11/07/2024
Ich kann doch nicht die ganze Zeit meine Brust auspacken!
Muss mein Kind alle 10 Minuten an die Brust?
Wer kümmert sich um den Haushalt!!! Und wer kocht?
Und wer empfängt die Verwandten und Freunde?
Aber ich will aus dem Haus gehen!!! Wie schaffe ich das, wenn mein Kind ständig gestillt werden will?
Das ist doch kein Leben!!!
Ich fühle mich ungepflegt und alleine.
Kaum löst es sich von der Brust, weint es.
Ich habe eine weiche Brust-bestimmt habe ich zu wenig Milch.
Warum weint mein Kind? Was hat es? Es kann doch nicht schon wieder Hunger sein?
Ich glaube du hast keine Milch mehr. Du wirst sehen, wie gut dein Kind schläft, wenn du erst einmal die Flasche gibst!
Siehst du, deshalb hatte es Hunger, armes Kleines.
Du musst immer 3 Stunden zwischen einer und der nächsten Mahlzeit vergehen lassen, sonst bekommst du nie einen Rhythmus zustande. Und wenn dein Kind weint, lass es doch einmal weinen. Das kräftigt die Lungen.
Und gib ihm endlich nachts die Flasche, damit es länger schläft.
Schau, wie schlau es schon ist: so klein, und schon verwöhnt!
Kaum stillst du es, hört es auf zu weinen. Ach, du Arme! Was dich noch alles erwarten wird!
…
Liebe Mama,
ich bin dein Kind.
Ich habe 9 Monate in der wohligen Wärme deines Bauches gewohnt, kannte weder Hunger, noch Kälte, Licht und schon gar nicht das Gefühl von Kleidung und Windeln auf meiner Haut.
Ich hörte deine Stimme, das beruhigende Rauschen deines Blutes und gedämpfte Geräusche aus deinem Alltag.
Ich war immer ganz nah bei dir, Mama.
Dann habe ich mich plötzlich in einer völlig neuen Situation befunden: meine Lungen haben sich mit Luft gefüllt, ich habe das erste Mal meine Stimme gehört.
All die neuen Eindrücke haben mich überwältigt:
Licht
Kühle Luft
Wärme
Angst
Dann habe ich deine Stimme gehört.
Deine Haut und deine Arme gespürt.
Und deine Brust.
Es fließt etwas Warmes in meinen Bauch. Du hältst mich weiter eng umarmt. Lass mich nicht los, Mama. Ich habe Angst.
Ich brauche deine Nähe, und sauge alle paar Minuten an deiner Brust.
Manchmal aus Hunger, manchmal aus Durst, aber oft einfach nur um mich zu versichern, dass du noch da bist. Lass mich nicht los, Mama!
Lass meinen Papa kochen, oder bestellt euch was. Jetzt ist nicht die Zeit um ein 5 Gänge Menü zu zaubern. Jetzt ist die Zeit, um zusammen herauszufinden, wie wir beide getrennt, aber trotzdem noch in enger Verbindung leben können.
Hör nicht auf die anderen!
Keine Angst vor dem Verwöhnen! Und ich brauche auch keine Flasche! Deine Milch reicht mir.
Ich bin noch klein, und manchmal brauche ich lange, um satt zu werden. Manchmal schlafe ich dabei ein. Das beste ist, du schläfst dann auch.
Ich weiß, du fühlst dich müde!
Aber dieser Ausnahmezustand dauert nicht ewig.
Komm, gehen wir ein wenig raus, Mama!
Trage mich im Tuch, ganz eng an dich gekuschelt und wir gehen hin, wo immer du willst.
Ich brauche nichts weiter, nur dich.
Hilf mir, zu wachsen! Lass mich nicht alleine weinen. Mein Weinen ist so viel mehr als nur eine Laune. Es ist Angst, oft sogar Todesangst.
Ich kann nur mit und dank dir überleben.
Halte mich, Mama, noch bin ich klein.
Bald werde ich die Welt um mich herum erforschen, und mehr Vertrauen bekommen.
Lass mich sorglos wachsen.
Es ist ein kurzer Augenblick, und ich bin groß.
Ruh dich aus, Mama. Leg dich neben mich.
Kuschle mit mir, küsse mich und versichere uns beiden immer wieder, dass alles gut wird.
Lass alle ungebetenen Ratschläge vor der Tür.
Lass uns ganz nahe sein, Mama, so nahe wie wir es bis gestern waren, als ich noch in dir war… 💗
Angelica Manzi