Tierarztpraxis am Katharinenhof - Dr. Löffler

Tierarztpraxis am Katharinenhof - Dr. Löffler Haustierarztpraxis mit Schwerpunkt Orthopädie und Rehabilitation. Kleintierpraxis mit Schwerpunkt Orthopädie und Rehabilitation in Augsburg

15/11/2025

Achtung Tierheilpraktikerinnen!

Von Ralph Rückert, Tierarzt

In den letzten Artikeln habe ich mich mit pseudomedizinischen Auswüchsen IN DER TIERMEDIZIN beschäftigt. Obwohl sie damit überhaupt nicht angesprochen waren, haben sich dennoch sehr viele Tierheilpraktikerinnen getriggert gefühlt und entsprechend geäußert. Deswegen und auch aufgrund mehrfacher Bitten von Leser:innen hier jetzt also zum Abschluss der Serie noch ein Text zu Laienbehandlerinnen in der diffusen und gesetzlosen Peripherie der Tiermedizin.

Gleich zu Anfang drei Klarstellungen:

Erstens ist die Überschrift des Artikels zwar nicht direkt geklaut, aber doch bewusst angelehnt an den Titel des Buches „Vorsicht Tierheilpraktiker!“ des Wissenschaftsjournalisten Colin Goldner, für das ich auch fast 20 Jahre nach seinem Erscheinen Werbung machen möchte. Für alle, die sich eingehender über die pseudotiermedizinische Szene informieren möchten, ist das Buch nach wie vor eine klare Empfehlung.

Zweitens: Ich verwende bezüglich der „Berufsbezeichnung“ durchgehend die weibliche Form, einfach deshalb, weil es die Realität abbildet.

Drittens: Wenn sich Tierärztinnen oder Tierärzte in irgendeiner Form kritisch oder ablehnend gegenüber Tierheilpraktikerinnen äußern, wird gern und reflexartig Futterneid unterstellt. Dieser Vorwurf hat nach den vorliegenden wirtschaftlichen Daten keine wirkliche Grundlage. Es ist natürlich sehr schwierig, belastbare Zahlen für eine Branche zu ermitteln, die von staatlicher Seite überhaupt nicht erfasst oder reguliert wird. Trotzdem kann man als Faustzahl davon ausgehen, dass es knapp halb so viele selbständig arbeitende Tierheilpraktikerinnen gibt wie Tierarztpraxen und Tierkliniken, diese nicht gerade wenigen THPs aber maximal fünf Prozent des gesamten Tiergesundheits-Umsatzes generieren, was in meinen Augen keinen Anlass für irgendein wirtschaftliches Konkurrenzdenken darstellt.

Zu Anfang (und nicht zum ersten Mal) eine kurze Darstellung der rechtlichen Situation: Die Berufsbezeichnung „Tierheilpraktikerin“ ist weder staatlich geschützt noch irgendwie reguliert. Es interessiert den Staat nicht, ob sich jemand „Tierheilpraktikerin“ nennt. Dementsprechend können alle, die wollen, sich von heute auf morgen und ohne jeglichen Ausbildungsnachweis zu „Tierheilpraktikerinnen“ erklären, ein entsprechendes Schild an die Tür schrauben, eine Homepage online stellen und loslegen.

Logischerweise sind mit dieser in den Augen des Staates gar nicht existierenden Berufsbezeichnung keinerlei Rechte oder Privilegien verbunden, wie sie Tierärztinnen oder Tierärzte mit ihrer Approbation verliehen bekommen. Tierheilpraktikerinnen dürfen natürlich keine rezeptpflichtigen Medikamente oder Betäubungsmittel anwenden bzw. verschreiben, sie dürfen nicht röntgen, impfen oder operieren. Sie dürfen also mit Tieren genau nur das anstellen, was jede und jeder mit Tieren im Rahmen der tierschutzrechtlichen Regelungen anstellen darf, weshalb ich ja auch häufig den eigentlich zutreffenderen Begriff „Laienbehandlerinnen“ verwende.

Man kann natürlich, wenn man sich die Mühe machen und eine in der Regel nicht unbeträchtliche Summe (häufig im mittleren vierstelligen Bereich) aufbringen will, einen der vielen angebotenen Kurse belegen. Auch diese sind logischerweise in Bezug auf Qualität, Dauer und Inhalte in keinster Weise staatlich reglementiert, sagen dementsprechend auch rein gar nichts aus. Als Kundin oder Kunde einer Tierheilpraktikerin hat man absolut null Möglichkeiten, aus irgendwelchen „Abschlüssen“ irgendeine Qualifikation abzuleiten. Bei Human-Heilpraktikerinnen prüft der Staat immerhin in einer Art Minimalverfahren ab, ob die Kandidatinnen keine Gefahr für die allgemeine Gesundheit darstellen und wenigstens in der Lage sind, zum Beispiel meldepflichtige Erkrankungen zu erkennen. Obwohl es auch in der Tiermedizin meldepflichtige Krankheiten gibt oder auch welche, von denen Laien tunlichst die Finger lassen sollten, sieht der Gesetzgeber hier trotzdem keinen Handlungsbedarf.

Ein Zitat aus dem oben erwähnten Buch von Colin Goldner als Fazit:

„Gleichwohl der sogenannte Tierheilpraktiker veterinärmedizinisch zu nichts befugt und nur zu wenig befähigt ist – die entsprechenden Ausbildungsgänge an Tierheilpraktikerschulen vermitteln nicht mal die elementarsten Grundlagen zu einer auch nur ansatzweise ernstzunehmenden Heilbehandlung gleich welchen Tieres – darf er sich doch nach Belieben niederlassen und nach Gutdünken ordinieren. (…) Niemand stellt die Frage nach fachlicher Qualifikation, niemand überprüft die Praxisgepflogenheiten und niemand kann den Tierheilpraktiker für seine Ratschläge und Maßnahmen zur Rechenschaft ziehen.“

