
05/01/2020
Die Einsamkeit unterwegs
Die Kunst, sein Potenzial zu entfalten ist ja eigentlich nichts anderes, als zuzulassen, das zu werden, was Du in der Tiefe wirklich bist. Oder besser noch, gemeinsam das zu werden, wozu wir gedacht sind.
Wer sich ernsthaft aufmacht, herauszufinden wer er in der Tiefe ist, kommt unweigerlich mit der Angst vor der Einsamkeit in Berührung. Er kann sich in der Welt und in der Gesellschaft vielem nicht mehr anpassen. Er gehört nicht mehr dazu, wenn er die menschlichen unausgesprochenen, stillschweigenden Abkommen verrät, die wenig Einzigartiges und Ausserordentliches zulassen.
Mit den Konsequenzen in Berührung zu kommen, die ein ehrliches Schauen und wahrhaftiges Erforschen der eigenen Wahrheit mit sich bringt, macht häufig Angst. Angst, verloren zu gehen und unter den Menschen keine Heimat mehr zu finden, obwohl das, was vorher war, auch keine Heimat war - nicht wirklich.
Sich dieser Angst und der Einsamkeit zu stellen ist unausweichlich in der Kunst, sein Potenzial zu entfalten. Wie sollte ich der Liebe in mir Platz geben, wenn ich der Einsamkeit keinen Platz geben kann. Die Liebe ist ja das viel Grössere als die Einsamkeit.
Die Angst und die Einsamkeit erweisen sich als Wächter und Tore, die garantieren, dass wer dann mit der Liebe in Berührung kommt, wer im Ganzen und Grossen ankommen will, auch dazu ausgebildet und würdig ist. Dass er dieser Kraft auch wirklich begegnen, und richtig damit umgehen kann. Wenn wir sehen und verstehen, dass alles seine Richtigkeit und seinen Sinn hat, dann erleben wir die Einsamkeit und die Angst auch nicht mehr als Strafe, sondern als die stimmige Herausforderung.
Die Kunst, sein Potenzial zu entfalten bedeutet also vor allem, exakt zu schauen. Exakt schauen heisst, zum Beispiel auf die Angst schauen, wenn sie da ist. Und das wunderbare ist, wenn man in dieser Weise schaut, dass alles erblüht. Die Angst erblüht, bis sie ganz geworden ist, bis man sie ganz sieht und versteht. Bis man an dem Punkt ankommt, wo man für immer mit der Angst sein kann weil man sie IST. Und in diesem Erblühen kommt dann auch ihr verblühen. Sie findet ihr Ende in ihrem Ganz-werden. Und auf dieselbe Weise schaut man auch nach Aussen, in die Welt, auf die Anderen, und sieht die Zusammenhänge des Innern-nicht-geschauten, welches sich auswirkt in der Misere unseres Zusammenseins.
Es bekommt Raum, wächst wie eine Pflanze im Innern. Die Einsamkeit und was sonst noch als Hindernis vor dem Innern steht, blüht auf, und verlässt einen dann. Die Qualitäten des Inneren entfalten sich als Stille, Schönheit, Liebe. Letztlich jedoch unpersönlich und nicht wirklich fassbar. Die Freiheit.
Herzlich,
Rico und Rahel
www.potenzialentfalten.ch