Institut für Achtsamkeit und Selbstregulation

Institut für Achtsamkeit und Selbstregulation IFARE - Sabine Griesebner
Lösung von Stress und Trauma

Ziel des Institutes ist es, allen Berufsgruppen, die therapeutisch und beratend mit Menschen arbeiten, eine innere Haltung nahe zu bringen, die einen weiten, nicht wertenden und achtsamen Raum schaff, um so unsere Klienten und Klientinnen mit einer speziellen Fokussierungsmethode zu unterstützen ihre Anliegen in ihrem Tempo, in Achtsamkeit mit sich selbst und der Aktivierung der eigenen Selbstregulation zu lösen.

🌿 Praxisgespräche – Versöhnung mit der Herkunftsfamilie Aufstellung als Friedensarbeit - Teil 2Viele Konflikte im Erwach...
07/09/2025

🌿 Praxisgespräche – Versöhnung mit der Herkunftsfamilie
Aufstellung als Friedensarbeit - Teil 2

Viele Konflikte im Erwachsenenleben wurzeln in ungelösten Verstrickungen mit der Herkunftsfamilie. In einer Aufstellung können Eltern, Geschwister oder Ahnen wieder ihren Platz finden. Das entlastet von übertragener Schuld, Wut oder Scham – und schafft Frieden in den Beziehungen.

✨ Markus’ Geschichte
Markus erzählt, dass er nie ganz in seinen beruflichen Erfolg gehen kann. Immer wieder bremst er sich selbst aus – macht Fehler, verliert plötzlich alle Energie.
Seine Mutter sei erfolgreich, sagt er. Sie habe sich früh von seinem Vater getrennt, „weil der nichts auf die Reihe bringt“. Zu seinem Vater hat Markus nur wenig Kontakt, und wenn, dann endet es meist im Streit. „Er nervt mich einfach. Er ist so bedürftig“, erklärt er.

✨ Die Aufstellung
Wir stellen auf: Markus, den beruflichen Erfolg, die Mutter und den Vater.

Das Bild:
Der berufliche Erfolg wirkt optimistisch, aber er schaut aus dem Fenster, nicht zu Markus. Die Mutter steht in einiger Entfernung, wohlwollend zu ihm gewandt. Der Vater wirkt schwach, sucht Halt bei seinem Sohn – doch Markus weicht ihm aus.
Dann erzählt Markus von der Geschichte seines Vaters:
Sein Großvater war einer der Letzten, die aus Stalingrad herausgekommen sind – als Einziger seiner Kompanie überlebte er.
Wir stellen den Großvater dazu. Er blickt auf den Boden, tiefe Traurigkeit liegt über ihm. Als die gefallenen Kameraden dazugelegt werden, sinkt er zu ihnen auf den Boden. „Ich wäre lieber mit euch gegangen. Hier habe ich kein Recht zu leben.“ Ein Teil seiner Seele ist bei ihnen geblieben.
Doch die Kameraden werden unruhig. Sie wollen nicht, dass er bleibt, weil sie sich dadurch nicht geachtet fühlen. Ihr Wunsch ist es, dass er zu den Lebenden geht und das lebt, was ihnen verwehrt war. Da richtet sich der Großvater auf. Zum ersten Mal sieht er seinen Sohn – und ist bewegt, dass das Leben weitergegangen ist.
Der Vater kann sich nun an den Großvater lehnen und die Kraft der Männer spüren. Er braucht nicht länger den Sohn als Stütze – jetzt kann er selbst Halt geben.

✨ Die Wendung
Markus tritt selbst in die Aufstellung. Zum ersten Mal spürt er, wie es ist, diese männliche Kraft in sich zu fühlen. Es durchströmt ihn, trägt ihn.
Er wendet sich seinem beruflichen Erfolg zu – und dieser schaut ihn nun direkt an, ganz präsent, ganz bei ihm.

✨ Einige Zeit später
Markus erzählt, dass sich sein Verhältnis zu seinem Vater verändert habe. Sie können nun in Ruhe miteinander sprechen. Sein Vater interessiert sich sehr für seine beruflichen Projekte – und genau das gibt Markus Kraft.

✨ Essenz: Wenn das Verdrängte in der Herkunftsfamilie gesehen und geachtet wird, können neue Kräfte frei werden. Versöhnung mit den Ahnen bedeutet nicht, ihr Schicksal zu tragen – sondern ihren Weg zu würdigen und den eigenen zu gehen.

🔒 Hinweis zum Datenschutz: Mir ist Vertraulichkeit sehr wichtig. Die Impulse für diese Geschichten, die ich erzähle, stammen von Erfahrungen aus Aufstellungsprozessen – sie sind jedoch verfremdet und anonymisiert, sodass keine Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich sind.

✨ Wenn du die Aufstellungsarbeit einmal selbst kennenlernen möchtest:
Melde dich gerne als Repräsentant*in an 👉 https://www.ifare.at/seminare/

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Sabine Griesebner

🌿 Praxisgespräche -                   Aufstellungsarbeit als Friedensarbeit – Teil 1✨ Frieden beginnt im Inneren.Unsere ...
03/09/2025

🌿 Praxisgespräche -
Aufstellungsarbeit als Friedensarbeit – Teil 1
✨ Frieden beginnt im Inneren.