Meine persönliche Einstellung zu Tierheilpraktikerinnen hat sich über die vielen Jahre meiner Berufslaufbahn von strikter Ablehnung zu resignierter Gleichgültigkeit entwickelt, was aber nicht mit irgendeiner Akzeptanz verwechselt werden darf. Natürlich fände ich es gut und richtig, wenn wir die gleiche Gesetzeslage wie Österreich hätten, wo es ein auf Tierärztinnen und Tierärzte beschränktes Behandlungsprivileg für Tiere gibt. Ich habe aber akzeptiert, dass es dazu hier in Deutschland wohl nie kommen wird. Und wenn man sich als Tierarzt mal ganz ehrlich macht, so „behandeln“ Tierheilpraktikerinnen die Haustiere genau der Leute, vor denen es einem als Tierarzt sowieso ein Stück weit graust, also von denen, die darauf bestehen, dass ihr Tier mit unwirksamem Humbug traktiert wird, weil es ihrem eigenen Weltbild entspricht. Damit entlasten Tierheilpraktikerinnen das sowieso überlastete System der Tiermedizin und ermöglichen uns die Konzentration auf Fälle, die wirklich dringend effektive Hilfe benötigen.

Ich kann aber auch nachvollziehen, dass viele meiner Kolleginnen und Kollegen meine Gleichgültigkeit aus sehr guten Gründen nicht teilen wollen. Man kann selbstverständlich ganz gravierende tierschutzrechtliche Bedenken gegen das völlig unregulierte Treiben von Tierheilpraktikerinnen haben. Ich zitiere wieder Colin Goldner:

„Dass sie (Anm.: die Tierheilpraktikerinnen) sich dennoch und völlig ungeniert auf dem alternativen Heilermarkt breitmachen können, liegt an der insoweit völlig unzureichenden Rechtslage. Konsequent umgesetzter Tierschutz (…) müsste längst auch Schutz vor unzureichend qualifizierten Tierheilpraktikern bedeuten, die ohne die geringste Ahnung von seriöser Diagnosestellung, ohne Ahnung von Indikation und ohne Ahnung von klinisch wirksamen Heil- und Hilfsmaßnahmen mit irgendwelchen Pseudodiagnostik- und Pseudoheilverfahren herumdilettieren, die dem behandelten Tier im besten Fall nicht schaden, die aber eine Gesundheitsgefährdung mittelbar dadurch zur Folge haben können, dass das rechtzeitige Erkennen eines ernsten Leidens beziehungsweise der rechtzeitige Einsatz einer sinnvollen und verfügbaren Therapie womöglich verzögert wird, weil der Tierheilpraktiker über die hierzu erforderliche veterinärmedizinische Fachkenntnis nicht verfügt. Eine mittelbare Gefahr dieser Art besteht dabei besonders dann, wenn die tierheilpraktische Behandlung – vom Tierheilpraktiker selbst und/oder von dem Besitzer beziehungsweise Halter des jeweiligen Tieres – als Ersatz für eine tierärztliche Behandlung angesehen wird.“

Dass die von Goldner im letzten Satz angesprochene Gefahr keineswegs an den Haaren herbeigezogen ist, bestätigt sich schon allein dadurch, dass man in Social-Media-Tierhaltergruppen in den Kommentaren unter Symptomschilderungen sehr häufig den Ratschlag lesen kann: „Sofort zum Tierarzt oder zur Tierheilpraktikerin!“. Verblüffend viele Tierbesitzer:innen scheinen tatsächlich die Behandlung durch Tiermediziner:innen mit der durch eine Tierheilpraktikerin gleichzusetzen, was natürlich so weit neben der Spur ist, dass die Realität buchstäblich hinter dem Horizont verschwindet. Eine Tierheilpraktikerin hat im schlechtesten Fall null, im besten Fall ein paar Hundert Stunden (Fern-)Unterricht mit mehr als zweifelhaften Inhalten absolviert, eine Tierärztin hat dagegen über den Daumen gepeilt mehr als 10.000 Stunden Studium und Praktika plus drei Staatsexamen hinter sich gebracht, bevor sie ihre Approbation verliehen bekommt.

Auch das ganz reale Leben als Tierarzt bestätigt Goldners tierschutzrechtliche Bedenken. Jede Kollegin, jeder Kollege kann sofort mehrere Geschichten von Tieren aus dem Ärmel schütteln, deren Erkrankungen durch ewige „Vorbehandlungen“ von Tierheilpraktikerinnen verschleppt und verschlimmert worden sind, oft über den Punkt hinaus, wo man noch realistische Chancen auf eine erfolgreiche und medizinisch korrekte Therapie gehabt hätte. Würde der Gesetzgeber seine Verpflichtung, sich um alle Aspekte des Tierschutzes zu bemühen, wirklich ernst nehmen, so müsste er nach dem Beispiel Österreichs diesem Unwesen eigentlich ein Ende setzen. Da es dieser Staat aber nicht mal schafft, die von Humanheilpraktiker:innen ausgehende Gefahr anzuerkennen und sich endlich von einem Heilpraktikergesetz zu trennen, das absurderweise in seinen wesentlichen Teilen aus dem Dritten Reich stammt, ist mir sonnenklar, dass wir mit der Existenz von Tierheilpraktikerinnen wohl weiter werden leben müssen.

Meinen Kolleginnen und Kollegen rate ich deshalb zu meiner über viele Jahre mühsam gewonnenen resignierten Gleichgültigkeit, weil das wirklich die Nerven schont. So sehr es mich stresst, wenn abtrünnige Tierärzt:innen Patienten mit Heilverfahren traktieren, um deren Unwirksamkeit sie aufgrund ihrer intensiven und langen Ausbildung definitiv wissen müssten, so sehr kann ich die Verwendung pseudomedizinischen Unsinns durch Tierheilpraktikerinnen nachvollziehen. Was sollen sie auch anderes machen? Sieht man mal von der Pflanzenheilkunde, der Diätetik, der Physiotherapie und (mit gewissen Einschränkungen) der Akupunktur ab, haben Tierheilpraktikerinnen ja keinen Zugang zu tatsächlich wirksamen Heilverfahren. Wobei anzumerken bleibt, dass man auch mit Phytotherapie, Diätetik und Akupunktur viel Unheil anrichten kann, wenn man nicht weiß, was man tut, und davon ist halt nach der Absolvierung von ein paar Stunden Fernkursen leider auszugehen.

