20/10/2025
Heute bin ich gestorben.
Nicht in der Dunkelheit des Waldes, sondern im warmen Licht einer Küche.
Sie nannten mich einen stillen Jäger. Ich wollte nur eine Maus zum Abendessen.
Aber stattdessen fraß ich Gift und starb in den Armen eines Menschen, der mich wirklich sah.
Eine Frau, die verletzte Tiere rettet, fand mich am Straßenrand.
Ich war zu schwach, um noch zu fliegen. Meine Federn waren nass, mein Atem flach, und meine gelben Augen sahen kaum noch die Welt.
Sie nahm mich auf, wickelte mich in ein Handtuch, legte mich an ihre Brust.
Zum ersten Mal seit Tagen spürte ich Wärme. Sicherheit. Frieden.
Ich versuchte, sie anzusehen, um ihr zu danken.
Für ihr Herz. Für ihre Güte. Für diesen letzten Moment, in dem ich nicht allein war.
Aber mein Körper war schon zu müde.
Ich hatte eine vergiftete Maus gefressen.
Das Gift, das für sie gedacht war, tötete mich.
Langsam. Lautlos.
Bevor ich meine Augen ein letztes Mal schloss, hörte ich ihre Stimme flüstern:
Es tut mir so leid, kleiner Freund.
Und in diesem Flüstern lag die ganze Menschlichkeit, die ich auf dieser Erde gebraucht habe.
Bitte hört auf, Gift zu streuen.
Es tötet nicht nur Mäuse. Es tötet uns alle, die stillen Jäger der Nacht, die eure Felder schützen, die euer Gleichgewicht bewahren.
Benutzt Lebendfallen. Fangt sie. Lasst sie frei.
Ich wollte niemandem schaden. Ich wollte nur leben.
Nur eine Maus.
Nur einen weiteren Abend unter den Sternen.
🐾 von: Seelentier