Unsere Erfahrungen leiten uns – manchmal auf eine Weise, die uns im Leben dient, manchmal aber auch so, dass wir immer wieder an die gleichen Grenzen stoßen. Aufstellungsarbeit eröffnet einen achtsamen Raum, in dem Unbewusstes, Verdrängtes oder traumatische Erfahrungen sichtbar werden dürfen. Wenn sie integriert werden, entsteht innerer Frieden – und dieser verändert auch, wie wir mit anderen umgehen.

Paul beschreibt sich selbst als „immer angetrieben“. Still sitzen kann er nicht. Er muss ständig etwas tun. Auf der einen Seite hat ihn das erfolgreich gemacht. Auf der anderen Seite führt es immer wieder zu tiefer Erschöpfung – und dazu, dass er seiner Frau und seinem Sohn gegenüber unwirsch, abwesend, manchmal hart wirkt.

✨ Die Aufstellung
Wir stellen auf: die Erschöpfung, die Angetriebenheit, Paul selbst und die Entspannung.

Das Bild:
Die Erschöpfung steht dicht hinter Paul, während er relativ stabil in der Mitte steht. Die Angetriebenheit setzt sich, springt auf, läuft umher – sie findet keinen Platz. Die Entspannung ist wie eingefroren, starr, reglos.
Wir stellen „das, um was es geht“ dazu. Der Repräsentant fühlt sich wie ein kleiner Junge, der sich am liebsten verstecken würde – aber es nicht kann. Er nimmt vorsichtig Kontakt zur Angetriebenheit auf. Die Entspannung erstarrt noch mehr.

Als Paul das sieht, steigen Tränen in seine Augen. Er erzählt von seiner Schulzeit, von jahrelangem, furchtbarem Mobbing. Seine einzige Rettung war, schneller zu sein als die anderen.

✨ Das Trauma zeigt sich
Wir stellen das Trauma dazu. Es stellt sich eng an den kleinen Jungen und sagt: „Ich schütze dich.“
So wirken Traumadynamiken oft – die daraus entstandenen Überlebensstrategien sind Schutzmechanismen, damit die Ohnmacht nicht mehr gespürt werden muss.

✨Das Feld bewegt sich.
Der erwachsene Paul wendet sich seinem kleinen Anteil mit viel Mitgefühl zu. Doch der Junge wehrt ab, misstraut ihm: „Ich weiß, du hast niemandem vertrauen können, weil keiner geholfen hat“, sagt Paul. Langsam erkennt der Kleine, dass dieser Erwachsene er selbst ist – sein großes „Ich“. Er wagt es, sich halten zu lassen. Tränen und Zittern durchströmen den Körper.

Paul stellt sich nun selbst in die Aufstellung. Er nimmt den kleinen Jungen in den Arm, hält ihn, tröstet ihn, schützt ihn. Die Entspannung löst sich aus der Erstarrung und setzt sich zu den beiden. Die Angetriebenheit seufzt erleichtert: „Endlich darf ich das sein, was ich wirklich bin – deine Lebenskraft.“ Die Erschöpfung legt sich hin und lehnt sich an die Entspannung.

✨ Einige Monate später
Paul erzählt, dass er innerlich ruhiger geworden ist. Er reagiert nicht mehr so hart auf seinen Sohn, wenn dieser schwach wirkt. Stattdessen spürt er, dass sein Sohn ihn braucht – als Vater, nicht als Antreiber. Seine Beziehung zu ihm ist inniger geworden.
Er erkennt: Bisher hatte er in seinem Sohn das eigene überforderte Kind gesehen – und das nicht ertragen, solange seine Traumaenergie ungelöst war. Jetzt kann er seinen Sohn wahrnehmen, wie er ist.

✨ Essenz: Wenn innere Verletzungen gesehen und gehalten werden, kann Frieden einkehren. Dieser Frieden verändert nicht nur das eigene Leben – er öffnet auch den Raum für liebevolle Beziehungen zu den Menschen, die uns am nächsten sind.

🔒 Hinweis zum Datenschutz: Mir ist Vertraulichkeit sehr wichtig. Die Impulse für diese Geschichten, die ich erzähle, stammen von Erfahrungen aus Aufstellungsprozessen – sie sind jedoch verfremdet und anonymisiert, sodass keine Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich sind.

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Sabine Griesebner

Warum poste ich diese Geschichten? Es geht darum, größere Zusammenhänge zu erkennen, einen weiteren Blick auf innere und...
29/08/2025

Warum poste ich diese Geschichten?

Es geht darum, größere Zusammenhänge zu erkennen, einen weiteren Blick auf innere und äußere Konflikte zu bekommen.