Denen, die immer mit fiebrigen Visionen einer Zusammenarbeit / Kooperation zwischen Tierärzt:innen und Tierheilpraktikerinnen um die Ecke kommen, kann ich nur sagen: Träumt weiter! Unter Berücksichtigung aller erläuterten Tatsachen ist schon allein der Gedanke vermessen und absurd, vergleichbar mit einer Forderung an Roger Federer, sich mit einer Immer-Samstags-eine-Stunde-Hobby-Tennisspielerin zusammenzutun, in der erklärten Absicht, das Mixed-Doppel in Wimbledon zu gewinnen.

Und für die, die jetzt wieder mit unzähligen Geschichten von schlechten Tierärztinnen und Tierärzten anfangen: Ich bin mir als Insider der Tatsache, dass es entsprechend der Gaußschen Verteilungskurve durchaus unterdurchschnittlich arbeitende Kolleginnen und Kollegen gibt, aber mal ehrlich: Selbst die haben in ihrem Leben schon mehr über Krankheiten, ihre Diagnose und Therapie vergessen, als eine Tierheilpraktikerin je wissen wird.

Dann an die gerichtet, die aktuell über eine „Karriere“ als Tierheilpraktikerin und die Buchung eines solchen „Fernstudiums“ nachdenken: Tun Sie es nicht! Wenn Sie die mehreren Tausend Euro, die für so eine Pseudo-Ausbildung fällig werden, gut anlegen, haben Sie später ganz sicher was davon, mindestens eine echt fette Urlaubsreise oder ein dickes Polster für eine notwendig werdende OP des eigenen Haustieres. Selbst wenn Sie das Geld im Aschenbecher verbrennen würden, gäbe das immerhin ein schönes Feuerchen und etwas Wärme, was in meinen Augen mehr wert wäre als so ein THP-„Fernstudium“. Kaufen Sie sich doch lieber ein handliches Taschenbüchlein (auf Amazon habe ich zum Beispiel „Hunde natürlich heilen: Homöopathie, Bachblüten, Schüßler-Salze & mehr“ gefunden, für nur 12,90 Euro). Das teuer bezahlte „ Zertifikat“, das Sie zum Abschluss Ihres „Studiums“ erhalten, könnten Sie sich – was seine Aussagekraft angeht - auch genau so gut von einer KI erstellen lassen und dann an die Wand hängen. Ich möchte fast wetten, dass selbst das niemanden interessieren würde.

Abschließend noch für die, die mich jetzt wieder als unerträglich arrogant bezeichnen: Wie immer bekommen Sie hier halt meine ehrliche und ungeschminkte Sichtweise zu tiermedizinischen Themen. Wem das nicht gefällt, muss sich meine Artikel ja nicht antun. Da ich meine Inhalte nicht monetarisiere, ist mir meine Reichweite ziemlich egal.

Ansonsten (und sicher bekannt): Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz! ;)

Bleiben Sie mir gewogen, bis bald, Ihr

Ralph Rückert

© Ralph Rückert
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13/11/2025
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13/11/2025

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06/11/2025

Auf dem Weg zu einer Fortbildung habe ich die Zeit im Zug für mein berufspolitisches Herzensthema genutzt. Daraus ist – wieder einmal – ein längerer Artikel geworden.
Bitte nehmen Sie sich einen Moment Zeit zum Lesen – das Thema betrifft auch Sie.

**Tierärzte unter der Lupe – Was die britische Wettbewerbsbehörde über Investoren in der Tiermedizin herausgefunden hat**

Ich mache seit Jahren kein Geheimnis daraus, dass ich der festen Überzeugung bin, dass die Tiermedizin nicht in die Hände von Finanzinvestoren gehört.
Das gilt im Übrigen für alle freien Berufe – Ärzte, Zahnärzte, Steuerberater und Rechtsanwälte – um nur einige zu nennen.

Es besteht die große Gefahr, dass der eigentliche Inhalt des freien Berufes, nämlich dem Nächsten zu helfen, dem Kommerz untergeordnet wird.

Die Rechnung ist einfache Grundschulmathematik:
Wenn bestehende Tierarztpraxen und Tierkliniken einen zusätzlichen organisatorischen „Wasserkopf“ mit hohen Personalkosten finanzieren müssen, geht das nur über wenige Wege:

Preise rauf

Kosten (Personalkosten!) runter

Synergieeffekte nutzen

Durchdringungstiefe erhöhen

Während sich die ersten beiden Punkte selbst erklären, erlauben Sie mir zwei Sätze zu den letzten beiden Punkten.

Ein Synergieeffekt könnte sein, dass Sie nicht zum nächsten oder für den Fall besten Tierarzt überwiesen werden, sondern zu einem Kollegen, der zum gleichen Investor gehört.

Eine hohe Durchdringungstiefe in der Wertschöpfungskette der Tiermedizin erreicht ein Investor, wenn er nicht nur Tierarztpraxen betreibt, sondern auch Überweisungskliniken, Einsendelabore und Tierkrematorien.
Wenn dieser Investor zusätzlich Geräte und Software für Tierarztpraxen und Tierkliniken vertreibt, erhöht sich die Durchdringungstiefe nochmals.
Futtermittel und Tierkrankenversicherungen könnten das Bild abrunden.

Ich denke, die Spannungsfelder und Interessenkonflikte sind offensichtlich und müssen nicht näher erläutert werden.

Diese Entwicklung nahm in Großbritannien ihren Anfang – und das Vereinigte Königreich ist Deutschland etwa fünf bis sieben Jahre voraus.
Und tatsächlich ist die Situation genau so gekommen, wie es die Skeptiker dieser Entwicklung befürchtet hatten.

Deswegen hat die britische Wettbewerbsbehörde, die Competition and Markets Authority (CMA), erstmals umfassend untersucht, wie fair der Markt für tierärztliche Leistungen tatsächlich funktioniert.
Das Ergebnis: Viele Tierhalter zahlen zu viel – und wissen es gar nicht.

Hintergrund der Untersuchung

Immer mehr Tierarztpraxen gehören großen Ketten oder Finanzinvestoren.
Diese sogenannten „Large Veterinary Groups“ (LVGs) betreiben inzwischen Hunderte Standorte in Großbritannien.

