
30/09/2025
„Das sind überraschend gute Zwischenergebnisse eines sehr vielversprechenden Therapieansatzes. Sicher die besten Nachrichten seit Jahren auf diesem Gebiet. Wir müssen allerdings die wissenschaftliche Auswertung abwarten, um zu beurteilen, welche Huntington Patienten von dieser komplexen Strategie, die immerhin eine 10-stündige Gehirn-Operation umfasst, profitieren können.“ sagt PD Dr. Patrick Weydt, Vorsitzender des Europäischen Huntington Netzwerks (EHDN), Leiter der „Huntington-Ambulanz“ am Uniklinikum Bonn und Forscher am DZNE.
Hintergrund: Eine experimentelle Gentherapie hat den Verlauf der Nervenerkrankung Huntington verlangsamt. Das melden britische Forschende und ein US-niederländisches Pharmaunternehmen, das das neue Behandlungsverfahren entwickelt hat. Die aktuellen Befunde, die noch nicht unabhängig begutachtet wurden, gehen zurück auf 29 Patienten. Nach der Behandlung wurde ihre gesundheitliche Entwicklung für drei Jahre beobachtet. Den Berichten zufolge war bei ihnen der Krankheitsverlauf um 75 Prozent verlangsamt, verglichen mit einer Kontrollgruppe. Als Maßkriterium galt die „Unified Huntington’s Disease Rating Scale“, mit der sich die Symptomatik der Huntington-Erkrankung quantifizieren lässt. Werte eines Biomarkers, der den Verlust von Nervenzellen widerspiegelt, sprachen ebenfalls für eine wirksame Behandlung. Das Verfahren ist aktuell aber noch in der Testphase.
Huntington ist eine seltene, erblich bedingte Nervenerkrankung, die sich durch schwerwiegende Bewegungsstörungen und kognitive Beeinträchtigungen äußert. Auslöser dafür ist eine defekte Form des Proteins „Huntingtin“. Hier setzt die nun erprobte Therapie an: In einem mehrstündigen Eingriff wurden den Patienten maßgeschneiderte Viren ins Gehirn injiziert. Diese Viren machen nicht krank, sondern dienen als „Genfähren“, die in die Gehirnzellen den Bauplan für spezielle RNA-Moleküle dauerhaft einschleusen. Diese RNA-Moleküle sollen sich dann mit anderen Molekülen verbinden, die gewissermaßen Vorläufer des fehlerhaften Huntingtin sind. Die molekularen Aggregate werden dann von einem Enzym abgebaut, wodurch fehlerhaftes Huntingtin erst gar nicht entsteht. Diese Wirkung soll nach einer einmaligen Behandlung ein Leben lang andauern, so das Ziel. Andere Formen der Gentherapie gegen Huntington (auf der Grundlage sogenannter Antisense-Oligonukleotiden) hatten sich bislang als erfolgslos erwiesen.