Aufstellungsarbeit ist Friedensarbeit - das ist mein Anliegen. Es geht mir nicht um Werbung - es geht mir um ein größeres Verständnis vom menschlichen Sein.
Liebe Grüße Sabine

🌿 PraxisgesprächeWenn die Sehnsucht uns führt – aus der Verstrickung heraus ins eigene LebenSIE sitzt neben mir. Eine le...
26/08/2025

🌿 Praxisgespräche
Wenn die Sehnsucht uns führt –
aus der Verstrickung heraus ins eigene Leben

SIE sitzt neben mir. Eine lebendige, ausdrucksvolle Frau. Ich kenne ihre Geschichte – die vielen Wege, die sie schon gegangen ist, das, was sie hinter sich gelassen, und das, was sie in sich geheilt hat.
Sanft, aber bestimmt beginnt sie zu sprechen:
„Es geht um meinen Herzschmerz. Um meine Sehnsucht. Dieses unaufhörliche Suchen nach einer Beziehung. Und doch frage ich mich manchmal: Warum tue ich das eigentlich?“

Ihre Stimme trägt weder Bitterkeit noch Resignation. Vielmehr liegt darin eine leise, kraftvolle Klarheit. Jede Begegnung, jede Beziehung hat sie ein Stück näher zu sich selbst gebracht. Das ist ihr ganz klar und dafür ist sie auch dankbar.

Sie erzählt von den Treffen mit Männern – nicht häufig, doch immer wieder folgt sie diesem inneren Drängen. Es kostet sie Kraft, und doch gibt es etwas in ihr, das nicht aufhören will zu suchen. Diesem inneren Ruf möchte sie jetzt tiefer auf den Grund gehen.

Eine Begegnung war Auslöser: Ein Mann, der sie zutiefst berührte – durch seine Offenheit, seine Verletzlichkeit, durch den Mut, Dinge direkt anzusprechen. Und auch die körperliche Anziehung war spürbar. Nur zwei Treffen. Dann erkannte sie: Er steckt noch in einer eigenen Geschichte fest, in der es keinen Platz für sie gibt. Er zog sich zurück, weil er spürte, dass er zuerst an sich selbst arbeiten müsse.
Es blieb ein Schmerz in ihr. Doch zugleich auch Respekt, Hochachtung für seine Entscheidung – und eine zarte Traurigkeit darüber, dass es nicht möglich war.

Sie sagt leise: „Früher wäre ich dran geblieben. Hätte versucht, mir einen Platz zu erkämpfen. Aber das tue ich nicht mehr. Ich habe verstanden: Ich kann den anderen nicht heilen – und wenn ich es versuche, verliere ich mich selbst.“

✨Die Aufstellung
SIE stellt auf: das „Ich“, die „Sehnsucht“, den „Schmerz“ und die „Suche“.

✨Das Bild entsteht von selbst:
Das „Ich“ tritt leicht zur Seite, beobachtet.
Die „Sehnsucht“ stellt sich dicht an den „Schmerz“.
Der "Schmerz" zieht sich tief in sich zurück, kaum fähig, die Sehnsucht wahrzunehmen.
Die „Suche“ schaut in die Ferne – immer woanders hin.

Ich frage sie, ob in ihrer Familie früher Verluste gewesen sind. Sie nickt. Der Vater hat seinen Vater nie kennengelernt. Die Mutter verlor ihren Vater mit nur 20 Jahren. Wir stellen beide ins Feld.

✨ Der Prozess
Der Vater schwankt – „wie im Nebel“.
Die Mutter wirkt abgewandt, unnahbar.
Ich lasse noch „das, worum es wirklich geht“ hineinstellen. Es bewegt sich auf den Vater zu, die Augen voller Tränen. Doch er wendet sich ab, sagt: „Das ist mir zu viel.“ Der Repräsentant spricht von einem starken Alkoholgeschmack im Mund.
Sie nickt: „Mein Vater war alkoholkrank. Er starb, als ich Anfang 20 war.“ Auch sie selbst kannte den Alkohol lange als Begleiter – um zu spüren, oder um nicht spüren zu müssen. Doch seit einigen Jahren ist er nicht mehr Teil ihres Lebens.

Wir stellen den Großvater – den Vater ihres Vaters – dazu. Auch er ist früh gestorben, im Krieg gefallen, nie zurückgekehrt.
„Das, worum es geht“, wendet sich ihm zu und weint. Der Schmerz tritt hinzu, hält die Hände des Großvaters. „Ich wollte so gerne bleiben …“

Nun löst sich etwas: Der Vater taucht langsam aus seinem Nebel auf. Die Großmutter betritt das Feld – sofort eilt sie zu ihrem Mann. „Ich dachte, du kommst zurück. Ich habe überall nach dir gesucht.“
Eine Szene voller Tränen, voller Abschiedsschmerz. Nun erst sieht die Mutter ihren Sohn. Und er sieht sie. „Ich dachte, ich darf nicht leben, wenn er nicht da ist.“ Der Alkohol war sein Schutz, um diese Leere nicht zu spüren. Auch er darf jetzt seiner Sehnsucht nach dem Vater nachgeben. Legt sich in seine Arme und sagt: "Ich hab dich auch immer gesucht und so vermisst."

Und dann geschieht etwas:
Die Repräsentantin für das „Ich“ tritt näher. Sie wendet sich der Großmutter zu: „Ich habe es für dich gespürt. Und ihn mein Leben lang gesucht.“ Sie verneigt sich, lässt das, was zu der Großmutter gehört, bei ihr.

Der Vater erhebt sich, blickt seine Tochter an – so als würde er sie das erst Mal sehen. Tief berührt davon, dass das Leben weitergegangen ist. SIE stellt sich selbst in die Aufstellung.

Nun darf auch SIE ihre Sehnsucht nach ihrem Vater spüren – nach dem, der viel zu früh gegangen ist. Sie sinkt in seine Umarmung, verweilt dort lange. Und kann das erste Mal die Verbindung zu ihm spüren und as Leben von ihm nehmen.

