23/08/2025
Der Baum der Händler und der Unsterblichkeit
Ein Baum wie ein Wald
Hallo ihr Lieben,
heute soll es um den Banyan-Baum gehen. Er hat viele Namen:
Ficus benghalensis (Bengalische Feige),
Sanskrit: Nyagrodha, Vata, Bahupada, Kalpavriksha
Hindi: Vata, Vad, Bargad, Ber, Bar, Bargad
Englisch: Banyan
Bengali: Bot
Gujarati: Vad
Malayalam: Peral
Marathi: Vad
Tamil: Ala
Telugu: Peddamari
Banyan geht auf die Gujarati Bezeichnung für „Händler“, „Kaufmann“ zurück. Die Händler waren es gewohnt, unter dem Banyan-Baum ihre Geschäfte abzuwickeln. Ersten waren sie schön im Schatten. Und zweitens steht der heilige Baum und damit auch die Geschäfte unter dem Schutz der Götter.
Nyagrodha symbolisiert den großen Gotte Shiva und steht für das ewige Leben und „den mit der Krone“. Ein schönes Zitat aus einem alten indischen Text besagt: „So wie der weit ausladende Nyagrodha-Baum in einem kleinen Samen komprimiert ist, so keimt der Nyagrodha aus dem Samen und wird zuerst zu einem Trieb und wächst dann in die Höhe, so geht die geschaffene Welt von dir aus und dehnt sich zu ihrer Größe aus.“
Vata „umfassen“, „umkreisen“ erklärt sich von selbst.
Bahupada erklärt sich aus dem Erscheinungsbild des Baumes. Die vielen Luftwurzeln, die er bildet, verleihen ihm den Namen „der mit vielen Füßen“. Auch das ist ein Symbol für ein langes Leben.
Kalpavriksha („der Wunschbaum“) lässt Wünsche in Erfüllung gehen. Er kann auch zur Erlangung der Allwissenheit beitragen – so ist es zumindest von Buddha überliefert, der unter ihm gesessen haben soll.
Es handelt sich um einen immergrünen Baum, der bis zu 30 Meter hoch werden kann. Keimen die Samen auf Ästen anderer Bäume (oder auch Häuser!), entwickeln sich Luftwurzeln. Sobald diese den Boden erreichen, werden sie immer dicker und gleichen Stämmen, die erneut Äste tragen. So kann ein einzelner Baum einen riesigen Umfang erreichen und auch Häuser unter sich begraben. Durch die immer neuen Luftwurzeln verkörpert der Banyan-Baum auch die Unsterblichkeit.
Nach seinem Wurzel-System wurde ein Netzwerkbetriebssystem „Banyan Vines“ (Banyan-Lianen) benannt.
Die Blätter bilden einen weißen Milchsaft, um den sich auch viele Geschichten ranken. Er soll nicht nur Babys, sondern auch Erwachsene genährt haben. Die roten Beeren dienen als Vogelfutter, die für die Verbreitung der Samen sorgen. Der Baum symbolisiert dermaßen die Fruchtbarkeit, dass Frauen sich erhoffen, allein durch die Umarmung eines seiner Stämme schwanger zu werden…
Mein Film zeigt den Banyan-Baum aus dem botanischen Garten von Kolkata. Er wurde 1796 aus einem Samen gezüchtet, umfasst inzwischen über 1000 Luftwurzeln, bedeckt 16.000 qm, der Hauptstamm hat einen Umfang von 16 Metern. Jetzt ist sicherlich klar, weshalb ich kein Foto davon machen konnte, sondern einen Film drehen musste.
Tatsächlich werden alle drei Hauptgötter des Hinduismus durch diesen Baum symbolisiert: Vishnu (der Welterhalter) durch die Rinde, Brahma (der Weltschöpfer) durch die Wurzeln und Shiva (der Zerstörer) durch das Geäst.
Bei so viel Heiligkeit darf natürlich eine kleine Geschichte nicht fehlen:
Vasuki, der Schlangenkönig mit den 1000 Köpfen, lebt in seinem eigenen Reich unter der Erde. In seinem unbeschreiblichen Garten wuchs ein riesiger Banyan-Baum. So ein schöner Baum weckt natürlich Begehrlichkeiten. Amba, die Göttin der Erde und Inkarnation von Parvati, der Ehefrau Shivas, hatte von diesem Baum gehört und wollte ihn unbedingt auf der Erde pflanzen. Leider kannte sie den Weg in Vasukis Reich nicht, es liegt ja nicht auf der Erde, sondern darunter. Amba fragte alle Kreaturen, die sie traf nach dem. Aber weder die Vögel noch die Affen wussten ihn. Lediglich die Käfer - die wandern immer zwischen den Welten umher – sind aber zur absoluten Geheimhaltung verpflichtet. Amba bettelte und drohte, aber keine wollte etwas sagen. Da schnappte sie sich den Käferkönig und warf ihn in kochendes Öl. Um sein Leben zu retten, enthüllte er sein Geheimnis.
Kaum war Amba in Vasukis Reich angekommen, erblickte sie den wunderschönen Banyan-Baum. Ihr Herz schlug höher vor Freude. Sie wollte ihn mit ihrer Magie bezaubern, um ihn dann zu auf die Erde mitnehmen zu können. Aber sofort war Vasuki zur Stelle und tötete sie mit seinem Flammenblick.
Just in diesem Moment lustwandelten Shiva und Parvati in Vasukis Garten und entdeckten den Leichnam Ambas. Parvati war völlig aufgelöst, ihre eigene Inkarnation so zu sehen und wollte wissen, was denn geschehen sei. Der allwissende Shiva schwieg jedoch und griff nicht ein. Dies erzürnte Parvati dermaßen, dass sie verschwand, um Shiva zu strafen. Dazu muss man wissen, dass Shiva und Parvati das größte Liebespaar aller Welten ist. Shiva war also durch Parvatis Abwesenheit stark getroffen. Um sie zur Rückkehr zu bewegen, erweckte er Amba wieder zum Leben. Parvati forderte aber zusätzlich eine weitere Wohltat für Amba. Amba wünschte sich, Vasuki dafür zu bestrafen, dass er den Banyan-Baum nicht teilen wollte. Shiva kam nicht umhin, ihr diesen Wunsch zu gewähren und verlieh ihr die Kräfte, dass sie im 999 seiner 1000 Köpfe abschlagen konnte. Daher haben heutige Schlangen nur noch einen Kopf im Gegensatz zu früheren Zeiten. Amba brachte den Banyan-Baum auf die Erde und wir können uns heute noch an ihm erfreuen.
Was lernen wir daraus? (Pflanzen-)reichtum für sich zu behalten macht nicht glücklich.
Film: Banyan-Baum Kolkata
Es gäbe noch viel mehr zu dieser Pflanzen zu sagen, aber ich möchte euch ja nicht überfrachten. Es sind immer Kontraindikationen und individuelle Faktoren zu beachten, daher bitte ich, von Selbstmedikationen Abstand zu nehmen. Für die medizinische Verwendung sollte auf jeden Fall vorher eine Ärztin konsultiert werden.
Einen schönen, pflanzenreichen Tag
Kalyani Nagersheth