Die CMA wollte wissen:
– Hat diese starke Konzentration Folgen für Preise und Qualität?
– Können Tierbesitzer noch frei und informiert entscheiden, wohin sie gehen?
– Wie transparent sind Preise, Behandlungen und Medikamentenkosten?

Über 56 000 Tierhalter und Tierärzte haben geantwortet – so viele wie nie zuvor bei einer Marktuntersuchung dieser Art.

Die zentralen Erkenntnisse bislang

Preise steigen – Transparenz fehlt
Die Gebühren für tierärztliche Leistungen sind in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen.
Laut der britischen Wettbewerbsbehörde (CMA) wuchsen die durchschnittlichen Behandlungspreise zwischen 2016 und 2023 um 63 %, während die allgemeinen Dienstleistungspreise (Inflation) im gleichen Zeitraum nur um 32 % zunahmen.
Auch die Gesamtkosten eines ersten Behandlungsjahres („first-year treatment cost“) stiegen um 53 %.

Für Tierarztpraxen, die zu großen Konzernen gehören, liegen die Preise im Durchschnitt 16,6 % höher als in unabhängigen Praxen – mit einer Spannbreite zwischen rund 5 % und 25 %.

Viele Praxen veröffentlichen keine Preislisten, und Tierhalter erfahren häufig erst beim Bezahlen, was eine Behandlung kostet.
Nur wenige vergleichen aktiv Preise – oft aus Vertrauen oder Zeitdruck.

Große Ketten dominieren den Markt
Sechs große Konzerne (u. a. CVS, IVC, VetPartners, Medivet, Linnaeus, Pets at Home) besitzen inzwischen den Großteil der Kliniken.
Diese Gruppen kaufen unabhängige Praxen auf, behalten den alten Namen – und erhöhen danach schrittweise die Preise.
Laut CMA lässt sich dabei keine Verbesserung der Qualität feststellen.

Tierärzte verkaufen auch in UK Medikamente – meist teurer
Viele Behandlungen enden mit dem Verkauf von Medikamenten direkt in der Praxis.
Dabei dürfen Tierhalter sich in Großbritannien eigentlich ein Rezept ausstellen lassen und das Medikament woanders (z. B. online) günstiger kaufen – oft 20–30 % billiger.
Doch nur 16 % der Kunden in UK nutzen diese Möglichkeit.
Grund: Kaum jemand weiß, dass er ein Recht darauf hat.
Ein besonderes Schmankerl dabei ist die Tatsache, dass viele der Online-Apotheken wiederum ebenfalls Investoren gehören.

In Deutschland ist diese Situation rechtlich anders gelagert: Die Tierarzneimittelpreise sind gesetzlich reguliert.

Verträge und Zusatzangebote binden Kunden
Sogenannte „Pet Care Plans“ (monatliche Vorsorge-Abos) oder langfristige Verträge für Notdienste („Out-of-Hours-Services“) erschweren den Wechsel zu einer anderen Praxis.
Auch emotionale Faktoren – Vertrauen, Nähe, Sorge ums Tier – machen Tierhalter weniger preissensibel.
Der „Human-Animal-Bond“ und wie man diese emotionale Bindung in bares Geld umwandeln kann und sollte, war übrigens bereits vor etlichen Jahren in den USA auf einem der größten Tierärztekongresse mit über 16 000 Teilnehmenden ein Top-Thema.

Kremationen – es ist kaum ein Vergleich möglich
Viele Tierhalter kaufen in Großbritannien im Trauerfall direkt die Kremationsleistung über die Praxis.
Die CMA fand heraus: Hier werden oft hohe Aufschläge verlangt, ohne dass Tierbesitzer wissen, welche Alternativen es gibt.

Was die CMA kritisiert

Die Behörde kommt zu dem Schluss, dass der Markt nicht mehr fair und transparent funktioniert.
Tierhalter können Preise, Qualität und Eigentumsverhältnisse kaum vergleichen.
Das führt zu höheren Kosten für Tierhalter, verbunden mit weniger Auswahl an unabhängig agierenden Praxen und Kliniken.

Geplant sind daher:
– Pflicht zur Preisveröffentlichung (z. B. auf Praxiswebsites)
– Kennzeichnung der Eigentümerstruktur (Kette oder unabhängig)
– Bessere Information über Rezeptrechte (UK-spezifisch)
– Regeln für faire Vertragslaufzeiten bei Notdiensten
– Überprüfung der Rolle des Berufsverbands RCVS, der bisher nur Tierärzte, aber keine Unternehmen reguliert

Wie es in UK weitergeht

Die CMA sammelt derzeit Stellungnahmen von Tierärzten, Verbänden und Tierbesitzern.
Der Endbericht erscheint im Mai 2026 und soll konkrete Maßnahmen enthalten, um mehr Wettbewerb, Transparenz und Verbraucherschutz zu schaffen.

Was bedeutet das für Sie als Tierhalter in Deutschland?

Fragen Sie auch bei uns aktiv nach den Preisen und der zugrunde liegenden Leistung, wenn eine Behandlung ansteht.
Erkundigen Sie sich nach der Eigentümerschaft einer Praxis – ist sie wirklich unabhängig?

Bleiben Sie informiert und fragen Sie nach.
Nicht alles muss zwingend in einer (investorengeführten) Tierklinik durchgeführt werden.

Fazit

Die Untersuchung zeigt bislang sehr deutlich:
Transparenz, Fairness und Wettbewerb müssen auch in der Tiermedizin selbstverständlich bleiben – damit das Vertrauen nicht ausgenutzt wird und gute Tiermedizin weiter bestehen kann.

Herzliche Grüße und bis bald!
Dr. Klaus Sommer
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06/11/2025

Es ist kein Wunder, dass die Ägypter sie verehrten... und die Wissenschaft zeigt uns jetzt den Grund. 🐈‍

Das ist keine Mythologie; es ist moderne Biologie. Aktuelle Studien bestätigen, dass Hauskatzen nahe am Gipfel der biologischen Perfektion stehen.

