
21/09/2025
Für eure Kollegen und Chefs als kleine Motivation:
Ein Ort zum Innehalten – Das Palliative-Care-Retreat in der Toskana
Die ersten Sonnenstrahlen tasten sich über die Hügel bei Bibbona, zarte Nebel liegen noch in den Tälern. Im Retreat-Haus ist es still; nur vereinzelt klirren Tassen in der Küche. Wer hier ankommt, bringt vieles mit: Verantwortung, Fragen, Geschichten – und oft eine Müdigkeit, die tief unter die Haut reicht. Genau dafür ist dieser Ort gedacht: Zeit und Raum, um auszuatmen, aufzutanken, sich wieder zu spüren.
Bereits zum vierten Mal hat die Palliativakademie Bamberg ihr Palliative-Care-Retreat in der Toskana ausgerichtet – in den Ville Gelsi von Paola Vincenzi, kulinarisch umsorgt von den Fratelli Rocchi in der Locanda Le Giunche. Das Team um Tatjana, Sabine, Philipp und Jörg empfängt die Teilnehmenden mit einer Mischung aus Professionalität und Herzenswärme, die sofort spürbar macht: Hier darf alles Platz haben.
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Ankommen: Wenn die Schultern sinken
Der erste Morgen beginnt schlicht: ein kräftiger Caffè, ein kurzer Lauf über die staubigen Schotterwege, dann Qi Gong im Garten. Schon in diesen Minuten geschieht, was im Klinik- und Pflegealltag so selten ist: Die Schultern sinken. Der Blick wird weit. Das Tempo findet ein neues Maß.
In den Seminareinheiten geht es um das „MEER IN MIR“ – um ethische Fragestellungen und innere Ressourcen, die Palliativbegleitung tragen. Gruppenarbeiten öffnen Perspektiven, strukturieren Erfahrung, geben Worte. Am Nachmittag führt der Weg ans Meer: Achtsamkeit, Resilienz, Entschleunigung – nicht als Modeworte, sondern als Übung, die sich im Salz auf der Haut, im Rhythmus der Wellen erdet.
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Fühlen, ohne zu zerbrechen
Die Abende gehören den Geschichten. Ein Film über das letzte Lebensjahr eines Menschen, unterlegt mit Bildern und Musik der Betroffenen, lässt den Raum eine Zeit lang sprachlos – nicht leblos. Ein Teilnehmer erzählt von der Begleitung eines freiwilligen Nahrungs- und Flüssigkeitsverzichts; die Gruppe spürt das Ringen, die Liebe, die Zweifel. Später, im Kamingespräch, wird das Erlebte behutsam sortiert. Es darf wehtun. Es darf heilen.
Solche Momente sind das Herz des Retreats. Fühlen, ohne zu zerbrechen. Geben, ohne zu erschöpfen. Aushalten, ohne zu kollabieren. Und: Dasein, ohne Maske.
„Gib mir die Hand und lass uns weitergehen…
Schau nicht zurück, es gibt noch so viel Schönes zu sehen.“
— Franziska K.
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„Kul-Tour“: Verbundenheit mit Land und Leuten
Wie in den vergangenen Jahren führt ein Tag hinaus in die umliegenden Bergdörfer. Es ist eine „Kul-Tour“ im besten Sinn: Geschichte, Geschichten, Gespräche. Man hört von Ritualen des Abschieds, von gelebter Solidarität, vom Alltäglichen zwischen Ernte und Feiertag. Und dann passieren diese unverhofften Geschenke: die spontane Begegnung mit dem Marchese Ginori Lisci und seiner Frau, die der cura palliativa offen danken – ein Moment, der den Blick weitet und die eigene Arbeit auf leise Weise adelt.
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Sehen lernen: Mikromimik & Medical Facereading
Gegen Ende der Woche schärfen Mikromimik und Medical Facereading den Blick: feine Signale erkennen, Bedürfnisse zwischen den Worten lesen, Nähe gestalten, ohne zu überrollen. Was im Seminarraum beginnt, setzt sich im Miteinander fort – in stärkenden Rückmeldungen, im achtsamen Schweigen, im Humor, der immer wieder aufblitzt.
