17/10/2024
Einen wunderschönen Donnerstag, Ihr Lieben, heute scheint das Wetter zu passen und uns auf ein Indian Summer - Wochenende einzustimmen, wer immer kann, möge sich die Sonne noch einmal um die Nase scheinen lassen, es sind genussvolle Tage rund um das Ernteende und trotzdem merkt man langsam, wie das Jahr sich dem Ende entgegenneigt.
Heute noch einmal ein bisschen trockenen Stoff, weil es so wichtig ist, dass alle verstehen, was mit ihren Daten passiert. Alles das, was man hier nachlesen kann, ist im Übrigen quellenbasiert und kann jederzeit nachgelesen werden, wir haben uns da nichts ausgedacht und nur wenig interpretiert (was auch gar nicht notwendig ist, ist es doch mehr als offensichtlich, worum es bei der großen Telematikinfrastruktur geht). Macht Euch also bereit für
Teil IV der Schreckensdokumentation ePA der Hausärzte Burgpreppach...
Wir knüpfen an den gestrigen Beitrag an und checken weiter den Glauben an das Gute im Menschen...
Du denkst: Dann werden doch wohl diese Semantischen Technologien nur bei den PatientInnen angewendet, die Ihre ePA für die Forschung frei gegeben (gespendet) haben
Es ist anders:
Die Anwendung der semantischen Datenverarbeitung auf nahezu alle im Gesundheitswesen anfallenden Daten ist das Grundprinzip des Mastersystems TI und damit der KrankenAktenCloud. Das fängt schon in der Arztpraxen an. Ohne Wissen der allermeisten ÄrztInnen werden bereits in der Praxissoftware die Patientendaten automatisiert vorstrukturiert, siehe weiter unten.
Demnach: Wer als Patientin Frau Hanna Höchst-Persönlich sein Opt-Out nutzt, ist NICHT frei von Datenverwertung. Zumindest die Metadaten-Verarbeitung von Frau X. von Ungefähr läuft weiter. Sie darf es auch nach aktuellem rechtlichen Stand, denn diese „unscharfe“ Datenversion gilt als Nicht-personenbezogen und Nicht-Re-identifizierbar und unterliegt somit nicht der DSGVO.
Du denkst: Das was Arzt/ Ärztin an Notizen schreibt, bleibt dort, wo es ist, nämlich in der jeweiligen Praxis, egal ob Verwendung der ePA oder Opt-Out.
Es ist anders:
Die Krankenakte auf dem PC des Arztes ist NICHT vor Metadatengewinnung geschützt. Man nennt das „Datengewinnung aus den Primärsystemen“ in Hausarztpraxen, Facharztpraxen, Krankenhäusern. Insbesondere mit der Datentechnologie FHIR werden schon dort die medizinischen Informationen „vorstrukturiert“ und für die weitere Verarbeitung in der KrankenAktenCloud. Damit sollen besonders „hochwertige“ Daten entstehen. Selbstverständlich in pseudonymisierter Form. Praxisinhaber können nichts dagegen machen, die Verfahren werden mit Hilfe der Updates der Praxissoftware automatisch eingeführt. Die allermeisten Praxisinhaber wissen bisher nichts von diesen Plänen und auch wenig von Inhalten von Updates.
Zudem hat Lauterbach Pläne einer „automatisierte ePA“ angesprochen, damit Ärzte keine wertvolle Zeit damit verlieren, Arztberichte für ihre Patienten in die ePA übertragen zu müssen. Die Daten von Rezepten und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen landen sowieso schon automatisch in der KrankenAktenCloud. Mittelfristig sollen also auch Facharztberichte und Krankenhausberichte automatisch in Ihrer ePA landen. Die weiteren Vorbereitungen für dieses Projekt werden aktuell mit dem DigiG und dem GDNG getroffen. Die Referentenentwürfe der beiden Gesetze liegen seit Frühjahr 2023 vor.
Der IT-Spezialist R.D. Lenkewitz schreibt: „Es geht um die grundlegende, automatisierte Erfassung aller Daten, die bei den Leistungserbringern erzeugt werden.“
DigiG = Digital-Gesetz: (verabschiedet Dez 2023)
Schafft die Grundlage, Gesundheitsdaten auch in einer Cloud verarbeiten zu dürfen.
Gründung Kompetenzzentrum für Interoperabilität der Systeme
GDNG = Gesundheitsdaten-Nutzungsgesetz: (verabschiedet Dez 2023)
Änderung der Zuständigkeit für Datenschutz im Gesundheitswesen
Vereinfachung des Datenschutzrechtes
Koordinierungsstelle für Datennutzung beim BfArM, incl. Metadaten-Katalog
Eine Unterscheidung zwischen gemeinwohlorientierter und kommerzieller Forschung sieht der GDNG-Entwurf nicht vor.