Sie besitzen eine Wirbelsäule, die sich während eines Sprungs um 180° dreht, sofortige Reflexe, eine Sehkraft, die in der Dunkelheit sechsmal stärker ist als die des Menschen, und ein Gehör, das scharf genug ist, um Frequenzen jenseits des Bereichs der meisten Säugetiere wahrzunehmen – Katzen sind ein Wunderwerk der natürlichen Ingenieurskunst.

Ihr athletischer Herzrhythmus und ihre Gehirnstruktur, die überraschenderweise unserer ähnelt, hilft zu erklären, welche tiefe Verbindung wir mit ihnen teilen. 🧠💫

Ihre Meisterschaft geht über das Physische hinaus. Katzen navigieren ihre Welt mit einem präzisen emotionalen Bewusstsein und wissen instinktiv, wann der richtige Moment für Trost, Beobachtung oder den Rückzug in die Einsamkeit ist.

Sie verkörpern gleichzeitig die Rollen des Jägers, Beschützers und Trösters und finden eine seltene Balance zwischen rohem Instinkt und scharfer Intuition. Für Forscher sind Katzen ein Beispiel für den Höhepunkt des evolutionären Gleichgewichts: eine geheimnisvolle Mischung aus Kraft, Gewandtheit und tiefer Sensibilität.

Dies mag der Grund sein, warum die alten Ägypter sie als göttlich wahrnahmen. Jahrtausende später, in einem Zeitalter, das von Daten geprägt ist, behalten Katzen eine Aura des heiligen Mysteriums.

Es dient als Erinnerung daran, dass Perfektion nicht immer laut sein muss; sie kann auch das leise Schnurren in der Nähe sein, das beweist, dass Eleganz und Brillanz in denselben kleinen Pfoten koexistieren können.

04/11/2025

🦷 Neue Podcastfolge online!

Folge 10: Zahngesundheit und Prophylaxe bei Hund & Katze
Im Gespräch: Dr. Ingo Blanke & Journalistin Manuela Bauer

Zahnprobleme gehören zu den häufigsten, aber am meisten unterschätzten Erkrankungen bei Haustieren. In dieser Folge erfahrt ihr:

– Warum Zahnpflege entscheidend für die Gesundheit ist
– Ab wann ihr bei Hund und Katze auf die Zähne achten solltet
– Welche Rassen besonders betroffen sind
– Wie oft Kontrollen & Zahnreinigungen sinnvoll sind
– Ob Ultraschallzahnbürsten, Zahnpflege-Snacks & Co. wirklich helfen
– Warum manche Dental-Produkte sogar schädlich sein können
– Wie eine professionelle Zahnbehandlung abläuft und warum eine Narkose wichtig ist
– Tipps für Welpen & Kitten – Zähneputzen von Anfang an

Plus: Einblicke in Trends, Versicherungen & die Zusammenarbeit der mit dem .

🎧 Jetzt reinhören & abonnieren:
Auf unserer Website https://sohub.io/9nus und überall wo es Podcasts gibt.

Podigee: https://sohub.io/zdtf
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11/10/2025
24/09/2025
23/09/2025
17/09/2025

BTK warnt vor Online-Kauf von Tierarzneimitteln 💊
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Die Bundestierärztekammer (BTK) warnt eindringlich davor, Tierarzneimittel über das Internet zu bestellen. Zunehmend tauchen Präparate auf bekannten Online-Plattformen auf, deren Herkunft, Lagerung oder Inhaltsstoffe nicht überprüfbar sind.

Damit wächst die Gefahr schwerwiegender Folgen – sowohl für die Gesundheit der Tiere als auch für die Sicherheit der Menschen, die sie verabreichen. ⬇
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https://t1p.de/43cln

11/09/2025

Die ARD-Dokumentation „Leiden auf vier Pfoten“ (verfügbar in der ARD Mediathek, Ausstrahlung am 25.9. um 21 Uhr im SWR) rückt ein wichtiges Thema in den Fokus: Qualzucht bei Haustieren.
Wir sehen in unserem Klinikalltag leider zu häufig, wie sehr Tiere unter extremen Zuchtmerkmalen leiden – von Atemproblemen, neurologischen Erkrankungen bedingt durch verschiedene Malformationen in Gehirn und Wirbelsäule, bis hin zu chronischen Schmerzen in allen Gelenken und Hautproblemen. Diese Probleme entstehen durch falsche Zuchtentscheidungen und ein verschobenes Schönheitsideal.
Die Doku soll Aufmerksamkeit schaffen - und genau das ist entscheidend: Nur durch Aufklärung und bewusste Entscheidungen in Zucht und Haltung können wir das Wohl unserer Haustiere in den Mittelpunkt stellen.
Die Tierklinik Hofheim steht für Aufklärung, Prävention und Tiergesundheit – damit Leiden gar nicht erst entsteht.

https://www.ardmediathek.de/video/story/leiden-auf-vier-pfoten-zuechten-wir-unsere-haustiere-kaputt/swr/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzIyNjQ4MTg

31/08/2025

„Das schrieb ein Tierarzt“: Sehnsucht nach einer Zeit, die keiner mehr haben will

Von Ralph Rückert, Tierarzt

Dieser Text geistert gerade durch die sozialen Medien und findet recht starke Resonanz:

„Das schrieb ein Tierarzt.

