06/04/2020
Kintsugi: Risse können veredeln....
Kennen Sie Kintsugi? Unter Kintsugi versteht man die japanische Reparaturkunst, nach der zu Bruch gegangene Keramikgegenstände mit Goldverbindungen wieder zusammengesetzt werden. Ein weiterer ergänzender Einfluss ist die japanische Wasabi-Ästhetik: Die Einfachheit und Wertschätzung der Fehlerhaftigkeit stehen im Zentrum dieser Philosophie. Statt wie häufig im Westen «Zu-Bruch-Gegangenes» direkt entsorgt wird, gehen die Japaner mit der zerbrochenen Vase, dem zerbrochenen Gefäss viel achtsamer und sorgsamer um. Mit akribischer Geduld werden die Scherben eines Gefässes gesammelt, gesäubert und sortiert, um anschliessend in einem vielstufigen und lang andauernden Prozess wieder zusammengesetzt zu werden. «Dazu wird der japanische Lack urushi in mehreren Schichten aufgetragen, wahlweise mit goldenen oder silbernen Pigmenten bestäubt und anschließend poliert. Die einst gebrochenen Stücke werden glatt und geschmeidig zusammengefügt und ergänzen sich zu einem neuen Ganzen, das in den meisten Fällen, der Schönheit des Originals in nichts nachsteht. Das Wichtigste an Kintsugi jedoch, ist laut Muneaki Shimode, einem Kintsugi-Meister aus Kyōto, nicht die physische Erscheinung des eigentlichen Objekts. Entscheidend sind die Schönheit und die Bedeutung, die der Betrachter durch das Objekt erfährt (Arauner, S. auf www.japandigest.de)
Kintsugi ist für mich von hohem Symbolwert in meiner Arbeit als Coach und psychologischer Berater. Das Leben hält für uns alle immer wieder neben Höhen auch Tiefschläge, Niederlagen und schwer verdauliche Nachrichten parat. Wir Menschen sind «am Boden zerstört», «erschüttert» und manchmal fühlt es sich ziemlich zerbrochen an. Wir sind fragile Wesen. Ob ein Mensch plötzlich schwer erkrankt, aus heiterem Himmel eine Kündigung erhält, einen Partner verliert oder einen anderen Verlust erleidet, er ist erst einmal am Boden zerstört und muss seine Wunden pflegen und sich neu zusammensetzen. Ob seelisch und/oder physisch verletzt, Verletzungen hinterlassen Narben. Ähnlich wie im Kintsugi kann ich meine Narben mit Goldverzierungen versehen. Ich stehe zu ihnen, nehme sie an und verstecke sie nicht. Sie sind und bleiben sichtbar und gehören zu mir... Vielleicht sind sie sogar wegweisend... .
«Scherben bringen Glück» oder ähnliche «think positiv-Sprüche» finde ich in diesem Zusammenhang allerdings zynisch, mit etwas Abstand und viel Verarbeitungszeit lassen sich aber vielleicht neue und andere Möglichkeiten entdecken.
sassenroth coachings
Martin Sassenroth
sassenroth coachings unterstützt Sie in den Bereichen Persönlichkeitsentwicklung, Führungs-Ausbildung, Organisations- und Kulturentwicklung.