✨Einige Monate später
Als wir uns wieder hören, klingt ihre Stimme leicht, frei, gelöst.
„Weißt du“, sagt sie, „dieses unaufhörliche Suchen – es ist vorbei. Es fühlt sich an wie eine Befreiung.“
Manchmal denkt sie noch an den Mann, der all das in ihr sichtbar gemacht hat. Doch nicht mit Schmerz, sondern mit Dankbarkeit. „Ich bin froh, dass ich ihm begegnet bin.“

✨ Eine Sehnsucht, die sich verwandeln durfte. Ein Schmerz, der endlich einen Platz fand. Und eine Frau, die frei geworden ist, ihr Leben ganz zu nehmen.

🔒 Hinweis zum Datenschutz: Mir ist Vertraulichkeit sehr wichtig. Die Geschichten, die ich erzähle, stammen aus Aufstellungsprozessen – sie sind jedoch verfremdet und anonymisiert, sodass keine Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich sind.

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Sabine Griesebner

🌿Praxisgespräche – Die Angst um das eigene KindWenn das Grauen der Vergangenheit ins heute greift.Sie sitzt mir gegenübe...
24/08/2025

🌿Praxisgespräche – Die Angst um das eigene Kind
Wenn das Grauen der Vergangenheit ins heute greift.

Sie sitzt mir gegenüber, Mitte vierzig, mit wachen, aber müden Augen. Eine Frau, die in ihrem Leben schon viel durchgestanden hat. Aufgeben, sagt sie, sei nie eine Option gewesen. Und doch gesteht sie, dass es dunkle Stunden gab, in denen Gedanken an den Tod sie kurz begleiteten – wie ein Schatten, der über sie huschte. Aber er blieb nie lange. Was blieb, ist die Angst.

Die Angst um ihren Sohn. Dreizehn Jahre alt, mitten in dieser verletzlichen Zeit zwischen Kindheit und Jugend. „Es raubt mir den Schlaf“, sagt sie leise. Auf meine Frage, warum gerade diese Angst so groß ist, bricht es aus ihr heraus: Ihr Vater – Suizid. Ihr Bruder – ebenfalls. Beide depressiv, beide gefangen in Alkohol und inneren Dämonen. Offiziell nie diagnostiziert, doch unübersehbar.

„Ich habe Angst, dass mein Sohn in diese Spur gerät. Auch wenn es keine Anzeichen gibt. Ich schaue ihn immer an, mit dieser Wachsamkeit. Aber ich glaube, es tut ihm nicht gut.“

✨Die Vorgeschichte
Die Familiengeschichte wirkt wie ein schwerer Stein, der von Generation zu Generation weitergegeben wurde.
Ihr Vater – selbst vaterlos, denn sein eigener Vater fiel im Krieg, als er noch ein Säugling war. Die Herkunftsfamilie wollte das Kind nicht anerkennen. Seine Mutter heiratete erneut, lebte in Armut, mit einem gewalttätigen, trinkenden Mann.

Mit sechzehn suchte ihr Vater seine Wurzeln – und fand sie in einem Onkel, ebenfalls alkoholabhängig und brutal. Gewalt und Demütigung waren das Fundament dieser Herkunft. Später erfuhr sie, dass einer der Söhne dieser Großfamilie im Suff vom eigenen Vater erschlagen worden war. Die Ahnengeschichte liest sich wie eine Abfolge von Leid, Scham und Verlust.

✨Die Aufstellung
Ich bitte sie, eine Aufstellung zu machen: für sich, ihren Sohn, den Bruder und den Vater.

Das Bild ist erschütternd:
Sie eng bei ihrem Sohn, der sich an sie lehnt, traurig den Blick gesenkt. Der Bruder und der Vater abgewandt, ebenfalls zum Boden schauend.

✨Der Prozess
Ich lasse Bruder und Vater sich hinlegen. Sie erstarrt. Krallt sich fest an ihren Sohn. Die Angst packt sie, während der Sohn immer trauriger wird und zu seinem Onkel schaut.

Dann kommt der Großvater – der im Krieg Gefallene – ins Bild. Auch er legt sich zu den Toten. „Lieber bei den Toten“, sagt er.
Ein unendliches Gewicht liegt im Raum. Sie hält den Sohn fester, voller Panik. „Ich werde es nicht zulassen, dass er auch geht.“ Doch sie selbst kann kaum noch stehen.

Ich stelle die Gewalt hinein – übermächtig, zentral, alles bestimmend. Daneben den Urgroßvater, steinern, auf die Gewalt fixiert. Dann das Trauma, die Urgroßmutter. Das Feld verändert sich: Die Gewalt weicht ein Stück zurück, das Trauma bringt Bewegung.

Schließlich kommt der tote Sohn dazu – der vom Urgroßvater erschlagen worden war. Die Urgroßmutter stürzt zu ihm, will ihn retten. Doch der Tote sagt: „Es ist in Ordnung. Ich bin in Frieden mit meinem Schicksal.“

Und plötzlich wendet sich IHR Blick auf die Urgroßmutter. Da ist sie: die Quelle ihrer eigenen Angst, die Ohnmacht, die Trauer, die Angst um das Kind. Zum ersten Mal kann sie den Sohn loslassen. Über das Feld legt sich tiefe Trauer.

