10/08/2025
𝐃𝐞𝐫 𝐈𝐧𝐞𝐫𝐭𝐢𝐚-𝐄𝐟𝐟𝐞𝐤𝐭 𝐢𝐧 𝐌𝐞𝐝𝐢𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧 𝐮𝐧𝐝 𝐂𝐨𝐚𝐜𝐡𝐢𝐧𝐠 – 𝐰𝐞𝐧𝐧 𝐢𝐧𝐧𝐞𝐫𝐞 𝐓𝐫ä𝐠𝐡𝐞𝐢𝐭 𝐕𝐞𝐫ä𝐧𝐝𝐞𝐫𝐮𝐧𝐠𝐞𝐧 𝐛𝐥𝐨𝐜𝐤𝐢𝐞𝐫𝐭
In Mediation und Coaching begegnen wir ihm häufiger, als uns vielleicht bewusst ist: dem Inertia-Effekt – auch als psychologische Trägheit bezeichnet. Er beschreibt die Tendenz, am Status quo festzuhalten, selbst wenn eine Veränderung objektiv vorteilhafter wäre. Die Gründe dafür liegen oft nicht im Fehlen einer besseren Lösung, sondern in der inneren Resistenz gegen Veränderung.
𝐖𝐚𝐬 𝐝𝐞𝐫 𝐈𝐧𝐞𝐫𝐭𝐢𝐚-𝐄𝐟𝐟𝐞𝐤𝐭 𝐛𝐞𝐝𝐞𝐮𝐭𝐞𝐭
Der Begriff stammt aus der Entscheidungspsychologie. Menschen neigen dazu, getroffene Entscheidungen oder bestehende Zustände beizubehalten – selbst dann, wenn neue Informationen klar für eine andere Richtung sprechen (Wikipedia, 2025). Im Kern handelt es sich um eine Schutzreaktion: Veränderung erfordert Energie, birgt Unsicherheit und zwingt zur Auseinandersetzung mit der eigenen Komfortzone.
𝐖𝐢𝐞 𝐬𝐢𝐜𝐡 𝐝𝐞𝐫 𝐈𝐧𝐞𝐫𝐭𝐢𝐚-𝐄𝐟𝐟𝐞𝐤𝐭 𝐢𝐧 𝐊𝐨𝐧𝐟𝐥𝐢𝐤𝐭𝐞𝐧 𝐳𝐞𝐢𝐠𝐭
In der Praxis zeigt sich dieser Effekt häufig in Form von:
- Festgefahrenen Rollenbildern – „Ich bin hier das Opfer, Sie sind der Täter.“
- Wiederholung alter Argumente – unabhängig davon, ob sie zielführend sind.
- Misstrauen gegenüber Lösungen – „Das haben wir schon probiert.“
- Unbewusstem Nutzen des Konflikts – etwa Aufmerksamkeit oder klare Abgrenzung.
Diese Dynamiken halten Konflikte oft über lange Zeit am Leben – auch, wenn beide Parteien unter der Situation leiden.
𝐖𝐚𝐫𝐮𝐦 𝐞𝐫 𝐌𝐞𝐝𝐢𝐚𝐭𝐨𝐫:𝐢𝐧𝐧𝐞𝐧 𝐮𝐧𝐝 𝐂𝐨𝐚𝐜𝐡𝐞𝐬 𝐡𝐞𝐫𝐚𝐮𝐬𝐟𝐨𝐫𝐝𝐞𝐫𝐭
Forschungen zum Decision Inertia zeigen, dass Menschen selbst erfolglose Entscheidungen wiederholen, weil die Hürde für einen Wechsel hoch ist. Für Mediator*innen und Coaches bedeutet das: Selbst wenn die Beteiligten eine Lösung verstehen und akzeptieren, setzen sie diese nicht automatisch um. Der Inertia-Effekt ist also kein Mangel an Einsicht – sondern eine natürliche Reaktion auf Veränderungsdruck.
𝐒𝐭𝐫𝐚𝐭𝐞𝐠𝐢𝐞𝐧, 𝐮𝐦 𝐝𝐞𝐧 𝐈𝐧𝐞𝐫𝐭𝐢𝐚-𝐄𝐟𝐟𝐞𝐤𝐭 𝐳𝐮 ü𝐛𝐞𝐫𝐰𝐢𝐧𝐝𝐞𝐧
- Den Status quo bewusst machen | Fragen Sie: „Was passiert in sechs Monaten, wenn alles so bleibt?“
- Kleine, reversible Schritte anbieten | Testphasen wirken weniger bedrohlich als endgültige Entscheidungen.
