19/07/2025
Der Sinn der Stammzelltherapie in der Orthopädie: Hoffnung für beschädigtes Gewebe
Die Orthopädie ist ein Fachgebiet, das sich mit Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparates beschäftigt – also Knochen, Gelenke, Muskeln, Sehnen und Bänder. In den letzten Jahren rückt eine innovative Behandlungsmethode zunehmend in den Fokus: die Stammzelltherapie. Sie gilt als vielversprechende Option zur Regeneration von geschädigtem Gewebe – besonders dort, wo klassische Therapien an ihre Grenzen stoßen.
Was ist Stammzelltherapie?
Stammzellen sind sogenannte undifferenzierte Zellen, die sich in verschiedene Zelltypen entwickeln können – etwa in Knorpel-, Knochen- oder Muskelzellen. Sie sind natürlicherweise im menschlichen Körper vorhanden, besonders im Knochenmark, im Fettgewebe (adipöses Gewebe) oder im Nabelschnurblut. In der orthopädischen Stammzelltherapie werden meist mesenchymale Stammzellen (MSCs) verwendet, die sich besonders gut in Knorpel-, Knochen- und Bindegewebe differenzieren können.
Anwendungsgebiete in der Orthopädie
Die Stammzelltherapie wird aktuell in mehreren Bereichen der Orthopädie untersucht oder angewendet, insbesondere bei:
• Arthrose (Gelenkverschleiß): Ziel ist es, Knorpelgewebe zu regenerieren und die Entzündung zu hemmen.
• Knorpeldefekte und Meniskusschäden: Stammzellen könnten helfen, das Gewebe strukturell zu reparieren.
• Sehnen- und Muskelverletzungen: Beispielsweise bei chronischen Achillessehnenreizungen oder Muskelfaserrissen.
• Knochenheilung: Bei schlecht heilenden Knochenbrüchen (Pseudarthrosen) oder nach komplexen Frakturen.
Wie läuft die Therapie ab?
In der Regel erfolgt die Entnahme der Stammzellen aus dem eigenen Körper (autologe Therapie), meist durch:
• Knochenmarkpunktion (z. B. aus dem Beckenkamm)
• Liposuktion (Entnahme von Fettgewebe, z. B. aus dem Bauchbereich)
Die Zellen werden anschließend aufbereitet und meist konzentriert in das betroffene Gewebe injiziert, beispielsweise direkt ins Kniegelenk. Begleitend kann auch PRP (Platelet-Rich Plasma) eingesetzt werden, um das regenerative Milieu zu verbessern.
Wissenschaftliche Evidenz: Hoffnung mit Einschränkungen
Die klinische Forschung zur Stammzelltherapie in der Orthopädie ist vielversprechend, aber noch nicht vollständig abgeschlossen. Einige Studien zeigen Schmerzlinderung, verbesserte Gelenkfunktion und in manchen Fällen Knorpelregeneration, besonders bei Patienten mit frühen bis mittleren Arthrosestadien.
Allerdings gibt es Einschränkungen:
• Langzeitdaten fehlen in vielen Fällen.
• Standardisierte Verfahren zur Zellaufbereitung und Dosierung existieren bislang kaum.
• Nicht jede Indikation eignet sich gleichermaßen gut.
Die Therapie gilt in vielen Fällen noch als experimentell, auch wenn sie zunehmend in spezialisierten orthopädischen Zentren angeboten wird.
Vorteile der Stammzelltherapie
• Minimalinvasiv: Meist Injektion statt Operation
• Autolog: Keine Abstoßungsreaktionen
• Regenerativ statt symptomatisch: Fokus liegt auf Heilung, nicht nur Schmerzlinderung
Risiken und Kosten
Die Risiken sind gering, da körpereigene Zellen verwendet werden. Infektionen oder lokale Reaktionen sind selten. Die größten „Risiken“ liegen aktuell eher in der unklaren Wirksamkeit bei fortgeschrittener Arthrose und den oft hohen Kosten – die meist nicht von gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.
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Fazit: Viel Potenzial – aber noch nicht für alle
Die Stammzelltherapie in der Orthopädie bietet enormes Potenzial, insbesondere für jüngere Patienten mit begrenztem Gewebeschaden, die Operationen vermeiden oder hinauszögern möchten. Sie eröffnet einen neuen Weg: weg von rein symptomatischer Behandlung, hin zu biologischer Regeneration. Dennoch sind wissenschaftliche Standards, Langzeitstudien und klar definierte Indikationen notwendig, um die Therapie breit und verantwortungsvoll in der klinischen Praxis zu verankern.