Ihr Sohn sinkt nieder, weint um den Onkel. Ich bitte die Klientin sich selbst ins Feld zu stellen. Sie setzt sich selbst an die Stelle des Sohnes. Und da endlich: sie trauert. Um den Vater, den Bruder, um all das, was nie betrauert werden durfte.

✨Der Wendepunkt
Sie nimmt Abschied. Vom Vater, der sie in die Arme nimmt, aber sanft sagt: „Geh ins Leben. Dann war das alles nicht umsonst.“
Sie umarmt den Bruder. Endlich kann sie all die Liebe und Trauer zeigen, die so lange gefangen war. Ich lasse ihr Zeit. Die Trauer braucht Raum.

Die Ahnen treten zurück. Der Urgroßvater übernimmt seine Verantwortung und muss die Schuld nicht mehr hinter der Gewalt und dem Alkohol verbergen. Die Urgroßmutter findet ihren Schmerz und die Trauer, die auch nie bei ihr sein durfte. Die Gewalt verliert ihre Macht. Die Toten finden Frieden.

Und dann ihr Sohn: Er schaut zu den Toten, dann zu ihr. „Ich gehe nicht – nicht jetzt. Ich habe noch so viel vor.“ Er lacht. Sie nimmt ihn in den Arm, mütterlich, warm. Und lässt ihn los: „Ich bin immer für dich da, nun lebe dein Leben.“

✨Einige Wochen später
Sie ruft mich an. Ihre Stimme klingt leichter. „Die Schwere ist weg“, sagt sie. „Ich dachte immer, sie gehört zum Leben. Aber jetzt… jetzt ist sie weg. Und ich kann meinen Sohn anders sehen. Ich traue ihm jetzt das Leben zu.“
Sie ist dankbar. Dankbar, dass sie endlich trauern darf und wieder in Verbindung ist mit ihren Ahn*innen.

Praxisgespräche: Wenn die Abwertung der Frauen tief wirktWie Aufstellungsarbeit Frieden zwischen Mann und Frau bringen k...
23/08/2025

Praxisgespräche: Wenn die Abwertung der Frauen tief wirkt
Wie Aufstellungsarbeit Frieden zwischen Mann und Frau bringen kann

Sie sitzt mir gegenüber, die Schultern ein wenig nach innen gedreht, und sagt ohne Umschweife:
„Ich wünsche mir so sehr eine liebevolle Beziehung. Aber ich treffe immer wieder denselben Typ Mann. Erst aufmerksam und zärtlich … und dann kippt es: kalt, abwertend, unnahbar.“

Während sie spricht, spüre ich die Mischung aus Sehnsucht und Müdigkeit. Auf meine vorsichtige Frage, wie sie selbst über Männer denkt, antwortet sie halb im Scherz, halb im Ernst:
„Ehrlich? Ich finde sie oft mühsam und eigentlich zu nicht wirklich viel zu gebrauchen.“

✨Das Dilemma ist spürbar:
der Wunsch nach Nähe – und eine innere Abwertung, die genau diese Nähe unbewusst wieder fortschiebt. Gleichzeitig erzählt sie, dass ihre Mutter sich früh vom Vater getrennt hat, der dann nur noch sporadisch in ihrem Leben auftauchte. Das Muster ist vertraut.

✨Ihre Geschichte
Als wir die Familienlinien anschauen, zeigt sich eine Kette von Unterbrechungen und Verlusten:

• Väterliche Seite: Männer, die viel arbeiteten und emotional kaum erreichbar waren; Männer, die früh starben – einige im Krieg.
• Mütterliche Seite: Männer, die nie heirateten oder die Frauen früh verließen, Verbindungen, die von Anfang an brüchig waren. Der Vater ihrer Mutter starb, als diese vier Jahre alt war – zu früh, zu plötzlich.
• Sie selbst ist Einzelkind – viel Blick der Familie auf sie, viel unausgesprochenes Erbe auf ihren Schultern.

Je deutlicher die Fäden werden, desto klarer zeigt sich: Es geht nicht nur um „ihre“ Erfahrungen mit Männern, sondern um ein geerbtes Beziehungsklima – Frauen, die allein zurückbleiben; Männer, die gehen oder nicht wirklich da sind. Und in den Frauen wächst als Schutz die Abwertung: „Auf die kann man sich nicht verlassen.“

✨Die Aufstellung
Ich schlage vor, „sie selbst“, „ihre Mutter“, „ihren Vater“ und als Ressource die „„gute Beziehung“ in den Raum zu stellen.

Das erste Bild ist eindrücklich:
• Der Vater steht abgewandt, wie betäubt, ohne spürbaren Kontakt.
• Die Mutter blickt auf den Boden, innerlich leer, wie an einer unsichtbaren Stelle festgebunden.
• Sie selbst möchte zur „guten Beziehung“, doch diese wendet sich ab und signalisiert: „Mit dir will ich nichts zu tun haben.“

Es ist ein schmerzhaft klares Bild: Die Liebe ist da – aber sie dreht sich weg, als müsse sie sich schützen.