- Zukunftsbilder entwickeln | Positive Szenarien fördern Motivation stärker als reines Problembewusstsein.
- Den Nutzen des Konflikts offenlegen | Hilft, versteckte Bindungen an den Status quo zu erkennen.
- Reframing einsetzen | Den Fokus von „Was verliere ich?“ zu „Was gewinne ich?“ verschieben.
𝐏𝐫𝐚𝐱𝐢𝐬𝐛𝐞𝐢𝐬𝐩𝐢𝐞𝐥
In einer Mediation zwischen zwei Teamleitern in einem Ressourcenkonflikt war die Lösung längst klar: eine klare Planung. Dennoch blockierten beide – aus Angst, damit an Einfluss zu verlieren. Erst durch eine vereinbarte Testphase („Sechs Wochen gemeinsame Terminplanung und Ressourcenverteilung mit Feedbackschleife“) löste sich der Widerstand. Der Schritt war klein genug, um machbar zu wirken – und groß genug, um den Nutzen sichtbar zu machen.
𝐅𝐚𝐳𝐢𝐭
Der Inertia-Effekt ist kein Fehler der Beteiligten, sondern ein zutiefst menschlicher Mechanismus. Wer ihn erkennt und in den Prozess integriert, kann Blockaden gezielt abbauen und nachhaltige Lösungen fördern. Mediation und Coaching profitieren, wenn Veränderung nicht erzwungen, sondern gestaltet wird.
𝐈𝐧𝐭𝐞𝐫𝐞𝐬𝐬𝐞 𝐚𝐧 𝐦𝐞𝐡𝐫?
Ich begleite Menschen und Organisationen dabei, Konflikte konstruktiv zu lösen und Kommunikation neu zu gestalten – mit bewährten Methoden aus der Praxis und weiterentwickelten Ansätzen aus dem systemischen Konstruktivismus.
📩 𝐊𝐨𝐧𝐭𝐚𝐤𝐭 𝐚𝐮𝐟𝐧𝐞𝐡𝐦𝐞𝐧: 𝐢𝐧𝐟𝐨@𝐦𝐞𝐝𝐢𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧.𝐜𝐨𝐚𝐜𝐡
𝐌𝐢𝐜𝐡𝐚𝐞𝐥 𝐒ä𝐭𝐭𝐥𝐞𝐫 | 𝐌𝐞𝐝𝐢𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧 + 𝐂𝐨𝐚𝐜𝐡𝐢𝐧𝐠
📅 Tipp: Am 20. September findet das 𝐁𝐚𝐫𝐜𝐚𝐦𝐩 𝐌𝐞𝐝𝐢𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧 𝐑𝐞𝐮𝐭𝐥𝐢𝐧𝐠𝐞𝐧 statt – eine ideale Gelegenheit, neue Impulse zu gewinnen und sich mit Interessierten und Fachkolleg*innen auszutauschen.
➡️ 𝐉𝐞𝐭𝐳𝐭 𝐢𝐧𝐟𝐨𝐫𝐦𝐢𝐞𝐫𝐞𝐧 𝐮𝐧𝐝 𝐚𝐧𝐦𝐞𝐥𝐝𝐞𝐧: 𝐡𝐭𝐭𝐩𝐬://𝐛𝐚𝐫𝐜𝐚𝐦𝐩-𝐫𝐞𝐮𝐭𝐥𝐢𝐧𝐠𝐞𝐧.𝐜𝐨𝐦/𝐛𝐚𝐫𝐜𝐚𝐦𝐩-𝐦𝐞𝐝𝐢𝐚𝐭𝐢𝐨𝐧/
𝐐𝐮𝐞𝐥𝐥𝐞𝐧:
𝐖𝐢𝐤𝐢𝐩𝐞𝐝𝐢𝐚 (2025): Inertia-Effekt
𝐉𝐨𝐡𝐧𝐬𝐨𝐧, 𝐄. 𝐉., & 𝐆𝐨𝐥𝐝𝐬𝐭𝐞𝐢𝐧, 𝐃. (2003).. Do Defaults Save Lives? Science, 302(5649), 1338–1339.
𝐏𝐢𝐭𝐳, 𝐆. 𝐅., & 𝐒𝐚𝐜𝐡𝐬, 𝐍. 𝐉. (1984). Judgment and Decision: Theory and Application. Annual Review of Psychology, 35, 139–163.
𝐒𝐚𝐦𝐮𝐞𝐥𝐬𝐨𝐧, 𝐖., & 𝐙𝐞𝐜𝐤𝐡𝐚𝐮𝐬𝐞𝐫, 𝐑. (1988). Status Quo Bias in Decision Making. Journal of Risk and Uncertainty, 1, 7–59.