
19/05/2025
Welch großes Geschenk ist die Begegnung mit einem freundlichen Menschen, der uns interessiert zuhört, ohne zu werten, der uns wohlwollend betrachtet, der uns freundliche Worte, Gesten und kleine, warme Berührungen schenkt. Es schenkt uns Kraft, das Gefühl des Gesehen werden und der menschlichen Verbundenheit.
Es steht im starken Gegensatz zu all den Machtdemonstrationen, Ego-Duellen und der Rechthaberei, die wir alltäglich in dieser Welt erleben.
Wie eine friedliche Revolution dagegen wirkt der Apell von Dr. Wayne Dyer aus dem Jugendbuch und Film „Wunder“ von Raquel J. Palacio: „Wenn du die Wahl hast, ob du recht behalten oder freundlich sein sollst, wähle die Freundlichkeit.“
Dieses Zitat erinnert uns an eine zentrale Herausforderung im menschlichen Miteinander: dem inneren Konflikt zwischen dem Bedürfnis, Recht zu haben, und der Entscheidung für Mitgefühl und Freundlichkeit.
Psychologisch gesehen ist das Bedürfnis, recht zu behalten, tief verwurzelt. Es nährt unser Selbstwertgefühl, vermittelt Sicherheit und das Gefühl, Kontrolle über unsere Welt zu haben. Doch wenn dieses Bedürfnis überhandnimmt, kann es Beziehungen belasten, Konflikte verschärfen und uns emotional isolieren. Denn Rechthaben wird dann wichtiger als Verbindung.
Freundlichkeit und Mitgefühl hingegen fördern das soziale Miteinander, stärken Vertrauen und bauen Brücken – es schafft Verbindung, selbst bei Meinungsverschiedenheiten.
Gerade in einer Partnerschaft erleben wir, wie schnell kleine Missverständnisse zu großen Konflikten werden können: Einer kommt erschöpft nach Hause und reagiert ungewohnt gereizt. Der andere fühlt sich verletzt und ist versucht zu sagen: „Du redest immer so unfreundlich mit mir, wenn du gestresst bist!“ Stattdessen könnte ein Moment der Achtsamkeit entstehen – ein tiefes Durchatmen, ein Blick, der sagt: „Ich sehe, dass du einen schweren Tag hattest.“ Dieser eine Moment, in dem man auf Rechthaben verzichtet und stattdessen Verständnis schenkt, kann mehr Nähe schaffen als viele klärende Worte später.
Doch Mitgefühl bedeutet nicht, alles hinzunehmen. Wahre Freundlichkeit schließt Selbstachtung mit ein. Wer bewusst auf Rechthaben verzichtet, um die Beziehung zu schützen, muss auch wissen, wann es nötig ist, Grenzen zu setzen.
Freundlichkeit ist demzufolge kein Verzicht auf Klarheit, sondern ein starkes Signal: Wir wählen den Weg der Verbindung, ohne unsere Überzeugungen aufzugeben. Indem wir im richtigen Moment das Bedürfnis, Recht zu haben, hinter Mitgefühl zurückstellen, übernehmen wir Verantwortung – im Sinne der Menschlichkeit.
Lass uns also in Diskussionen innehalten und uns fragen, ob es wichtiger ist, recht zu haben oder die Beziehung zu stärken.
Lass uns kleine Gesten schenken – ein Lächeln, ein Kompliment, ein offenes Ohr – sie können Großes bewirken.
Lass uns erkennen, wann unser Bedürfnis, recht zu haben, aus dem Ego stammt, und uns bewusst für Mitgefühl entscheiden, denn wir schenken unserem Gegenüber und uns selbst etwas Wunderbares! 🌸