30/10/2017
Das Leben neu entdecken
- Tipps für die Vorbereitung auf den dritten Lebensabschnitt
Viele Menschen jenseits der Lebensmitte sehnen ihren Ruhestand herbei. Sie hoffen auf ein selbstbestimmtes Leben ohne Zwänge. Sie freuen sich darauf, Zeit zu haben, für Reisen und Hobbies, für das Pflegen von Freundschaften, für Vieles, das im bisherigen Leben zu kurz gekommen ist.
Freiheit als Herausforderung
Wenn es dann soweit ist, erweist sich die Freiheit nicht selten als Last. Sie bedrückt und überfordert. Endlich ist alles möglich, aber nichts macht wirklich Freude. Man fällt in ein Loch, weil es an Sinn und an Zielen fehlt.
Die Krise ist vorhersehbar, denn die Arbeit gibt unserem Leben Struktur. Sie ist ein wichtiger, oft der tragende Teil des Gerüsts, das uns im Leben Halt gibt. Sie formt nicht nur unseren Tagesablauf, sondern auch das Bild von uns selbst. Die Anerkennung und Bestätigung, die wir durch die Arbeit erfahren, weist uns einen Platz in der Gesellschaft zu. Sie gibt unserem Leben Sinn und Bedeutung.
Wenn der innere Halt, den uns die Arbeit gibt, verloren geht, müssen wir uns ein neues Gerüst schaffen. Wir müssen unser Leben neu erfinden. Weil das nicht von heute auf morgen gelingen kann, sollten wir damit rechtzeitig beginnen, am besten schon einige Jahre, bevor wir uns aus dem Arbeitsleben verabschieden.
Als Jugendliche entwickeln wir Träume und Vorstellungen vom Erwachsenen-Leben. Wir bereiten uns auf das zweite Lebensdrittel vor und das ist gut so. Wenn das Arbeitsleben zu Ende geht, sollten wir Träume vom Leben im Alter entwickeln. Die Vorbereitung lohnt, nicht allein, weil sie uns vor bösen Überraschungen schützt. Mit dem Eintritt in den Ruhestand beginnt der dritte Lebensabschnitt, in dem wir unser Leben vollenden. Es liegt an uns, ob daraus ein fader Abgesang oder ein grandioses Finale wird.
Hier einige Tipps, die Sie für Ihre Vorbereitung nutzen können.
Versetzen Sie sich in Aufbruchstimmung!
Für den Aufbruch in Ihr neues Leben brauchen Sie Unternehmungsgeist und Vorstellungskraft.
Wenn Sie während der letzten Jahrzehnte in einem stabilen und erschütterungsfreien Umfeld leben durften, ist es möglich, dass Sie sich den Zugang zu diesen inneren Ressourcen neu erschließen müssen. Dann denken Sie an frühere Lebensphasen zurück, in denen Sie „zu neuen Ufern“ aufgebrochen sind. Was hat den Anstoß gegeben? Wohin hat Sie Ihre Phantasie getragen? Und wie haben Sie den Mut gefunden, die entscheidenden Schritte zu gehen?
Wenn Sie in Ihre Erinnerungen eintauchen, begegnen Sie den Zielen, Wünschen und Hoffnungen, die Sie in Ihrem Leben angetrieben haben. Dadurch schaffen Sie sich einen Aussichtspunkt für den Blick in die Zukunft. Welche Ihrer Lebenswünsche haben sich erfüllt? Welche Wünsche blieben offen, können und sollen weiter verfolgt werden? Was kommt neu hinzu? Was soll in den nächsten Jahren und Jahrzehnten geschehen, damit Sie am Ende sagen dürfen: ich habe ein reiches Leben gelebt.
Jeder Neubeginn löst auch Ängste aus. Machen Sie sich bewusst, wovor Sie sich fürchten, denn Ängste sind ein wichtige Kraftquelle. Nur wer Angst spürt, kann auch mutig sein. Angst und Mut sind die zwei Seiten derselben Medaille.