Ende der 70er-Jahre habe ich einmal den Hals eines Hundes mit Angelschnur im Kofferraum eines Pickups genäht. Der Besitzer hielt eine Taschenlampe im Mund und weinte. Es gab keine Klinik, keinen sterilen Tisch, keine Betäubung – nur Selbstgebrannten. Trotzdem überlebte der Hund, und der Mann schickt mir bis heute Weihnachtskarten, obwohl sowohl der Hund als auch seine Frau längst gestorben sind.
Ich bin seit vierzig Jahren Tierarzt. Früher ging es darum, mit dem zu arbeiten, was man hatte. Heute füllen Versicherungs¬codes und Zahlungspläne den Tag, während im Nebenraum ein Tier um sein Leben kämpft. Ich dachte einmal, dieser Beruf diene dazu, Leben zu retten – heute weiß ich, dass es genauso sehr darum geht, das zusammenzuhalten, was auseinanderfällt. Meine erste Praxis war ein kleines Backsteingebäude an einer Schotterstraße. Das Dach leckte, der Kühlschrank ratterte, und die Heizung funktionierte nur selten. Aber die Leute kamen – Bauern, Fabrikarbeiter, Rentner, LKW-Fahrer. Sie baten um das Nötigste: eine Spritze, ein paar Stiche, ein würdiger Abschied, wenn die Zeit gekommen war. Wir wussten, wann es so weit war – und wir hielten sie, wenn sie gingen. Ich erinnere mich an meine erste Einschläferung – ein Schäferhund namens Rex, von einem Mähdrescher erfasst. Sein Besitzer, ein abgehärteter Kriegsveteran, knickte ein und flüsterte: „Du hast es gut gemacht, Junge.“ Dann bat er mich, es schnell zu tun. An diesem Abend saß ich bis zum Sonnenaufgang wach und begriff, dass dieser Beruf nicht nur um Tiere kreist – sondern um die Liebe der Menschen zu ihnen. Jetzt ist es 2025. Mein Haar ist weiß, meine Hände zittern, und die Praxis ist modern und makellos. Es gibt Marketingleute, die TikTok-Videos mit Patienten wollen, und Kunden, die eine Zweitmeinung von Influencern einholen. Es ist eine andere Welt. Manchmal denke ich an den Ruhestand, aber dann bringt ein Kind Kätzchen aus dem Schuppen seines Großvaters, oder ein dankbarer Besitzer bringt mir einen Kuchen, nachdem ich seinen Hund genäht habe. Manchmal ruft jemand nur an, um sich dafür zu bedanken, dass ich in stiller Begleitung bei ihm geblieben bin, als sein Tier starb.
Deshalb bleibe ich. Denn trotz Apps, Algorithmen und Formularen bleibt eines gleich: Menschen lieben ihre Tiere wie Familie. Diese Liebe zeigt sich in kleinen Gesten – eine zitternde Hand auf dem Fell, ein geflüstertes Lebewohl, ein erwachsener Mann, der in meinem Behandlungsraum zusammenbricht. In all den Jahren habe ich Tausende Leben gesehen – manche gerettet, andere nicht –, aber alle waren von Bedeutung. In einer verschlossenen Schublade in meinem Büro liegen Erinnerungen: Fotos, Halsbänder, Pfotenabdrücke, Kinderzeichnungen. Manchmal hole ich sie hervor, wenn es still ist, und erinnere mich daran, wie es war, bevor Bildschirme und Kreditprüfungen alles veränderten. Die wichtigste Lektion? Du kannst nicht alle retten. Aber du musst es versuchen. Und wenn es Zeit ist, sich zu verabschieden, bleibst du. Du schaust ihnen in die Augen und hältst sie, bis ihr letzter Atemzug den Raum verlässt. Das lernt man nicht an der Uni – das macht dich menschlich. Und ich würde es gegen nichts auf der Welt eintauschen.“

Das soll ein Kollege geschrieben haben? Glaube ich nicht! Wohl eher eine KI, und zwar erst mal auf Englisch. Die entsprechende Version ist nicht schwer zu finden. Dass wir es hier mit einer Übersetzung zu tun haben, merkt man ja gleich an der Erwähnung eines Pickups und eines „abgehärteten Kriegsveteranen“. Gerade die letztere Formulierung hätte im Deutschland der 80er Jahre niemand verwendet. Das englische Original ist deutlich länger und dadurch auch schlüssiger, wenn auch mit einem typischen KI-Fehler: Der Zeitrahmen haut nämlich nicht wirklich hin. Die Angelschnur-Pickup-Aktion wird auf 1979 oder 1980 datiert. Ein Stück weiter unten kommt dann – und das fehlt in der deutschen Version – die Aussage: „ I started in ’85. Fresh out of the University of Georgia, still had hair, still had hope.“

Ob auf Englisch oder Deutsch: Es fehlt jeglicher Hinweis auf den Autor.

Nun, wie auch immer, auf jeden Fall kommt das Posting sehr gut an, und zwar sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch. Ein paar zufällig ausgewählte Kommentare:

„Gänsehaut beim lesen und P**i in den Augen.“

„That's a true vet thank you for all the lives you saved and the ones you tried to save.“

„So sollte es sein. Der Text stimmt mich sehr traurig, weil diese Zeit niemals wiederkommen wird.“

„This will make you cry, it did me, but so true.“

„Wow ein Tierarzt mit Herz was leider vielen abhanden gekommen ist und nur das Geld des Besitzers sehen.“

„That was the most beautiful story I ever heard loved it.“

„Solche Tierärzte gibt es Heutzutage leider nicht mehr. Oder man muss Sie suchen wie die Nadel im Heuhaufen. Leider hat man oft das Gefühl, dass Sie jegliche Empathie zu Tieren und Menschen verloren haben. Hauptsache am Ende des Tages ist die Kasse voll.“

Diese angebliche Lebensgeschichte eines Kollegen trifft offenbar mitten ins Herz vieler Tierbesitzer:innen. Ich habe keinen Kommentar finden können, der das Ganze als das bezeichnet, was es eigentlich ist, nämlich KI-generierte, schmalzige und vorsätzlich tränendrüsenmassierende Nostalgie nach einer Zeit, die eigentlich kein denkender Mensch wirklich zurück haben will.

Wäre dieser Kollege real, würde er zur gleichen Tierärzte-Generation gehören wie ich. Er war 1985 mit dem Studium fertig, ich 1989. Er hat also jetzt 40 Jahre Beruf hinter sich, ich 36. Ein Unterschied: Ich habe Anfang dieses Jahres meine Praxis verkauft und bin – was meine Tätigkeit als Praxisinhaber angeht – gerne in den Ruhestand gegangen. Der fiktive Kollege denkt zwar manchmal an den Ruhestand, hält sich aber trotz zitternder Hände für unverzichtbar, wenn es darum geht, für kleine Kinder Kätzchen aus dem Schuppen eines Großvaters zu versorgen, der offenbar zu dämlich oder zu geizig für eine sowas verhindernde Kastration ist. Wie er habe auch ich sehr klein angefangen, mit einer Secondhand-Ausstattung, die oftmals nur von Leukoplast und Spucke zusammengehalten wurde. Auch ich habe in den ersten Jahren viel improvisieren und mit dem klar kommen müssen, was man halt so hatte.