✨Der Prozess
Um tiefer zu gehen, lege ich einen Stellvertreter für „den Vater der Mutter“ in die Aufstellung – den Großvater, der starb, als seine Tochter vier war. Die Mutter reagiert sofort: Wut, Abwehr. Sie wendet den Blick ab. Ich stelle „die Großmutter“ dazu – und, weil das Feld danach ruft, auch „deren Eltern“: Urgroßmutter und Urgroßvater.

Hier beginnt sich die verborgene Geschichte zu zeigen:

• Der Urgroßvater (er hat die Ur-Großmutter nie verheiratet – einfachheitshalber nenne ich ihn hier Ur-Großvater). Er hat die Familie verlassen.
• Die Urgroßmutter ist tief verletzt; in ihr hat sich Verachtung als Rüstung verfestigt.
• Die Großmutter trägt die Leere und Abwertung, die daraus entstand – und gibt sie unbewusst weiter.

Ich frage behutsam, was in der Familie über den Urgroßvater erzählt wurde. Sie erinnert sich: Er stammte aus sehr wohlhabendem Hause, vermutlich missbilligte seine Familie die Verbindung. Als diese Worte im Raum sind, beginnt der Stellvertreter des Urgroßvaters zu weinen. Er schaut seine Frau (Geliebten) an:
„Ich wäre so gerne geblieben. Ich konnte nicht. Bitte verzeih mir.“

Die Urgroßmutter rührt sich, die starre Verachtung weicht Trauer. Es gelingt eine vorsichtige Annäherung, schließlich eine Umarmung. Die Liebe, die zwischen ihnen war, darf wieder einen Platz finden. In diesem Moment spüre ich, wie das Feld weicher wird: Die „gute Beziehung“ entspannt sich spürbar. Die Großmutter wird traurig – nicht hart –, die Mutter kann den Blick heben und zu ihren Ahnen schauen.

Jetzt wird deutlich: Die Wut und das Misstrauen der Frauen gegenüber Männern sind kein persönlicher Makel, sondern ein „geerbter Schutz“. Generationenlang hat er gehalten, was er sollte – schützen. Und doch verhindert er heute genau das, was sie sich wünscht: Bindung.

Nun darf die Mutter endlich um ihren Vater trauern, den sie mit vier verloren hat. Sein Stellvertreter wendet sich ihr zu:
„Ich wollte bleiben. Ich hätte dich nie verlassen.“
Er starb bei einem Autounfall – es war kein Weggehen, sondern ein Abriss.

✨Die Lösung
Ich lade meine Klientin ein, sich selbst in dieses nun beweglicher gewordene Feld zu stellen. Sie schaut und sieht, wie viel Einsamkeit sie getragen hat, wie sehr die alten Geschichten in ihren Beziehungen weiterwirkten. Sie verneigt sich innerlich vor den Ahnen: „Ich sehe und achte euer Schicksal. Danke, dass ich lebe.“ Und sie gibt zurück, was nicht zu ihr gehört: die harte Abwertung, die nicht ihre war, sondern eine ererbte Rüstung.

Dann wendet sie sich ihren Eltern zu. Der Vater ist noch weit weg – gebunden an seine eigene Geschichte. Die Mutter schaut nun zu ihm und sagt:
„Du hattest bei mir keine Chance. Das hatte nichts mit dir zu tun.“
Er atmet auf – und kann denselben Satz zurückgeben. Zwischen beiden entsteht ein stilles „Schade“: jene Sorte Frieden, die nichts beschönigt und doch entlastet.

In dieser Atmosphäre dreht sich die „gute Beziehung“ nun von selbst zu meiner Klientin. Kein Drängen, kein Festhalten – eher ein sanftes Einverständnis: „Jetzt ja.“

Wir lassen es an dieser Stelle. Integration braucht Zeit. Ich lade sie ein, das Bild wirken zu lassen – und später, wenn der Impuls kommt, die väterliche Linie noch einmal gezielt anzuschauen.

✨Ein Jahr später
Sie meldet sich wieder. Die Stimme klingt heller.
„Die alte Abwertung ist weg“, sagt sie. „Ich schaue anders auf Männer. Nicht naiv – aber offen. Ich spüre wieder Neugier und Respekt.“
Sie möchte weiterarbeiten – jetzt mit der Vaterseite. Nicht mehr aus Not, sondern aus freier Entscheidung.

Ich erlebe solche Prozesse immer wieder als stilles Wunder: Wenn eine jahrzehntelang vererbte Härte weicher wird, entsteht Platz – für Zuwendung, Respekt und die Möglichkeit, sich wirklich zu begegnen. Und manchmal beginnt genau dort eine Liebe, die bleiben kann. 🌿

Foto: reni (pinterest)

Praxisgespräche – Wenn Präsenz zum Albtraum wird.Die Angst, sich zu zeigen.Sie kommt zu spät zur Aufstellungsgruppe. Sch...
21/08/2025

Praxisgespräche – Wenn Präsenz zum Albtraum wird.
Die Angst, sich zu zeigen.