Entwickeln Sie anschauliche Zukunftsbilder!
Versuchen Sie, Ihre Wünsche an die Zukunft in Worte zu fassen, aber bleiben Sie nicht bei den Wörtern stehen. Es kommt auf die Vorstellungen an, die Sie mit den Wörtern verbinden. Arbeiten Sie mit Bildern, wenn es an die Planung Ihres zukünftigen Lebens geht. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.
Entwickeln Sie ein „Bilderbuch der Zukunft“. Dabei handelt es sich nicht um ein reales, sondern um ein imaginiertes Buch, das sich in der Vorstellung aufklappen und betrachten lässt. Auf den Seiten des Buches sind Ihre Wünsche an die Zukunft abgebildet. Jede Seite ist einem Thema gewidmet, z.B. Familie, Freunde, Partnerschaft, Hobby, Gesundheit, Natur usw.. Sie entscheiden über die Auswahl der Themen. Lassen Sie zu jedem Thema ein inneres Bild aufsteigen und stellen Sie sich dieses Bild möglichst genau vor. Die Bilder entwickeln sich weiter und werden mit der Zeit klarer und aussagekräftiger. Es ist wichtig, sich diese Bilder so gut einzuprägen, dass sie jederzeit wachgerufen werden können. Die Bilder sollen Sie in Ihrem Alltag begleiten. Es geht nicht darum, den Inhalt der Bilder im Detail zu deuten und zu verstehen. Wichtig ist allein: Sie bilden einen Augenblick Ihrer Zukunft ab, in dem Sie sich vollkommen wohl fühlen.
Die Bilder haben eine doppelte Funktion. Erstens: Sie motivieren. Neurophysiologische Forschungen haben gezeigt, dass die Vorstellung einer als angenehm erlebten Situation im Gehirn zu den gleichen Reaktionen führt wie das tatsächliche Erleben. Die Vorstellung schenkt Freude und gibt dadurch Kraft. Und diese Kraft brauchen Sie, wenn Sie Ihr Leben neu gestalten wollen.
Zweitens: Das Bild wirkt als eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Wir alle kennen das. Wenn Sie sich auf den Besuch bei einem Freund freuen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie eine vergnügliche Zeit miteinander erleben. Wenn Sie sich vor dem Besuch fürchten, werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit in schwierige Gespräche verwickelt. Die Erwartung beeinflusst unsere Wahrnehmung und in der Folge unser Verhalten. Wenn wir entspannt und offen auf einen Menschen zugehen, entdecken wir zunächst sein Lächeln und lächeln zurück. Wenn wir verkrampft sind, fallen uns als Erstes die Falten auf der Stirn unseres Freundes auf und wir werden nach dem Hintergrund seiner Besorgnis fragen. Die inneren Wunschbilder werden Ihnen dabei helfen, Ihre Wahrnehmung auf die Chancen, nicht auf die Risiken ausrichten. Dadurch sind Sie besser in der Lage, Chancen zu erkennen und zu nutzen.
Gestalten Sie Ihren neuen Alltag!
Die Arbeit prägt unsere Lebensgewohnheiten. Der Biorhythmus passt sich an den von der Arbeit vorgegebenen Zeittakt an. Auch unsere Bedürfnisse und Gewohnheiten (Ernährung, Sport, Geselligkeit, Muße) werden von den Anforderungen der Arbeit beeinflusst. Wenn wir aus dem Berufsleben aussteigen, haben wir die Chance und Aufgabe, den Ablauf unseres Alltags neu zu planen und zu organisieren. Ein geordneter Lebensrhythmus ist wichtig für die Gesundheit und den Erhalt des seelischen Gleichgewichts. Ein regelmäßiger Tagesablauf gibt uns den seelischen Halt, den wir in einer Phase des Umbruchs und Neubeginns besonders nötig haben.
