25/07/2025
Hebamme Eva Schranz erzählt:
Meine Rufbereitschaftswoche ist fast vorbei und bisher ereignislos. Bis mich am Sonntag Nachmittag R., eine Erstgebärende in SSW 38+1, darüber informiert, dass der Schleimpfropf abgegangen ist und sie alle 20min ein Ziehen im Unterbauch spürt. Das heißt zwar noch nicht zwingend, dass das Baby heute kommt, aber schauen wir mal.
Um 16:45 ruft sie mich an. Die Wehen, denn es sind nun definitiv welche, kommen inzwischen alle 7min und sind schon intensiver. Im Liegen kommt sie am besten damit zurecht und versucht sich noch auszuruhen.
Eine Stunde später geht das absolut nicht mehr. Der werdende Papa P. gibt mir Bescheid, dass die Fruchtblase geplatzt ist und die Wehen alle 4-5min kommen. Wir vereinbaren, uns im Geburtshaus zu treffen.
Als ich die beiden um 18:30 in Empfang nehme und ins Geburtszimmer begleite, habe ich sofort den Eindruck, dass die Geburt schon weit fortgeschritten ist. R. ist ganz in ihrer eigenen Welt, völlig fokussiert auf die Wehen, und als die erste Wehe kommt, scheint sie schon mitzuschieben. Sie stimmt zu, dass sie einen starken Druck spürt. Klares Fruchtwasser fließt, der Muttermund ist fast vollständig geöffnet. Wow, R. hat zuhause schon unglaublich viel Arbeit geleistet! Ich verständige gleich Noemi, die als 2. Hebamme zu uns stoßen wird. Hebammenstudentin Paula ist schon da.
R. fühlt sich nach wie vor in Seitenlage am Bett am wohlsten, so möchte sie bleiben. Da die Herztöne des Babys an der unteren Normgrenze, aber ansonsten völlig unauffällig dahinklopfen, verwenden wir für die weiteren Kontrollen das CTG anstelle des Doptons. Dass ihr Baby tiefenentspannt ist, haben die werdenden Eltern auch vom Arzt schon mal gehört. Auch R. kann in der Wehenpause sehr gut entspannen. In der Wehe schiebt sie unwillkürlich mit und klammert sich an die Hände ihres Partners. Später probiert sie den Vierfüßlerstand aus, möchte sich aber bald wieder hinlegen.
Kurz vor 20:00 kommt Noemi dazu. R. arbeitet sich alle 3min durch eine kurze, aber kräftige Wehe. Als sie etwas später „ich kann nicht mehr“ stöhnt, möchte sie wissen, wo sie steht. Der Muttermund ist ganz offen und das Köpfchen ist schon viel tiefer gekommen. Ein toller Fortschritt, das motiviert. Trotzdem möchte sie, dass das Baby jetzt ganz schnell kommt. Nachdem das Zauberwort „Schwerkraft“ fällt, verbringt sie einige Wehen im Stehen und dann auf dem WC. Leider gelingt es ihr noch immer nicht, die Harnblase zu entleeren. Zuletzt hat es zuhause vor einigen Stunden geklappt. Deshalb stimmt sie einem Einmalkatheter zu, damit die volle Harnblase nicht unnötig Raum im Becken einnimmt.
Danach bleibt R. wieder in Seitenlage. Schon beginnt sich der Damm sichtbar vorzuwölben und ich lege eine warme Kompresse auf. Die Geburt ist nicht mehr fern. Da beginnt das - bis dahin quietschfidele - Baby, sich plötzlich zu Wort zu melden. Es findet die Geburt nun langsam anstrengend, sagen die Herztöne. Um ihm den Weg abzukürzen, bitte ich R. in die tiefe Hocke, zwischen den Knien ihres Partners. Uff, das spannt heftig, sie zögert kurz - dann lässt sie sich darauf ein. All der Druck und die Dehnung zeigen, dass das Baby fast da ist. Ich kann die Haare schon sehen. Heldenhaft schiebt sie in jeder Wehe kraftvoll mit. Noch hält der straffe Damm das Köpfchen zurück. Als Noemi und ich Blicke wechseln, weil das Baby deutlich protestiert, frage ich R., ob Noemi während der Wehe auf ihrem Bauch mitdrücken darf. Sie ist einverstanden, und als die nächste Wehe anrollt, schieben beide mit vereinten Kräften das Baby nach unten. Der Hinterkopf ist schon geboren. Eine Wehe noch, und dann kommt die entscheidende: Mit einer letzten großen Anstrengung wird der Kopf geboren, dann gibt es eine kurze und verdiente Wehenpause. R., die Heldin des Tages, atmet durch und beide Eltern bewundern und streicheln liebevoll das kleine Köpfchen. Schließlich kündigt sich die letzte Wehe an, R. schiebt noch einmal mit und gebärt ihr Baby um 21:31 in meine Hände. Ich wickle es aus der Nabelschnur und lege es auf die Matte, es schreit und strampelt sofort kräftig. Herzlich willkommen!
Die Eltern sind im 7. Himmel. Nachdem ihr Überraschungsbaby nun geboren ist, schauen sie neugierig nach, welches Geschlecht es hat. R.s Gefühl hat gestimmt!
Herzlichen Glückwunsch zu eurem Baby, das es sooo eilig hatte, zu euch zu kommen! 🥰