2025: ePA für Alle in Deutschland / EHDS - Alle Gesundheitsdaten für ganz Europa
EHDS = European Health Data Space = Europäischer Gesundheitsdatenraum.
Somit: Ab 2025 müssen die deutschen Krankenkassen automatisch eine ePA für alle Versicherten einrichen. Die Patienten sollen aber das Recht haben, nach der Einrichtung der persönlichen ePA deren Verwendung zu widersprechen.
Nun ist allerdings fraglich, ob diese deutsche Regelung innerhalb von Europa Bestand haben wird, denn:
Denn am 6. Dezember 2023 haben sich die Mitgliedstaaten im Europäischen Rat geeinigt auf einen Vorschlag für eine Verordnung bezüglich des EHDS (der übrigens auch die Privatversicherten mit einbezieht). Darin ist ein Widerspruch der Patienten NICHT vorgesehen. Das würde eine „Zwangselektronische Patientenakte mit europaweiter Zugriffsmöglichkeit“ bedeuten, zur Verwendung im Gesundheitswesen, aber auch für Forschung (pseudonymisiert?) und für kommerzielle Zwecke (pseudonymisiert).
🤢Beitrag in der tagesschau vom 26.1.2024:
https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/elektronische-patientenakte-datenschutz-eu-deutschland-100.html
Zusammenfassend betrachtet kann man feststellen:
Die Telematik-Infrastruktur/ KrankenAktenCloud ist nebenbei AUCH eine Bereitstellungs-Technologie für Arztberichte für den Alltag in Praxen und Krankenhäusern. Vor allem aber ist die TI eine gigantische Produktionsstätte für Patienten-Metadaten. Diese werden AUCH für die medizinische Forschung verwendet werden, wahrscheinlich aber weit überwiegend für andere Zwecke der „Gesundheitswirtschaft“. Dies gilt nicht nur für „datenspendende“ PatientInnen, sondern für alle. Zudem sind die Daten als Trainingsmaterial für die KI / Künstliche Intelligenz sehr gefragt.
Deutsches Ärzteblatt vom 20.11.2020:S. A 2268
„Ein Europäischer Datenkosmos - Die EU will ein Netzwerk für Gesundheitsdaten der Mitgliedsstaaten schaffen. Noch könnte man den Großmächten China und den USA bei der Entwicklung solcher Systeme zuvor kommen.“
„Mit einer modernen Sicherheitsstruktur soll es künftig möglich sein, dass viel mehr Dienste und Anbieter sich mit ihren Produkten in der TI bewegen können.“
Lauterbach: „Wir haben schon jetzt eine Menge Daten, die aber in getrennten Silos liegen und nicht miteinander verknüpft werden können: in den Krankenhäusern, bei den Krankenkassen, dem Krebsregister, in Genom-Datenbanken, künftig aus der digitalen Patientenakte. Der Grundgedanke ist, dass diese Daten in pseudonymisierter Form für Forschungszwecke kombiniert werden können. Das können wir bisher nicht machen, dadurch fallen wir im Vergleich zu anderen Ländern zurück.“
Lauterbach in heise online 30.8.23 / Elektronische Patientenakte für alle kommt 2025:
Sein Wunsch: "Dass wir KI – am besten 'Made in Germany' – einsetzen, um in der Entwicklung von Arzneimitteln und Medizinprodukten wieder spitze zu werden."
Liebe Patientinnen und Patienten! Ihr wisst, wie sehr uns Euer Wohlbefinden am Herzen liegt. Dies gilt nicht nur für Eure körperlichen oder seelischen Bedürfnisse, sondern insbesondere in den Bereichen, die für Euch nicht transparent sind. Deswegen haben wir uns gefragt:
Gibt es ein anderes Projekt dieser Größenordnung und Bürgerrelevanz mit einem vergleichbaren Mangel an Transparenz und Demokratie?
SIND DIR ALS PATIENTEN DIE NACHFOLGENDEN FRAGEN JEMALS GESTELLT WORDEN, ZUM BEISPIEL VON DEINER KRANKENKASSE?
ODER WURDEN DIESE FRAGEN IN DER PRESSE ODER IN DEN MEDIEN AUSREICHEND DISKUTIERT, SO WIE ES EINER REPRÄSENTATIVEN DEMOKRATIE UND MÜNDIGEN BÜRGERN WÜRDIG WÄRE?
