25/07/2024
Apfeltrester ist eine beliebte Zutat in Futtermitteln - vom Mineralfutter bis zum Müsli. Apfel?🍏 Das klingt doch gut und gesund. “An apple a day keeps the doctor away” - sagt schließlich ein englisches Sprichwort.
Nun ist Apfeltrester aber nicht dasselbe wie ein ganzer Apfel, sondern ein Abfallprodukt, das bei der Verarbeitung von frischen Äpfeln zu Apfelsaft entsteht. Nachdem die Äpfel gepresst wurden, bleibt eine feste, feuchte Masse aus Apfelschalen, Kernen und einem geringen Anteil an Fruchtfleisch zurück - der Apfeltrester.
In Deutschland werden jährlich zwischen 1 und 1,2 Millionen Tonnen Äpfel geerntet. Etwa 30% davon gehen in die Saftproduktion für Saft, Apfelwein und andere Produkte. Aus dieser Verarbeitung fallen jährlich ungefähr 80. - 100.000 Tonnen Apfeltrester an. Getrocknet und oftmals pelletiert, wird er dann als Tierfutter vermarktet.
Apfeltrester besteht im Schnitt aus 35-40% Zucker, was ihn lecker süß schmecken lässt. Deshalb findet er bei den Pferden🐴 großen Anklang und wird zunehmend in Futtermitteln verwendet, die aufgrund ihrer Zusammensetzung geschmacklich eher wenig Akzeptanz finden, beispielsweise organische Mineralfutter. Man muss ihn damit zu den “versteckten” Zuckern zählen, die aus der Deklaration nicht gleich auf den ersten Blick ersichtlich sind, aber gerade für übergewichtige Pferde und solche mit Insulinresistenz, Cushing, Hufrehe und ähnlichen Gesundheitsproblemen durchaus ein Risiko darstellen kann.
Ansonsten besteht Apfeltrester im Wesentlichen Pflanzenfasern, wobei ein großer Anteil Pektine sind, weshalb ein Teil des Apfeltresters für die Gewinnung von reinem Pektin verwendet wird, welches dann als Geliermittel in der Lebensmittelindustrie Anwendung findet (z.B. in Marmeladen). Pektine sind gesund für unseren Darm, allerdings nicht unproblematisch für die Verdauung des Pferdes.🐴
Im Apfeltrester ist neben den Kernen, dem Kerngehäuse und dem Stiel, auch die Schale des Apfels enthalten. Diese wird von der Pflanze mit einer dünnen Wachsschicht überzogen, weshalb man pflanzliches Wachs auch im Endprodukt findet. Für die Saftproduktion werden vielfach Äpfel von alten Streuobstwiesen verwendet, die häufig recht extensiv bewirtschaftet werden. Aber auch Äpfel aus Plantagen, die nicht den Qualitätskriterien des Handels entsprechen, wenn sie beispielsweise Hagelschaden, Sonnenbrand oder ähnliche optische Schäden davongetragen haben, oder nicht den Normgrößen entsprechen. Da solche Plantagenäpfel häufig mit verschiedenen Spritzmitteln - von Insektiziden über Fungizide bis zu Wachstumsregulatoren - behandelt werden, kann man nicht ausschließen, dass sich Rückstände davon auch im Apfeltrester befinden, der am Ende im Pferdetrog landet.
Schon wenige Stunden nach der Produktion fängt der Trester an, zu gären, sodass es zu einer Vermehrung insbesondere von Hefen kommt. Deshalb riecht frischer Apfeltrester auch immer sehr bald nach der Produktion nach Alkohol, das ist auf die fleißige Stoffwechseltätigkeit der Saccharomyces-Arten zurückzuführen, die sich über den hohen Zuckergehalt freuen.
Natürlich sind Äpfel nicht nur schmackhaft, sondern auch gesund, das zeigen unterschiedliche Studien, welche sich das englische Sprichwort zu Herzen genommen und mal genauer nachgeforscht haben. Neben den Vitaminen A, B, C und K sowie den Mineralien Kalium, Calcium, Magnesium und Phosphor, finden sich auch wichtige Antioxidantien wie Quercetin, Epicatechin und Procyanide sowie Flavonoide, Triterpenoide und andere gesunde Inhaltsstoffe. Leider sind die meisten davon wasserlöslich und nach dem Auspressen der Äpfel im Saft, während der ausgequetschte Apfeltrester nur noch hauptsächlich Zucker und Fasern wie Pektine enthält.
Deshalb stellt Apfeltrester für unsere Pferde leider keinen gesunden Snack dar, wie ein ganzer Apfel für uns Menschen. Stattdessen belastet sein hoher Zuckergehalt den Blutzuckerspiegel, was gerade bei leichtfuttrigen Pferden, Kandidaten mit Übergewicht und bei Pferden mit einer PSSM Prädisposition kritisch zu sehen ist. Darüber hinaus fördert der hohe Pektingehalt säurebildende Mikroorganismen im Dickdarm, wodurch der pH-Wert absinkt und es zu weiteren Dysbiosen und Dickdarmübersäuerung (“Hindgut acidosis”) kommen kann, was eine Reihe von Gesundheitsproblemen nach sich ziehen kann, bis hin zur Hufrehe.
Warum wird Apfeltrester dann trotzdem so häufig in Futtermitteln verwendet, wenn er doch der Gesundheit der Pferde nicht gerade zuträglich ist? Zum einen, weil die Pferde ihn dank seines hohen Zuckergehalts extrem gerne fressen und man damit auch mäßig schmackhafte Futter ausgesprochen attraktiv machen kann. Zum anderen, weil er im Einkauf günstig ist, schließlich handelt es sich um ein Abfallprodukt der Lebensmittelindustrie, weshalb er zu entsprechend günstigen Preisen gehandelt wird. Sein großes Volumen macht den Mischfuttersack schnell voll, bei gleichzeitig günstigen Herstellkosten.
Für eine artgerechte Ernährung des Pferdes🐴 gilt: Prima, wenn man sich mit seinem vierbeinigen Liebling gelegentlich mal einen Apfel teilt, vor allem im Spätsommer, wenn sie überall reif an den Bäumen hängen. In kleinen Mengen ist ein süß-saurer Apfel eine gerne genommene Belohnung und ein echter Jackpot nach besonders guter Leistung. Äpfel in großen Mengen sind aber für die Gesundheit des Pferdes ebenso problematisch wie Apfeltrester, der sich allzu oft in Futtermitteln versteckt.
Quellen:
Schalow; Untersuchungen zum enzymatisch-physikalischen Aufschluss von Apfeltrester, Dissertation am Inst. Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelchemie der Technischen Universität Berlin, 2009