höß übernahm seine Position und ist seit mittlerweile 17 Jahren eine verlässliche Größe als Beruflicher an der Ortsstelle.
2002 brachte das Jahrhunderthochwasser alle Helfer im massiv betroffenen Bezirk Perg an ihr Limit. Das Rote Kreuz St. Georgen betreute zeitweilig mehr als den halben Bezirk rettungsdienstlich. Über einige Tage hinweg wurde eine Welle der Hilfsbereitschaft aus ganz Österreich über einen Nebenstellenanschluss und einige Wertkartenhandys von der Dienststelle aus mithilfe einiger St. Georgener Bürger koordiniert. Ein dritter hauptberuflicher Mitarbeiter, der Mauthausener Mag. Wolfgang Preslmair wurde in Teilzeit eingestellt. Der erste Akademiker unter den Beruflichen prägt seither vor allem die Führungsstrukturen. Er avancierte als späterer Rotkreuz-Offizier zum Abteilungskommandanten.
Das Jahr 2003 machte zwei Kollegen an einer Autobahntankstelle zu Geburtshelfern - sozusagen “im Vorbeifahren”. “Wir machen es einfach” - der damalige Werbeslogan passte perfekt zu diesem Erlebnis.
2006 wurde die Gruppe “Soziales“ gegründet, deren Aufgabenspektrum vom Krankenbesuch bei Kollegen im Spital über vielfältige Kameradschaftsaktivitäten bis hin zur Betreuung in Not geratener Rotkreuz-Mitarbeiter reicht. Die Schaffung einer vierten hauptberuflichen Stelle - mit Simone Fürnhammer übernahm erstmals eine Frau diese Position - ist beste Illustration, wie sehr das Aufgabenspektrum mittlerweile explodiert war.
2007 startete der digitale Dienstplan (RPS), der bis heute laufend weiterentwickelt wird.
2008 erlebten mehrere Kollegen als Ambulanzmitarbeiter bei der EURO die Fußball-Weltstars hautnah.
2009 erfolgte die Gründung des Besuchsdienstes, mittlerweile ein gefragtes Sozialangebot für vereinsamte Menschen.
Das Jahr 2010 macht einen ersten Umbau der schon wieder aus allen Nähten platzenden Dienststelle nötig - ein weiteres Büro wurde gebraucht.
2012 fuhr das bislang jüngste Bewerbsteam der Ortsstelle einen neuerlichen Erste Hilfe Vizeeuropameistertitel bei der FACE in Dundalk (Irland) ein.
Eine vom PR-Team völlig neu konzipierte Freiwilligenkampagne sorgte für einen noch nie erlebten Zustrom tatkräftiger Helfer in den Rettungsdienst, der bis heute unvermindert anhält.
2013 war wieder von einem schweren Hochwasser geprägt, das den Rettungsdienst organisatorisch vor große Herausforderungen stellte und vor allem die Gemeinden Langenstein und Luftenberg hart traf. Die Ausmaße von 2002 blieben Helfern und Bevölkerung aber zum Glück erspart, vor allem in Mauthausen verhinderte der mobile Hochwasserschutz Schlimmeres.
Der Rieder Michael Rockenschaub löste Simone Fürnhammer als Beruflicher ab und hat seither vor allem im Ausbildungsbereich wichtige Akzente gesetzt.
2014 nahm die Sozialberatungsstelle unter der Leitung von Simone Pirkelbauer im Einsatzzentrum ihren Betrieb auf. Sie war und ist konstant hoch frequentiert - mahnendes Symptom einer immer kälter und unsolidarischer werdenden Gesellschaft.
Die großangelegte Sanierung sowie ein Zu- und Umbau des Rotkreuz-Bereichs im Einsatzzentrum sorgten für zusätzliche Schlafzimmer, einen modernen Jugend- und Besprechungsraum und einen gemütlichen Aufenthaltsbereich. Dringend nötig, denn die Zahl der Aktiven war mittlerweile auf rund 250 angestiegen.
Ein Hochwasser verwüstet Teile von Bosnien, Hilfe aus St. Georgen kam. Ein Team der Ortsstelle brachte in Kooperation mit der Bezirksstelle Perg und der Gemeinde einen generalüberholten Rettungswagen und Krankenhausbetten in den verarmten Balkanstaat.
2015 erlebte wieder Höchstwerte in vielen Rotkreuz-Sparten. Über 6.700 Rettungstransporte standen schon zu Buche, Essen auf Rädern lieferte fast 21.000 Portionen aus.
Geprägt wurde der Herbst des Jahres durch die Flüchtlingskrise. Im ehemaligen Postverteilerzentrum am Linzer Bahnhof, aber auch direkt in den Gemeinden stellten sich zahlreiche Kolleginnen und Kollegen dieser bislang ungewohnten und menschlich sehr belastenden Herausforderung. Rotkreuz-Offizier Wolfgang Preslmair fungierte zeitweise als Einsatzleiter.
2016 war der Startschuss für das Pilotprojekt “Lesecoach”, bei dem Rotkreuz-Mitarbeiter sozial schwachen Kindern im Volksschulalter spielerisch beim Erwerb der Lesekompetenz helfen.
Ebenso startete eine Innovationspartnerschaft mit der Ortsstelle Traun, aus der laufend neue Projekte hervorgehen.
2017 wurden die ersten Früchte des im Jahr zuvor initiierten Jugendschwerpunktes geerntet. In gleich drei Altersgruppen zwischen 6 und 17 Jahren erleben über 40 Kinder und Teenager die Rotkreuz-Werte hautnah. Einige von ihnen sind bereits in die Sanitäterausbildung eingestiegen. Die Jahresbilanz sorgte gleich für eine Flut an positiven Nachrichten: Zuwachs in allen Sparten, Fahrtenrekord, Stundenrekord und Mitarbeiterrekord.
Im Frühjahr 2018 wurde das erste Rettungsauto mit Automatikgetriebe in den Dienst gestellt.
In der NMS St. Georgen gibt es seit dem Frühjahr nun ”Ersthelfer vom Dienst” - ein Projekt, das Jugendgruppe, Dienstführung und Schule gemeinsam entwickelt haben.
Und, ach ja, wir Mitarbeiter feiern im Juni 25 Jahre Essen auf Rädern und das 50-jährige Wiegenfest unserer Rotkreuz-Ortsstelle.
Feiert mit uns unser 50-jähriges Jubiläum:
Sa, 23. Juni 2018
ab 14:00 Familien- & Kinderprogramm
ab 21:00 underground:beatz mit 2:tages:bart
So, 24. Juni 2018
ab 09:30 Rotkreuz-Messe mit anschließendem -Frühschoppen