* Möchten Sie, dass Ihre Krankenakte außer bei Ärzten auch in einem bundesweiten und später europaweiten Computernetzwerk (EHDS) gespeichert wird?
* Sind Sie einverstanden, wenn ungefragt pseudonymisierte Metadaten aus Ihrer Krankenakte produziert werden zwecks Verwendung für „Forschung und Gesundheitswirtschaft“ und als Trainingsdaten für KI / sog. Künstliche Intelligenz?
* Und die allgemeine Frage an Demokratie und Gesellschaft: Gehören die dem Arztgeheimnis unterliegenden persönlichsten Daten der Bürger in eine Cloud? Auch nicht in Pseudonymisierter Form?
Überspitzt betrachtet —-> folgendes Szenario KÖNNTE eintreten:
in ein paar Jahren wird die ePA im medizinischen Alltag kaum verwendet, vor allem wegen mangelnder Praktikabilität im Alltag.
Aber die Datengewinnung und Datenverwertung mit Metadaten von 80 Mio. Bundesbürgern läuft dennoch ungebremst. Dafür sorgt die automatisierte, durch semantische Interoperabilität ermöglichte und algorithmisch durchgeführte Metadatenproduktion.
Die immense Datenproduktion dient manchmal auch der medizinischen Forschung im engeren Sinne als unscharfes Rohmaterial. Vor allem aber ist das ein gigantisches Geschäft, auch wenn es „nur“ auf Ungefähr-Daten beruht. Das beweisen Google, Amazon und viele andere seit 15-20 Jahren. Nun geht es aber nicht um Suchmaschinenverhalten und Einkaufsverhalten, sondern die Basis sind die Milliarden von Metadaten, automatisiert gewonnen aus den vollständigen Krankenakten einer kompletten Bevölkerung.
Größe, Gewicht, Abnehmspritze, Trinkverhalten, Depression... und peng!, sofort gibt es ein personalisiertes Risikoprofil, sofort werden die entsprechenden Produkte promotet (eine Jack-Daniels-Werbung bei jedem zweiten Insta-Aufruf soll bei trockenen Alkoholikern Wunder wirken...).
Aber, das dürfen die doch nicht! Doch, das dürfen die, weil Eure sog. anonymisierten Daten eben nur pseudoanonymisiert sind und problemlos zu Euch rückverfolgbar. Wer heute bei Insta oder Facebook nach Boxershorts sucht, bekommt derartig viel Werbung von so vielen verschiedenen Super-Duper-Bambus-Kühleffekt-Nussschoner-Hös'chen, man wundert sich, dass es so viele Menschen weltweit gibt, denen derartige Aufbewahrungslösungen so wichtig sind...
Was ist Deine Meinung? Überlegt Euch: Welche Firmen/ Sparten könnten sich für diese Daten am meisten interessieren und welche Nachteile ( oder Vorteile?) könnte das für DICH und deine Kinder und Enkelkinder in Zukunft haben? Im GDNG steht, dass Deine „Gesundheitsdaten“ 100 Jahre gespeichert bleiben sollen.
Wir fanden, Ihr solltet das wissen, die aktuell zu Verfügung stehenden öffentlichen Informationen sind natürlich zugänglich aber nicht ausreichend besprochen und wir sind der Meinung, dass wir und unsere Patienten erwachsen genug sind, um zu beurteilen, was mit ihren Daten geschieht.
Wir wissen, das war harte Kost, aber wenn es einfach wäre, würde es ja jeder sofort verstehen und es wäre nicht so weit gekommen. Georg Orwell rotiert mittlerweile wie ein Kreisel in seinem Grab. Und natürlich ist uns auch klar, dass wir in völlig anderen Zeiten als den 80er Jahren leben, als Menschen noch gegen die Volkszählung protestiert haben. Und klar machen wir uns zu freiwilligen Opfern von asozialen Netzwerken, die alles was wir tun sehen und gegen uns verwenden. Aber hier geht DER STAAT deutlich einen Schritt weiter, indem er uns zwingt (!), unsere Daten zu prostituieren. Und das darf nicht geschehen! Aber diskutiert mit uns, stellt Fragen, wenn etwas unklar ist, wir wollen versuchen, mit Euch zusammen Licht ins Dunkel zu bringen.
Bis dahin, genießt den Tag und bleibt gesund!
Euer Team der
Hausärzte Burgpreppach!
Bislang können Patienten in Deutschland der Einrichtung einer elektronischen Patientenakte widersprechen. Eine neue EU-Verordnung könnte dieses Recht SWR-Recherchen zufolge aushebeln. Datenschützer warnen. Von M. Kolvenbach.