Wenn man den neuen Alltag plant, kommt es nicht darauf an, einen detaillierten Stundenplan zu verfassen, der jede Minute des Tages Aktivität füllt. Es geht darum, sich auf einige Fixpunkte festzulegen: Wie viel Schlaf tut mir gut? Wie halte ich meinen Körper fit? Worauf achte ich bei meiner Ernährung? Welche kulturellen Aktivitäten sind wichtig? Wie und wann pflege ich den Kontakt mit Freunden und der Familie? Darüber hinaus ist es sinnvoll, auch Zeiten der Ruhe einzuplanen, in denen Sie einfach nur Ihren Gedanken nachhängen. Das Aushalten des Nicht-Tuns kann am Anfang schwierig und ungewohnt sein. Ab die Muße ist wichtig, damit sich Ihre Gedanken und Gefühle immer wieder neu ordnen können.
Öffnen Sie jeden Tag ein kleines Fenster in die Zukunft!
Viele angehende Pensionäre stürzen sich in hektische Aktivität, um dem Gefühl der inneren Leere vorzubeugen. Sie unternehmen strapaziöse Reisen, legen sich ein besonders zeitintensives Hobby zu oder widmen ihre ganze Kraft einem sozialen Projekt. Mein Rat ist: Lassen Sie es langsam angehen. Die Lösung für ein gutes Leben im Alter kann nicht daraus bestehen, dass die alte Arbeit durch eine neue ersetzt wird. Geben Sie sich den Raum, Neues auszuprobieren. Bringen Sie jeden Tag etwas Neues in ihr Leben, indem Sie eine spontane Idee umsetzen. Eine Idee genügt. Beispiel: Sie erinnern Sich daran, dass Sie sich als junger Mensch für Astronomie interessiert haben. Also besuchen Sie in eine öffentliche Bücherei und leihen ein Buch über Sternenkunde aus. Wenn Sie es nach den ersten Seiten wieder beiseite legen, ist das kein Verlust, denn es ging nur um einen Versuchsballon. Sie können sich Misserfolge leisten. Selbst wenn Sie 80 Prozent Ihrer spontanen Ideen nicht weiter verfolgen, wird sich ihr Leben rasch mit neuem Inhalt füllen.
Werden Sie Ihr eigener Coach!
Wir lernen ständig durch die Rückmeldungen, die wir uns selbst geben. Das Prinzip nennt sich Selbstverstärkung. Wir loben uns, wenn wir etwas besonders gut gemacht haben. Und tadeln uns, wenn uns ein Fehler unterlaufen ist. Das geschieht meist unbewusst und ganz automatisch. Leider neigen viele Menschen vor allem in Zeiten der Unsicherheit dazu, mit Eigenlob zu geizen und dafür verschwenderisch mit Selbstkritik umzugehen. Wenn Sie zu diesem Menschenschlag gehören, sei Ihnen die folgende Übung empfohlen. Nehmen Sie sich jeden Abend vor dem Schlafengehen 10 Minuten Zeit, um den Tag vor Ihrem inneren Auge R***e passieren zu lassen. Loben Sie sich ausdrücklich für das, was Ihnen gut gelungen ist. Fragen Sie sich, woran es lag, wenn Sie mit einem Vorhaben gescheitert sind. Die Übung wird Ihnen dabei helfen, Eigenlob und Selbstkritik in ein konstruktives Verhältnis zu bringen. Sie werden herausfinden, dass Sie immer etwas entdecken können, das Ihr Lob verdient hat. Das schützt Sie vor Entmutigung und stärkt Sie für den nächsten Tag.
Bei der Umsetzung wünsche ich Ihnen viel Erfolg. Bitte nehmen Sie Kontakt mit mir auf, wenn Sie weitere Informationen wünschen oder Interesse an einem persönlichen Coaching haben.