
24/07/2025
Die klären gerade die Rangordnung …“
Ein Satz, den man immer wieder liest und hört.
Aber: Er hält wissenschaftlich nicht stand.
Verhaltensforscher:innen wie McDonnell, Feh, Fraser und Kiley-Worthington haben über Jahrzehnte das Sozialverhalten von Pferden untersucht – in freier Wildbahn wie in Gefangenschaft.
Ihre Erkenntnisse:
Pferde haben keine starre Rangordnung wie Hühner oder Wölfe.
Sie organisieren sich in dynamischen, situationsbezogenen Hierarchien.
Futter, Ruheplätze und Bewegung werden oft situativ verhandelt, nicht durch Gewalt geregelt.
Gewalt ist selten – und fast immer ein Zeichen für Instabilität, Ressourcenknappheit oder Stress.
Studien zeigen:
•In stabilen Herden ist die Anzahl an echten Auseinandersetzungen minimal.
•Dominanzverhalten ist hoch ritualisiert (z. B. Drohblick, Ohren, Abstand), nicht körperlich aggressiv.
•Wunden, Lahmheiten und Unruhe treten überproportional in gemischten, instabilen Gruppen auf – v. a. wenn zu wenig Platz oder Ressourcendruck herrscht.
Quelle u. a.:
– Feh et al. (1993): Social behaviour and dominance relationships in a herd of Camargue horses.
– McDonnell (2003): The Equid Ethogram.
– Kiley-Worthington (1990): Equine Ethology.
Was NICHT stimmt:
•„Die müssen das unter sich klären.“ → Nein.
•„Das braucht’s für die Rangordnung.“ → Falsch.
•„Das ist halt normal.“ → Nur in schlechten Haltungsbedingungen.
Warum dieser Mythos gefährlich ist:
•Er legitimiert Wegschauen bei Gewalt.
•Er verharmlost Verletzungen und Traumata.
•Er verhindert, dass wir verantwortungsvoll handeln.
Was Pferde brauchen:
•Viel Raum zur Ausweichbewegung
•Feste, stressfreie Fütterung (kein Rangeleien um Heu!)
•Stabile Gruppenstruktur mit sozial kompetenten Tieren
•Aufmerksame Menschen, die nicht „Rang“ rufen, wenn ein Pferd Angst hat.
„Rangordnung klären“ ist keine biologische Notwendigkeit.
Es ist ein Ausdruck von Überforderung – nicht von Natur.
Wer Verantwortung übernimmt, lässt nicht klären –er gestaltet.