Sie kommt zu spät zur Aufstellungsgruppe. Schon in dem Moment, als sie den Raum betritt, ist ihr die Röte ins Gesicht gestiegen. „Entschuldigung, es tut mir so leid“, sagt sie – nicht nur einmal, sondern fünfmal. Sie wirkt, als wolle sie am liebsten im Sessel verschwinden.
Eine schöne Frau, vielleicht Mitte dreißig, doch ihr weites Kleid erzählt: *Bitte, schaut nicht so genau hin. Ich möchte nicht auffallen.*

✨Ihr Thema
„Ich kann mich nicht zeigen.“
So bringt sie es auf den Punkt. Und dann erzählt sie – von ihrer Schulzeit, die sie ohne Probleme gemeistert hat. Von ihrem Studium, das sie mit Auszeichnung in Rekordzeit abgeschlossen hat. Von ihrem Job, in dem sie seit Jahren die rechte Hand der Assistentin des Chefs eines internationalen Konzerns ist.
Diese Assistentin geht bald in Pension und hat sie als Nachfolgerin vorgeschlagen. Der Chef stimmt zu. Eine große Chance. Doch sie selbst stürzt das in eine tiefe Krise: Schon der Gedanke, vor anderen zu sprechen, lässt ihr Herz rasen. Sie überlegt, zu kündigen. „Die Aufstellung ist meine letzte Hoffnung“, sagt sie leise.

✨Ihre Geschichte
Sie schildert ihre Eltern als liebevoll, nie drängend, eher ratlos ob ihrer Ängste. Sie ist die Jüngste von drei Schwestern. Schon als Kind war sie bei einer Psychologin. Und doch: keine klare Erklärung. Ein Fluchthintergrund in der Familie, ja, aber nichts, das sich für die Aufstellung stimmig anfühlt.

✨Die Aufstellung
Ich lade sie ein, Stellvertreter\*innen für „sich selbst“, die „Angst gesehen zu werden“, den Job und ihre Kompetenz aufzustellen.

Das Bild, das entsteht, ist eindrücklich:

„Sie selbst“ steht am Rand, klein und zurückhaltend.
Die „Angst“ – riesig, und doch erstaunlich freundlich – stellt sich vor sie.
Der „Job“ bleibt auf Distanz, neugierig, aber mit dem Hinweis: „Ich sehe dich zu wenig.“
Die „Kompetenz“ zittert und sucht einen Platz, findet aber keinen Halt.

Als ich sie frage, was sie wiedererkennt, erzählt sie von Prüfungen, die für sie immer die Hölle waren: die Angst, nicht zu genügen, das Herzklopfen, als würde sie gleich ohnmächtig.

Ich frage nach ihrer Geburt. Sie berichtet von einem sehr langen, aber letztlich normalen Geburtsprozess. In dem Moment wächst die Angst im Feld – und die Kompetenz erstarrt. Wir stellen Geburt, Trauma und die Mutter dazu. Plötzlich wird die Kompetenz lebendig und stellt sich schützend an ihre Seite. Das Trauma geht zur Mutter – und diese beginnt bitterlich zu weinen. Der Vater wird dazu gestellt.

Dann wird sichtbar, was bis dahin im Verborgenen lag: Die Mutter sagt, es tue ihr so leid, dass es „wieder ein Mädchen“ sei. Der Vater nickt dazu.

Die Angst versucht, die Tochter noch mehr zu verstecken. Nach einigen Bewegungen im Feld stellt sich die Kompetenz zu ihr und schaut sie voller Wärme an: „Du bist wunderschön und gut, genauso wie du bist.“

✨Die Auflösung
Da geschieht etwas im Raum.
Der Vater wendet sich seiner Tochter zu – wirklich zum ersten Mal. Er erkennt, dass er sie nie gesehen hatte, geblendet von seinem Wunsch nach einem Sohn. Die Mutter geht zu ihr, teilt ihre Trauer und übernimmt die Verantwortung, dass sie nie zu ihrer Tochter gestanden ist. Die Tochter nimmt Kontakt auf, lässt ihren Schmerz fließen. Der Vater wird weich, voller Liebe, und sagt: „Ich liebe dich über alles.“

Die Angst verwandelt sich – aus Bedrohung wird Präsenz, aus Enge Kraft.
Sie strahlt. Und alle in der Gruppe können es sehen: Ihr Gesicht hat sich verändert. Da ist plötzlich Schönheit, Stärke, ein Leuchten, das niemand übersehen kann.

✨ Drei Monate später
erhalte ich ein Mail von ihr. Sie schreibt, dass sie den Job annehmen wird. Dass sie Freude daran gefunden hat, sich weiblich zu kleiden. Dass sie sich Unterstützung für ihren Weg gesucht hat.
Und zwischen den Zeilen spüre ich: Sie ist angekommen – in sich selbst.

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Sabine Griesebner (Wien)

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Bild: The Shift Network (Pinterest)

Praxisgespräche – Wenn Nähe zur Bedrohung wird.Wenn du dich mir zu sehr zuwendest, bin ich weg.Vor drei Jahren begegnete...
19/08/2025

Praxisgespräche – Wenn Nähe zur Bedrohung wird.
Wenn du dich mir zu sehr zuwendest, bin ich weg.

Vor drei Jahren begegnete sie einem Mann, in den sie sich tief verliebte. Alles schien möglich. Doch schon bald zeigte sich ein Riss in dieser Liebe: Je mehr sie sich wünschte, ihm nah zu sein, desto mehr wich er zurück.

Sie sehnte sich nach Wärme, Zärtlichkeit, Halt und dem Gefühl, willkommen zu sein. Er dagegen bestand darauf, so viel Nähe sei „nicht normal“.