Mit der Dankbarkeit mischt sich Wehmut: Wie lässt man so eine Woche los? Vielleicht, indem man sie mitnimmt – als Haltung. Als stillen Kompass im Stationszimmer. Als innere Bank am Meer.
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Ermöglicht durch starke Partner – und ein Signal der Wertschätzung
Dass solche Wochen möglich sind, hat auch mit Unterstützung zu tun. Zwei Teilnehmerinnen konnten dank des Vereins „Palliativmedizin ist Lebensmedizin“ dabei sein, eine weitere erhielt ein Stipendium der Erika und Karl Munzer Stiftung. Das ist mehr als finanzielle Hilfe – es ist ein Bekenntnis zur Relevanz von Palliative Care, zu Menschen, die sie tragen.
Für Arbeitgeber ist das Retreat ein starkes Signal der Wertschätzung: Man schickt Mitarbeitende nicht „weg“, sondern auf den Weg – zu Resilienz, fachlicher Schärfung und persönlicher Klarheit. Wer so investiert, bekommt Teams zurück, die präsenter sind, empathischer kommunizieren, klüger Prioritäten setzen und Belastung nachhaltiger regulieren. Kurz: Patient:innen profitieren, Teams stabilisieren sich, Fluktuation sinkt.
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Ausblick 2026: Das 5. Palliative-Care-Retreat
Kaum ist die vierte Ausgabe verklungen, beginnen die Vorbereitungen für das Jubiläum:
12.–19. September 2026 • 5. Palliative-Care-Retreat in der Toskana • akkreditiert durch die BLAEK
Neue Elemente zeichnen sich ab – unter anderem in Gesprächen mit Prof. Wehkamp: „Tanz als Ausdruck von Trauer und Schmerz, aber auch von Kraft und Linderung“. Bewegung als Sprache dort, wo Worte raren. Daneben bleibt, was dieses Retreat ausmacht: fachliche Tiefe, erprobte Methoden, eine klare Struktur – und genügend Raum für das, was nur in Stille wachsen kann.
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Für wen ist dieses Retreat?
• Pflegefachpersonen, Ärzt:innen, Psycho-, Sozial- und Seelsorge-Professionals in Palliative Care
• Berufseinsteiger:innen und Erfahrene, die ihre Haltung schärfen und Ressourcen stärken wollen
• Teams, die gemeinsam an Bindung, Kommunikation und Selbstfürsorge arbeiten möchten
Was Sie mitnehmen:
• tragfähige Achtsamkeits- und Resilienzpraktiken für den Alltag
• geschärfte Wahrnehmung (Mikromimik, Medical Facereading)
• Tools für Ethik-Reflexion und Teamkommunikation
• ein Netzwerk, das auch nach der Woche trägt
• und vor allem: Erlaubnis zur Entschleunigung
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Wo schlägt Ihr Platz zur Entschleunigung Wurzeln?
Zwischen Zypressen und Olivenhainen, im warmen Licht der Abendsonne, dort, wo die Zeit nicht stillsteht, aber sanfter wird. Wer einmal erlebt hat, wie es sich anfühlt, am Meer die eigene Arbeit neu zu verankern, weiß: Diese Woche ist kein Luxus. Sie ist Pflege – für jene, die pflegen.
SAVE THE DATE
📅 12.–19. September 2026
📍 Ville Gelsi, Region Bibbona/Guardistallo, Toskana
🎓 Akkreditiert durch die BLAEK
🤝 Mit der ausdrücklichen Unterstützung von Partnern wie dem Verein „Palliativmedizin ist Lebensmedizin“ und der Erika und Karl Munzer Stiftung
Interesse? Melden Sie sich frühzeitig an – die Plätze sind bewusst begrenzt, damit der Raum bleibt, der alles möglich macht: Innehalten. Vertiefen. Wachsen.