08/05/2025
Müdigkeit und Erschöpfung: Wenn der Alltag schwer wird
Müdigkeit: Sie kriecht in die Knochen, legt sich wie ein Schleier über den Tag. Dieses Gefühl kennt fast jeder. Laut einer Umfrage fühlten sich 2024 rund 40 % der Österreicher regelmäßig müde oder energielos – Tendenz steigend.
Doch Müdigkeit ist nicht gleich Müdigkeit. Wer erschöpft ist, steckt nicht immer im selben Boot. Vier Gesichter hat die Erschöpfung, die uns im Griff hält: Frühjahrsmüdigkeit, Burnout, stressbedingte Erschöpfung und das Fatigue-Syndrom.
Frühjahrsmüdigkeit – Wenn der Frühling nicht weckt
Die Sonne kommt zurück, die Tage werden länger – und trotzdem: Die Energie bleibt aus. Frühjahrsmüdigkeit trifft jedes Jahr hunderttausende Menschen in Österreich. Die Symptome? Abgeschlagenheit, Schwindel, Gereiztheit, Kreislaufschwäche, Antriebslosigkeit. Der Grund liegt im Wechselspiel der Hormone. Nach Monaten voller Dunkelheit ist der Melatoninspiegel hoch, Serotonin – der Stimmungsaufheller – dagegen niedrig. Erst wenn das Licht zunimmt, beginnt der Körper, die Balance wiederherzustellen. Doch das dauert. Die Folge: Müdigkeit, die sich zieht, bis der Organismus nachzieht.
Burnout – Ausgebrannt im Land der Leistung
Burnout ist längst kein Randphänomen mehr. In Österreich gelten mehr als zehn Prozent der Bevölkerung als Burnout-Betroffene, das sind rund 400.000 Menschen. Besonders gefährdet: Junge Erwachsene und Menschen ab 50. Die Symptome schleichen sich ein: Schlaflosigkeit, emotionale Leere, ständige Erschöpfung, Zynismus, Rückzug, körperliche Schwäche. Der Arbeitsplatz wird zum Auslöser – zu hohe Anforderungen, fehlende Pausen, ständiger Druck. Burnout ist ein Prozess, der Monate, manchmal Jahre braucht, bis er das Leben lahmlegt. 2,5 Millionen Krankenstandstage pro Jahr in Österreich gehen auf das Konto seelisch-stressbedingter Erkrankungen.
Stressbedingte Erschöpfung – Wenn das Fass überläuft
Stress ist Alltag. Doch wenn er nicht mehr endet, wird er zur Gefahr. Multitasking, Termindruck, ständige Erreichbarkeit, finanzielle Sorgen, Konflikte – die Liste der Stressoren ist lang. Der Körper reagiert: Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit, Verspannungen, Herzrasen, Magenprobleme. Die Seele zieht nach: Unsicherheit, Angst, depressive Verstimmung. Wer die Warnsignale ignoriert, riskiert den Absturz – bis zum Burnout ist es dann nur noch ein kleiner Schritt.
Fatigue-Syndrom – Erschöpfung, die bleibt
Fatigue ist mehr als Müdigkeit.
Sie ist ein lähmender Zustand, der oft nach schweren Erkrankungen wie Krebs, Multipler Sklerose oder auch nach Infektionen wie Long Covid bleibt. Der Körper ist leer, der Alltag kaum zu bewältigen. In Österreich wächst die Zahl der Betroffenen: Die Medizin spricht von einer Fehlregulation des Nerven- und Immunsystems, von gestörtem Stoffwechsel. Fatigue ist unberechenbar, individuell, oft chronisch. Die Symptome: tiefe, anhaltende Erschöpfung, Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, Kraftlosigkeit.
Was hilft? Wege aus der Erschöpfung
• Schlaf: 7–9 Stunden pro Nacht – klingt banal, ist aber essenziell. Doch viele finden keine Ruhe mehr.
• Bewegung: Spaziergänge, Radfahren, Yoga – Bewegung bringt Kreislauf und Stimmung in Schwung.
• Ernährung: Vitamine, Mineralstoffe, ausreichend trinken – der Körper braucht Nachschub, gerade nach dem Winter.
• Stressreduktion: Atemübungen, Autogenes Training, Achtsamkeit, Digital Detox – Methoden, um den Druck zu senken, gibt es viele.
• Pausen: Wer immer weiter rennt, brennt aus. Pausen sind kein Luxus, sondern Überlebensstrategie.
• Psychotherapie: Bei Burnout, Fatigue oder chronischer Erschöpfung ist professionelle Hilfe kein Zeichen von Schwäche, sondern der erste Schritt zurück ins Leben.
Spezielle Therapien – von Psychoonkologie bei Fatigue bis zu Akzeptanz- und Commitment-Therapie bei Burnout – werden in Österreich zunehmend angeboten. Die Behandlung ist immer individuell, oft ein langer Weg. Doch sie beginnt mit einem ersten Schritt: dem Zuhören auf die eigenen Warnsignale.
Österreich – ein Land der Müden?
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Jeder Zehnte ist ausgebrannt, jeder Zweite kennt Müdigkeit, die nicht mehr vergeht. Die Ursachen sind vielfältig, die Lösungen nie einfach. Doch eines ist klar: Die Kraft kehrt nicht über Nacht zurück – aber sie kann zurückkehren.
„Manchmal ist Müdigkeit ein Zeichen, dass es Zeit ist, nicht nur weiterzumachen, sondern innezuhalten. Und neu zu beginnen.“