Aus Liebe zu ihm stellte sie sich ihren eigenen Mustern, veränderte sich, ließ los, was sie selbst als „zu viel“ erkannt hatte. Sie konfrontierte sich mit ihrer Angst vor Nähe. Schritt für Schritt hatte sie gelernt, das alte Festhalten und Klammern loszulassen und offen für eine gesunde Form von Verbundenheit zu werden. Und doch blieb da diese Erfahrung: Immer wenn sie sich öffnete, zog er die Brücke hoch.

Schließlich kam es zum Bruch. „Ich kann nicht bleiben, wenn ich immer warten muss, bis du bereit bist“, sagte sie. Denn meist kam er erst auf sie zu, wenn sie innerlich schon weit weg war. Aus ihrer Verzweiflung heraus stellte sie ihm ein Ultimatum: Er solle mit zu mir kommen, um gemeinsam darüber zu sprechen.

✨In meiner Praxis
schilderte er seine Sicht. Nähe habe er noch nie gut ausgehalten. „So bin ich eben“, sagte er mit einem Schulterzucken. Als ich nach seiner Kindheit fragte, wich er aus: Man solle nicht immer alles auf die Eltern schieben. Sie müsse ihn so nehmen, wie er sei. Ja, er könne sich schon vorstellen, dass es für seine Partnerin schwer sei. Aber ändern könne er daran nichts.

So weit, so – nicht gut.

✨Ein halbes Jahr später
meldete er sich erneut. Die Beziehung war zerbrochen, weil sie sich nach einer echten, tiefen Verbundenheit sehnte, die er ihr nicht geben konnte. Er war am Boden zerstört. Nun wollte er eine Aufstellung machen. Zum ersten Mal war er bereit, tiefer zu schauen.

Er erzählte, dass es in seiner Kindheit oft Streit zwischen den Eltern gab. Er habe sich zurückgezogen, wo immer es ging, und so früh wie möglich außer Haus geflüchtet.

✨In der Aufstellung
wählte er Stellvertreter für sein Erwachsenen-Ich, sein inneres Kind, die Nähe, die Mutter und den Vater.

Das Bild war deutlich: Der Erwachsene stand auf Abstand, kühl, unbeteiligt. Das innere Kind klebte an der Mutter, voller Anspannung. Der Vater war abgewandt und die Nähe saß am Boden zusammengekauert. Auf die Frage, was zwischen den Eltern gewesen sei, erzählt er von einer schmerzhaften Wahrheit, die er erst im Rahmen der Recherche zur Aufstellung erfahren hatte: Sein Vater hatte kein zweites Kind gewollt und die Mutter zu einer Abtreibung genötigt.

Als das abgetriebene Kind in die Aufstellung kam, stockte dem inneren Kind der Atem. Es konnte kaum noch stehen, die Mutter hielt es fest, bebte selbst vor Schmerz und ungestillter Wut. Da regte sich zum ersten Mal etwas im Erwachsenen-Ich: Mitgefühl. zögerlich, aber spürbar. Ich forderte ihn auf die Wut in die Aufstellung zu stellen. Sie brach so mächtig hervor, dass der ganze Raum erbebte und der Schmerz den Raum bekam, der nie erlaubt war.

In diesem Moment drehte sich der Vater um. Mit Tränen in den Augen sah er Frau und Sohn an. „Es war mir zu viel“, sagte er immer wieder. „Ich konnte nicht anders. Ich wusste nicht, wie ich das schaffen sollte.“
Die Mutter war berührt davon, sie ließ das Kind los, das erschöpft zu Boden sank und wandte sich dem Vater zu.

Das Erwachsenen-Ich konnte nun auf das innere Kind zugehen, es halten, da sein – voller Mitgefühl, den eigenen Schmerz spüren. Die Nähe schloss beide in die Arme.

✨Die Erkenntnis
Als ER selbst in die Aufstellung trat, spürte er zum ersten Mal, was er sein Leben lang getragen hatte. Diese unendliche Erschöpfung, die Trauer über den Verlust des Geschwisters und über das, was er nie bekommen hatte - nämlich wirkliche, echte und tiefe Nähe. Er begriff wie sehr ihm die Distanz geholfen hatte, nicht verschlungen zu werden. Und er konnte den Vater ansehen, seine eigene Sehnsucht nach dessen Nähe wahrnehmen. Diese Nähe hatte die Mutter all die Jahre verhindert – ihre Form, sich an ihrem Mann unbewusst zu rächen indem sie ihren Sohn festhielt und keinen wirklichen Kontakt zum Vater erlaubte.

✨Einige Wochen später
meldeten sich beide wieder. Sie waren erneut zusammen – und diesmal anders. Achtsamer. Liebevoller. Sie begannen, die Wunden des anderen nicht mehr als Bedrohung zu sehen, sondern als Teil der Geschichte, die in die Beziehung hineinwirkt.
Zwischen ihnen war etwas Neues entstanden. Eine spürbare Tiefe. Eine stille, heilsame Verbundenheit.

https://www.ifare.at
Sabine Griesebner (Wien)

👉 Wenn dich die Aufstellungsarbeit interessiert, melde dich gerne als Repräsentant\*in an:
https://www.ifare.at/seminare/

Bild: Brittany Collins Bailey (Pinterest)

Adresse

Laudongassse 42/4
Wien
1080

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