03/08/2025
Aus dem Newsletter von Jan Gysi:
Eine aktuelle Studie von Riedl et al. (2025) liefert erstmals empirische Daten zu langfristigen Symptomverläufen nach psychodynamischer stationärer Traumatherapie im Rahmen einer multimodalen psychosomatischen Rehabilitation bei Patient:innen mit komplexer PTBS (kPTBS) nach ICD-11.
Untersucht wurden 126 Patient:innen in einer spezialisierten Klinik in Österreich. Die Behandlung erfolgte über sechs Wochen in einem integrativen Setting und zeigte nachhaltige Effekte – sowohl unmittelbar nach dem Aufenthalt als auch im 12-Monats-Follow-up.
Therapeutisches Konzept:
Die stationäre Behandlung war psychodynamisch fundiert und eingebettet in ein multiprofessionelles, multimodales Setting. Der integrative Ansatz basierte auf vier Grundpfeilern:
Psychodynamisch-beziehungsorientierte Therapie:
Symptome werden im Kontext aktueller und früherer Beziehungserfahrungen verstanden; Ziel ist die Verbesserung von Selbst- und Beziehungserleben.
Ressourcenaktivierung:
Förderung innerer Stärken, positiver Objektbeziehungen und Bewältigungskompetenzen (z. B. durch imaginative Verfahren wie „sicherer Ort“).
Neurobiologische Fundierung:
Verbesserung von Affektregulation und Verarbeitung dysfunktionaler Erinnerungen mit traumaspezifischen Methoden.
Achtsamkeit gegenüber Sekundärtraumatisierung bei Behandelnden
Zusätzlich zu multimodalen Gruppenangeboten (z. B. Entspannung, Ergotherapie, Ressourcenarbeit) erhielten Betroffene wöchentliche Einzelpsychotherapie (60 Min) und traumaspezifische Gruppentherapie (2 × 90 Min/Woche) durch psychodynamisch geschulte Therapeut:innen.
Zentrale Ergebnisse:
Signifikante und langfristig stabile Reduktion aller kPTBS-Symptome, auch ein Jahr nach Entlassung
Besonders starke Verbesserungen bei Patient:innen mit hoher Ausgangssymptomatik
Die ICD-11-Diagnosekriterien erwiesen sich als klinisch praktikabel zur Symptomverlaufserfassung
Dies ist laut Autor:innen die erste Studie, die Langzeitverläufe nach psychodynamischer stationärer Traumatherapie bei kPTBS dokumentiert
Klinische Relevanz:
In dieser Studie berichteten die Teilnehmenden über substanzielle, langanhaltende Verbesserungen sowohl traumabezogener als auch komorbider Symptome (z. B. Depression, Angst) nach einem multimodalen, psychodynamischen stationären Rehabilitationsprogramm. Verbesserungen im epistemischen Vertrauen wurden als potenzieller Wirkfaktor identifiziert. Dieses Vertrauen kann als gemeinsamer und transdiagnostischer salutogener Mechanismus verstanden werden, den die therapeutische Allianz in psychosomatischen und anderen psychotherapeutischen Ansätzen vermittelt.
Riedl, D., Thaler, J., Kirchhoff, C., Kampling, H., Kruse, J., Nolte, T., ... & Lampe, A. (2025).
Long‐Term Improvements of Complex Post‐Traumatic Stress Disorder (CPTSD) Symptoms After Multimodal Psychodynamic Inpatient Rehabilitation Treatment–An Observational Single Center Pilot Study.
Journal of Clinical Psychology.
Background Complex post-traumatic stress disorder (CPTSD) is a severely disabling mental health condition, frequently observed in survivors of prolonged, repeated or multiple traumatic stressors. Wh...