13/10/2024
Regressverfahren in Niedersachsen
Wiedermal versucht die „Prüfungsstelle Niedersachsen für die Wirtschaftlichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung“ Regresse durchzusetzen, diesmal für das Jahr 2022. Dabei stützt sie sich auf eine Prüfvereinbarung, die ab dem 1.1.2022 gelten sollte, aber erst am 10.6.2022, also ein halbes Jahr später, rückwirkend veröffentlicht wurde. Eine solche rückwirkende Regelung, die zum Nachteil der Ärzte ausgelegt wird, im Sinne einer „Strafvorschrift“, ist aber juristisch nicht zulässig. Sowohl das Bundessozialgericht, wie auch das Bundesverfassungsgericht (AZ: BSG vom 2.11.2005; B6KA63/04R; BSG vom 22.10.2014; B6KA3/14R; BVerfG Beschluß vom 17.12.2013)) haben eine solche echte Rückwirkungen, auf die die betroffenen Ärzte nicht mehr ausreichend reagieren können, untersagt.
Das aktuelle Verhalten der Prüfungsstelle ist unseriöse und verstößt gegen fundamentale Prinzipien unseres demokratischen Rechtsstaates (das Rückwirkungsverbot) und schwächt damit die Demokratie!
Aber auch sonst nimmt es die niedersächsische Prüfungsstelle mit Recht und Gesetz nicht so genau: Obwohl die Rahmenvorgaben für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen, vereinbart zwischen KBV und Spitzenverband, vorschreiben, dass betroffenen Ärzten eine 6-wöchige Frist bis zum Einreichen einer Stellungnahme eingeräumt werden soll, bzw. die Daten bis zur Jahresmitte vorgelegt werden sollen, hält sich die Prüfungsstelle Niedersachsen nicht exakt an diese Fristen.
Die KVN, die eine der Träger dieser Prüfungsstelle ist, schaut tatenlos zu, wie rechtsstaatliche Prinzipien hier verletzt werden und schreitet nicht ein.
Es ist zu fordern, dass das niedersächsische Sozialministerium seine gesetzlich festgeschriebene Rechtsaufsicht über die Prüfungsstelle Niedersachsen gewissenhafter durchführt und bei diesem rechtswidrigen Verhalten der Prüfungsstelle einschreitet. Rückwirkende Vereinbarungen, die „Strafvorschriften“ für Ärzte enthalten, darf es auch in Niedersachsen nicht mehr geben!
Insgesamt ist diese niedersächsische Organisation der Prüfungsstelle ein Anachronismus. Sie wird hier in Niedersachsen grundlegend nach Vereinsrecht geführt, was ein Unding ist, für eine Einrichtung, die ähnlich einer öffentlich-rechtlichen Behörde fungieren soll und bereits Existenzvernichtende „Urteile“ gesprochen hat.
Auch gibt es keine ausreichende öffentliche Transparenz, wer in dieser Prüfungsstelle für was zuständig ist und welche Verantwortlichkeiten bestehen, wie sie grundlegend bei öffentlich-rechtlichen Institutionen bestehen. Jede kleine Gemeindeverwaltung arbeitet nach rechtsstaatlichen Prinzipien, nicht aber diese niedersächsische Prüfungsstelle. Eine Demokratisierung dieser niedersächsischen Prüfungsstelle ist dringend erforderlich: Auflösung dieser Vereinsstruktur und Übertragung der Aufgaben an eine nach rechtstaatlichen Prinzipien arbeitende öffentlich-rechtliche Behörde.
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