06/03/2019
Nix Neues und weiterhin bedenklich, wenn die wirtschaftlichen Folgekosten endlich mal bewusst und ernst genommen werden, geschweige denn das Stigma Betroffener.
Ich möchte dies zum Anlass nehmen und folgendes Beispielszenarium anführen:
Stellen wir uns vor, wir müssten mindestens 2-3 Monate warten, bis die Krankenkasse uns (nur) zwischen 25-30% der gesamten Arztkosten einer Krebsbehandlung oder einer Gastritis, von Rückenbeschwerden, Bandscheibenvorfällen, Notfallbehandlungen nach einem Unfall, etc, etc....ersetzt. Die Anzahl der Behandlungen wird natürlich auch beschränkt egal ob der Patient gesund ist oder nicht. Den Rest müssen Sie dann selbst bezahlen. Man stelle sich das vor. Doch wie kommen Menschen egal welchen Alters (!) dazu dies in einer solchen Art und Weise erfahren zu müssen? Was ist mit all den Menschen, die besonders einschränkende Lebenserfahrungen machen müssen aufgrund von Traumatischen Erlebnissen, Krankheiten wie Depression und tiefste Erschöpfung (Burnout), Angstzuständen, etc.?
Viele Menschen können sich eine notwendige Behandlung nicht leisten sodass die Erkrankung sich verschlimmert und oft viele körperliche Beschwerden hinzu kommen. Diese werden dann symptomatisch behandelt und bezahlt, die dahinterliegende seelische Erkrankung nicht (und damit meine ich zu 100%).
Auch immer mehr Kinder sind betroffen. Selbst Säuglinge können betroffen sein, wenn sie Eltern erleben, die beeinträchtigt sind und entwickeln sich zu Schreibabys oder bekommen chronische MagenDarmbeschwerden, etc. Irgendwann resignieren sie dann und können ungesunde Anpassungsstrategien entwickeln, welche im späteren (Jugend- und/oder Erwachsenen-) Leben Störungen, sprich Krankheiten, verursachen.
Psychotherapeuten könnten Romane an Beispielen jeder Altersgruppe erzählen. Jeder, der einmal erlebt hat wie ein Elternteil voll Schmerz und Verzweiflung sagt, ich kann mir die eigene oder die Therapie meines Kindes nicht (mehr) leisten, kann sich vorstellen, dass oft mehr Familienmitglieder, sprich Menschen, von Folgeerkrankungen betroffen sind.
Viele Psychotherapeuten bieten dann Sozialtarife an, weil die Politik auslässt.
Doch wo liegt die Verantwortung? Beim einzelnen Psychotherapeuten, ebensowenig wie beim einzelnen Arzt, oder? Stellen Sie sich vor der Arzt der Notaufnahme sagt dem Verletzten „Tut mir leid, Sie haben kein Kontingent mehr, behandelt zu werden, das wird nicht mehr bezahlt.“
Als Unternehmerin sehe ich stets auch die wirtschaftliche Effizienz: Selbst wenn wir es wagen würden das Menschenwohl beiseite zu schieben, die wirtschaftlichen Folgen sind größer denn je. Menschen, die ihre Freude verlieren arbeiten zu gehen und sich weiterzuentwickeln, die gar nicht mehr arbeiten können, sei es in Langzeitkrankenständen oder in vielen kleinen, weil die körperlichen Symptome sich anhäufen.
Also dann doch wieder eine Konsequenz fürs Menschenwohl? Denn wer ist die Wirtschaft? Sie besteht aus uns Menschen. Menschen, die sich im tiefsten Inneren alle nach Sinnerfüllung, Freude und Bereiche der Selbstbestimmung und des Kompetenzerlebens sehnen.
Schlucken wir schnell mal lieber eine Glückspille und gut ist’s....oder?
Der Österreichische Bundesverband der Psychotherapeuten sowie die Landesverbände, wie zum Beispiel auch der Wiener Landesverband, setzen sich seit Jahren für Gleichbehandlung ein.
Psychotherapie auf Krankenschein wäre ein erster Schritt, die Krankheiten zu enttabuisieren und den Betroffenen Perspektiven aufzuzeigen