Sehne ich mich zurück in diese Zeiten? Nun, allenfalls unter zwei Aspekten: Erstens hat es der Gesetzgeber in diesen 35 oder 40 Jahren geschafft, uns (und auch jeder anderen Branche) immer noch mehr Regelungen und damit verbundene Dokumentationszwänge aufzubürden, so dass wir nun, wo es wegen des Fachkräftemangels eigentlich auf jede Arbeitsstunde am Patienten ankommen würde, viel zu viel Zeit mit Verwaltung verbringen müssen, statt unseren eigentlichen Aufgaben nachzugehen. Und zweitens wünsche ich mir oft die psychische Verfassung zurück, die ich hatte, bevor ich einsehen musste, dass mindestens 20 Prozent meiner Mitbürger:innen nicht ganz bei Trost sind.

Aber davon abgesehen und unter rein medizinischen Gesichtspunkten: Nein, ich will absolut nicht zurück in die 80er oder 90er! Es besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen dem, was wir damals machen konnten, und dem, was wir heute für unsere Patienten tun können. Was in diesen Anfangszeiten echt Mist war, kommt im englischen Text zum Ausdruck, zwar sicher unabsichtlich, aber trotzdem sehr treffend.

„A shot here. A stitch there. Euthanasia when it was time. We used to use instinct. Now it’s all algorithms…“

„Eine Impfung hier, eine Naht da, Einschläferung, wenn es soweit war. Wir waren gewöhnt, unseren Instinkt zu nutzen. Heute geht es nur noch um Algorithmen…“

Ja, zumindest teilweise stimmt das. Ich will jetzt nicht maßlos übertreiben und diese Zeit als finsteres Mittelalter darstellen, aber man hat damals durch den Mangel, die Unüblichkeit oder die Unbezahlbarkeit bestimmter diagnostischer Methoden in der Tiermedizin einfach noch sehr häufig rein symptomatisch behandelt, ohne überhaupt genau zu wissen, was man da tut. Und ja, viele Entscheidungen wurden mangels anderer Erkenntnismöglichkeiten einfach aus dem Bauch heraus getroffen. Aber „Instinkt“ und „Bauchgefühl“ sind in einer Medizin, die den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, sehr unzuverlässige Ratgeber und zudem extrem erfahrungsabhängig. Heute gibt es Algorithmen, Entscheidungsbäume, Leitlinien, und das ist auch gut so, weil solche gedanklichen Hilfsmittel dafür sorgen, dass durchschnittliche Mediziner:innen zuverlässig erfolgreich agieren können, was wiederum für die Patienten einen enormen Gewinn darstellt.

Ich verstehe den Reiz der Nostalgie durchaus. Ach, die gute alte Zeit, als das alles noch nicht so verdammt kompliziert und so entsetzlich teuer war! Die Frage ist nur: Wie verträgt sich das denn mit Ihren Ansprüchen als Tierbesitzer:innen? Wollen Sie wirklich wieder so einen Tierarzt, dem alles, was über eine Impfung, eine Wundnaht oder eine Euthanasie hinaus geht, ein Rätsel ist, und der nach dem Motto arbeitet: „Hm, was hat das Tierchen denn? Ach, jetzt geben wir ihm halt erst mal ein Antibiotikum, und wenn das nicht hilft, dann Kortison. Oder vielleicht ein Homöopathikum? Wird schon wieder werden!“. Auf diese Weise sind noch in den 90ern viele Hunde mit akutem (auch blutigem) Brechdurchfall behandelt worden. Das war natürlich superbillig. Und viele sind dadurch bzw. trotzdem auch wieder geworden. Aber halt so einige leider nicht. Heute löst ein akuter, hämorrhagischer Brechdurchfall eine sofortige diagnostisch-therapeutische Lawine aus, die von der Allgemeinuntersuchung über Blutanalyse und Röntgen bis zum Abdomen-Ultraschall führt. Die auf der Basis dieser Untersuchungen eingeleitete Therapie kommt oftmals sowohl ohne Antibiotika als auch ohne Kortison klar, macht insgesamt viel mehr Sinn und kuriert auch deutlich mehr Patienten als früher. Aber: Das alles ist natürlich um ein Vielfaches teurer als das „instinktgesteuerte“ und denkfaule Rumgepfusche früher. Sie müssen sich entscheiden: Wollen Sie wirklich den alten, billigen Tierarzt aus dem Text wieder haben, der außer Antibiotika, Schmerzmittel und Kortison nicht viel im Schrank stehen hat, der alles aus dem Bauch heraus entscheidet und keinen Bedarf an weitergehender Diagnostik hat, weil ihn sowas wie Algorithmen sowieso überfordert? Können Sie haben, die gibt es nach wie vor. Nicht mehr allzu häufig, aber durchaus noch zu finden.

Oder haben Sie den Anspruch, dass wirklich ermittelt wird, was Ihrem Tier fehlt, und dass dann eine nachweislich hilfreiche Therapie eingeleitet wird? Dann werden Sie sich damit abfinden müssen, dass das alles nun mal nicht billig und auch nicht so kuschlig-anheimelnd sein kann, wie im Text so attraktiv beschrieben. Der KI-Kollege schreibt am Ende: „Die wichtigste Lektion? Du kannst nicht alle retten.“ Das stimmt nach wie vor, aber wir retten heutzutage halt viel, viel mehr unserer Patienten als früher. Dafür braucht es aber nun mal Algorithmen, Entscheidungsbäume, Leitlinien, Spezialistinnen und Spezialisten und auch eine Maschinerie! Der Kontakt mit solchen auf Ergebnisse getrimmten Maschinerien ist aber leider nicht mehr so warm und plüschig wie der ergraute Gemischtpraktiker in seiner Einzelpraxis, der zwar im persönlichen Kontakt ein mega angenehmes Gefühl vermittelt, aber letztendlich nix so richtig blickt und nach einer Nacht bei einer kalbenden Kuh grad sowieso nicht weiß, wo vorne und hinten ist.

