27/05/2025
Und dann kommen auch solche Nachrichten:
Unsere Küchenkarin Leidenberger fasste für uns alle ihre Erfahrungen aus der Pflegehospitation im eigenen Team zusammen.
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Wie ich darauf kam, die weiße Kochjacke mit dem blauen Kasack zu tauschen…
Seit drei Jahren arbeite ich in unserem Sophienhospiz als Küchenleitung, erst jetzt ergab sich die Möglichkeit für zwei Tage in der Pflege zu hospitieren. Ich hatte wohl schon lange geahnt, dass das eine gute Idee sein könnte. Doch, wie es mir jetzt scheint, war die Zeit nicht reif. Egal was ich vorschob oder das auch so war, entweder war das von der personellen Besetzung her nicht möglich, es gab so viele andere Baustellen - vielleicht habe ich mich auch einfach nicht getraut.
Meine Befürchtungen waren, dass es den Patient:innen missfallen könnte, wenn eine aus der Küche bei der Pflege, das heißt beim Waschen und Versorgen mit dabei ist. Dass es den Patienten vielleicht peinlich sein könnte, sich vor mir n***t oder bedürftig zu zeigen. Meine Kolleginnen hatten schon versucht, mir diese Sorge vorab zu nehmen; denn sie meinten, das sei überhaupt kein Problem, die Patienten seien durch eine harte Schule gegangen und schon vieles gewohnt. Tatsächlich war das dann auch überhaupt kein Problem. Im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, dass es die Patienten eher gefreut haben, dass ich Interesse an ihnen und auch an der Arbeit der Pflege gezeigt habe.
Was habe ich erfahren?
Ich war und bin es noch, tief berührt, sowohl von den Pateinten, aber vor allem von dem was die Pflegekräfte hier leisten. Natürlich, eigentlich wusste ich es, und doch nicht. Es ist eben was völlig Anderes, das hautnah zu erleben. Es sind vielleicht auch gar nicht die großen Dinge, sondern es war das Feine, das dauernd da war. Auch wenn das Feine manchmal laut, direkt, lachend, lustig, berührt, empathisch, energisch, entgegenkommend und verstehend war. Ich habe gesehen, dass meine Kolleginnen in den Zimmern genauso waren, wie sie eben sind. Jede anders, alle unterschiedlich, eben genau so wie sie einfach auch sonst sind. Das war wirklich sehr schön, irgendwie dachte ich, dass man sich bei den Patienten mehr zurücknimmt, vielleicht sowas wie „heiliger“ ist. Das hat so gutgetan und jetzt ist mir auch klar, dass es genau das ist, was die Patienten brauchen. Jeder in seiner Art.
Ich konnte Patienten miterleben, denen die Zeit gelassen wurde eine gefühlte Ewigkeit die Zähne zu putzen. Der Patient hat das bestimmt wahrgenommen, dass jemand zur Unterstützung an der Seite ist und gleichzeitig auch wahrgenommen, dass er alles in seinem jetzigen Tempo tun darf. Na klar, das ist in andere Einrichtungen nicht möglich und ich spürte meine Sehnsucht, dass das genau richtig ist und ich in meinem Leben so oft anders handle und „Gas gebe“. Ein mir bekanntes Thema, das mich immer wieder auch von MIR wegführt.
Ich durfte miterleben, wie jemand mit einem Lifter geduscht wurde. Sah die Tortur (auf beiden Seiten) und die Freude des Patienten, die Wohltat, die das feuchte Nass bescherte, mit sich brachte.
Ich habe gesehen, welcher Fertigkeit es bedarf ein Spannbetttuch zu wechseln, wenn da jemand im Bett liegt.
Ich habe miterlebt, wie lange es dauern kann, bis man jemanden ein halbes Stück Kuchen eingibt.
Ich habe gesehen mit welcher Selbstverständlichkeit das Bett auf die Terrasse und wieder zurück und wieder auf die Terrasse geschoben wurde.
Ich habe miterlebt, wie jemand Schmerzen hat und sich sofort darum gekümmert wurde. Wie sich Pflegekräfte Gedanken gemacht haben, das mit Kollegen besprachen und nicht einfach nur 08/15 etwas verabreicht haben (falls das überhaupt möglich ist).
Ich konnte dran teilhaben, wie die Vorstellungen meiner Kolleginnen immer wieder über den Haufen geworfen wurden (vielleicht auch nur meine Vorstellungen?). Nein, doch nicht jetzt duschen, sondern vielleicht in einer halben Stunde, oder viel später.
Ich war überwältigt, was da vor allem im Umfeld noch so geleistet wird. Da ist die verzweifelte
Ehefrau, da die untröstliche Tochter, da der Bruder weit weg am Telefon. Dann die Apotheke, der Arzt, die die Schmerzpumpen zusammenstellen, der Fahrdienst, die Bestellungen die noch getätigt werden müssen, …. und und und, es hört gar nicht auf.
…. und das alles zu dokumentieren. Ich hatte ja keine Ahnung, was da alles aufgeschrieben wird. Was alles zu beachten und zu berücksichtigen ist. Und auch nicht, dass das alles nicht nur Bürokratie und für die „Katz“ ist, sondern wechselnde Dienste auf die Aufzeichnungen ihrer Vorgänger tatsächlich auch zurückgreifen.
Ich durfte miterleben, wie eine Kollegin sich vor eine Patientin hingekniet hat, um ihr die Füße einzureiben und auch mit einem anderen Patienten kniend, auf Augenhöhe, gesprochen hat und das in einer Würde und Schönheit, die mich zutiefst rührt.
Tief berührt und in großer Liebe und Dankbarkeit
Eure Karin 🥄