Auch in einer anderen Hinsicht möchte ich nicht mehr zurück in die „guten, alten Zeiten“. Es gibt Kommentare, in denen das so richtig knackig zum Ausdruck kommt:

„Ach, wie schön! So einen fantastischen Tierarzt hatten wir auch, immer das Tier im Blick und nicht den Geldbeutel, immer erreichbar, auch nachts und am Wochenende! Nach seinem leider viel zu frühen Tod haben wir nie mehr so einen Tierarzt finden können!“

Oder:

„Lieber Rainer, genau so ein Tierarzt warst du auch! Warum du schon mit 65 am Behandlungstisch in deiner Praxis dein Leben gelassen hast, werden wir niemals verstehen!“

Für meine Generation ist das ein Klassiker: Arbeiten, arbeiten, noch mehr arbeiten, tot! Der KI-generierte Kollege, ich und die anderen Boomer können sich als Überlebende dieses Konzepts verstehen. Die Verluste waren hoch, ob nun durch zu frühe Erkrankung, Arbeitsunfähigkeit und Tod oder durch oft ganz stille Suizide. Nein, ich will nicht zurück in diese Zeiten mit ihrem erbarmungslosen Konkurrenzkampf gegen viel zu viele andere Kolleginnen und Kollegen, mit ihren ebenso erbarmungslosen Tierbesitzer:innen, die sich über 24/7-Erreichbarkeit und 80-Stunden-Wochen nicht nur gefreut, sondern sie gefordert und erwartet haben, und mit ihrer absolut unzureichenden Bezahlung auf allen Ebenen.

Es wird ja immer gefordert, dass für uns Tierärztinnen und Tierärzte „das Tier an erster Stelle stehen müsse“ und wir unter dieser Prämisse so billig zu sein hätten, dass sich jede und jeder ein Tier leisten kann, dass wir zur Not auch umsonst zu behandeln hätten und uns im Bemühen um jederzeitige Erreichbarkeit gefälligst ohne Rücksicht auf uns selbst und unsere Familien zu Tode schuften müssten, weil wir ja ansonsten sowieso unseren Beruf verfehlt hätten. Diese KI-generierte und einem nicht existenten Kollegen untergeschobene Herzschmerz-Schnulze ist natürlich Wasser auf die Mühlen von Leuten, die solche Forderungen erheben.

Ich sage dazu: Nein! Das Wohl meiner Patienten hatte und hat für mich – wie für jede gute Tierärztin und jeden guten Tierarzt – eine sehr hohe Priorität. Es steht aber absolut nicht über meiner eigenen psychischen und physischen Unversehrtheit und auch nicht über dem Wohl meiner eigenen Familie. Wer nicht im Lauf seines Berufslebens lernt, entsprechende Grenzen zu ziehen, wer sich ohne Rücksicht auf eigene Verluste solchen maßlosen Forderungen beugt und sein Berufsleben so führt wie der fiktive Kollege, dem wird auch das allgemeine (und billige!) Beifallgeklatsche nicht viel bringen, wenn er am Ende vor einer dysfunktionalen Familiensituation steht, in der Klapse oder im Krankenhaus landet oder gar früh über die Wupper geht.

Den allermeisten von uns liegen unsere Patienten sehr am Herzen. Viele von uns geben sehr viel von sich für diese Patienten. Aber wir sind nicht mehr bereit, dabei in der Form bis zur Selbstaufgabe zu gehen, wie es in dem Text beschrieben wird.

Alle, denen bei dem Gesülze vor Rührung und Nostalgie die Tränen kommen, müssen sich halt Gedanken darüber machen, was sie eigentlich wollen: Warme Stimmung, einen alten, zittrigen Tierarzt, der sich zwar aufopfert, aber nach heutigen Maßstäben fachlich völlig abgehängt ist, der nach wie vor stur jährlich die Vollimpfung in den Hund oder die Katze schießt, der alles kastriert, was nicht bei drei auf dem Baum ist und der viel mehr Patienten als wirklich nötig (natürlich unter größtem Mitgefühl!) euthanasieren muss, weil er ihnen mit seinen sehr begrenzten Fähigkeiten und Kenntnissen nicht helfen konnte, oder die heutige Form der Tiermedizin, die zwar viel teurer, oft unpersönlicher und kälter, aber auch um Welten effektiver ist als vor 35 oder 40 Jahren. Beides geht nicht! Wie gesagt: Wer es unbedingt billig und einfach haben will, kann solche Saurier mit etwas Mühe nach wie vor finden, darf sich dann aber nicht beklagen, wenn das in einer Situation, wo es auf den aktuellen Stand der Kunst ankommt, völlig in die Hose geht und der vierbeinige Freund tot ist. Aber dann kann man sich ja von diesem Kollegen mit dem Herz am rechten Fleck wunderbar trösten lassen.

Bleiben Sie mir gewogen, bis bald, Ihr

Ralph Rückert

© Ralph Rückert
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Tierärztliche Rehabilitation für Kleintiere und Pferde - mobiler Service für Schwaben und Mittelfranken mit Standort in Augsburg-

Das Wort Rehabilitation kommt aus dem Lateinischen und bedeutet “ Wiederherstellung”. Damit kann nun zum einen die Wiederherstellung im physischen Sinn nach Operation oder Verletzung gemeint sein oder zum anderen unter ganzheitlicher Betrachtung auch zur psychischen Gesunderhaltung beitragen.

Manuelle Therapiemöglichkeiten haben mich bereits während des Studiums der Veterinärmedizin fasziniert. Doch zuerst wollte ich das theoretische Wissen des Studiums auf eine solide Basis stellen und habe mehrere Jahre im Pferde- und Kleintierbereich als Tierärztin praktiziert. Mittlerweile liegt mein tierärztlicher Schwerpunkt bei den Kleintieren.

Bestärkt von den positiven Erfahrungen am eigenen Körper, habe ich mich ausführlich mit den verschiedenen manuellen Behandlungsmethoden auseinandergesetzt und darin weitergebildet. Den Grundstein hat die exzellente Ausbildung an der International Academy of Veterinary Chiropractic gelegt, gefolgt von verschiedenen osteopathischen Weiterbildungen.