Petsupport Tierorthopädietechnik

Petsupport Tierorthopädietechnik Dienstag 13.00 bis 17.00 Uhr
Mittwoch 9.00 bis 13.00Uhr telefonich zu erreihen. Termine nur nach telefonischer Vereinbarung

Unser Fach ist die tierorthopädische Versorgung im Bereich Bandagen, Orthesen, Prothesen, Stützapparate, Gipsersatzschienen und die kliniknahe Versorgung des Haustieres in Absprache mit dem behandelnden Tierarzt und/oder Physiotherapeuten .. Unsere Telefonzeiten sind Montag bis Donnerstag 13 bis 17 Uhr und natürlich nach Vereinbarung.

20/06/2025

Ein Tierheim und ein Mops: Über klare Kommunikation im Tierschutz

Von Ralph Rückert, Tierarzt

Das Tierheim Hilden sucht für „unseren kleinen Mops Sam“, „unseren kleinen Clown“ ein neues Zuhause, siehe der Facebook-Screenshot.

Folgt man dem angegebenen Link auf die Homepage des Tierheims, erfährt man mehr. Ich zitiere in voller Länge den ursprünglichen Text, der inzwischen aufgrund der zunehmenden Kritik leicht verändert worden ist:

„Sam – ein kleiner Clown mit großem Herzen sucht liebevolles Zuhause. Sam ist ein fröhlicher, menschenbezogener Mops-Rüde, der am 03. Mai 2025 gemeinsam mit drei weiteren Hunden zu uns ins Tierheim kam. Leider ist seine Besitzerin verstorben, und so suchen wir nun für diesen kleinen Sonnenschein ein neues Zuhause, in dem er wieder Freude und Zuwendung erleben darf. Über Sam: Sam ist ein richtiger Gute-Laune-Hund – verspielt, schmusig und einfach nur liebenswert. Er liebt es, Zeit mit Menschen zu verbringen und bringt mit seiner aufgedrehten, fröhlichen Art alle Herzen zum Schmelzen. Als kleiner Clown sorgt er für viele Lacher und zeigt sich stets offen und charmant im Umgang. Spaziergänge & Sozialverhalten: Sam liebt es, über den Tag verteilt mehrere kleine Gassirunden zu drehen. Frische Luft, neue Eindrücke und gemütliches Schnüffeln – das ist ganz nach seinem Geschmack! Mit anderen Hunden zeigt er sich gut verträglich und kann auch gerne gemeinsam mit seiner kleinen Malteser-Freundin Fiene vermittelt werden – das ist aber kein Muss. Gesundheit & Pflege: Sam wird zeitnah zahnmedizinisch behandelt, da eine Zahnsanierung notwendig ist. Zudem hat er eine Hornhautentzündung und bekommt aktuell zweimal täglich eine Augensalbe, was er brav mit sich machen lässt. Es wird derzeit noch tierärztlich abgeklärt ob hier noch eine OP erfolgen muss. Seine Pflegebedürfnisse sind gut zu handhaben – mit ein wenig Fürsorge und Routine ist das problemlos in den Alltag zu integrieren. Was Sam sucht: Gesucht wird ein liebevolles Zuhause, das Freude daran hat, sich mit einem fröhlichen, kleinen Hundekumpel den Alltag zu verschönern. Menschen, die ihm Zuwendung, Sicherheit und ein bisschen Verwöhnung bieten möchten, sind bei Sam genau richtig. Ein Zuhause mit kurzen Wegen für die Gassirunden wäre ideal – viel wichtiger ist ihm aber, dass er nicht allein ist und endlich wieder dazugehören darf. Was Sam mitbringt: Mit Sam bekommt man einen verschmusten, fröhlichen kleinen Begleiter, der für jedes Lächeln dankbar ist. Er bringt Leichtigkeit, Wärme und ein großes Herz mit – und sucht einfach nur Menschen, bei denen er wieder ankommen darf.“

Das ist ein routiniert geschriebener Text, der natürlich dafür sorgen soll, dass der Hund möglichst schnell vermittelt wird, was ja durchaus die vordringliche Aufgabe eines Tierheimes sein muss. Es ist aber auch ein Text – und da setzt meine Kritik an – der das Dauerleiden dieses Hundes und das, was auf die zukünftigen Besitzer zwangsläufig zukommt, fast vollständig unter den Tisch fallen lässt, und zwar ganz bewusst zugunsten einer Sprachführung, die auf einen spontanen „Süüüüß!!! Will haben!!!“-Effekt ausgelegt ist.

Immerhin wird im Absatz „Gesundheit und Pflege“ zumindest flüchtig angedeutet, dass da so einiges im Argen liegt, was die Zähne und die Augen angeht. Dies wird aber gleich im nächsten Satz verharmlost, mit der äußerst gewagten Behauptung, dass die Pflegebedürfnisse des Hundes gut zu handhaben und mit ein wenig Fürsorge und Routine problemlos in den Alltag zu integrieren wären.

Deshalb an dieser Stelle mal ein Reality-Check: Was sieht ein Tierarzt wie ich, mit 35 Jahren Praxiserfahrung und mit unzähligen Behandlungen brachycephaler Hunde auf dem Buckel?

Besonders interessant und entlarvend war ein elf Sekunden langer Videoclip, der ursprünglich ganz unten auf Sams Vorstellungsseite zu finden war. Dort war eindeutig zu sehen, dass Sam nur mit geöffnetem Maul atmen (bzw. röcheln) kann. Die einzigen Momente, in denen das Maul des Hundes mal kurz geschlossen ist, dienen nur der schnellen Befeuchtung der Schleimhäute mit Speichel. Die Atemgeräusche können als extrem bezeichnet werden.

Warum kann Sam nur mit geöffnetem Maul atmen, was übrigens für Hunde völlig unphysiologisch ist? Das sieht man auf dem Foto ganz oben: Er hat eine extrem verkürzte Nase mit fast vollständig geschlossenen Nasenlöchern. Nach den Gesetzen der Strömungsphysik können durch diese Schlitze nur etwa 10 bis 20 Prozent der Luft gesogen werden, die ein Hund mit normalen Nasenlöchern bekommt. Weiterhin müssen wir aus den lauten, röchelnden Atemgeräuschen schließen, dass wir es im Bereich des Gaumensegels und des Kehlkopfes mit weiteren und beträchtlichen Verengungen der Atemwege zu tun haben. Sam ist also ein vom Brachycephalen Obstruktiven Atemwegssyndrom (BOAS) schwer betroffener Patient. Man beachte, dass die durch die chronische Atemnot verursachte Aktivitätseinschränkung des Hundes vom Tierheim buchstäblich als Vorzug für Gehfaule angepriesen wird.

Auf dem Foto sehen wir außerdem die Gründe für die im Text erwähnten Augenprobleme von Sam: Die Nasenfalte ist so extrem aufgeworfen, dass der Hund nicht mal den Boden vor seinen Füßen sehen kann. Gleichzeitig übt diese Falte Druck auf die Oberfläche (die Hornhaut, die Sklera) der weit hervorstehenden Augäpfel aus und trägt damit wesentlich zur Entstehung von entzündlichen oder gar ulzerativen Hornhauterkrankungen bei. Ein weiterer Begünstigungsfaktor für Hornhautprobleme ist die Tatsache, dass derartig weit aus den kaum vorhandenen Augenhöhlen tretende Augen einen vollständigen Lidschluss beim Zwinkern und auch im Schlaf nicht zulassen, so dass Bereiche der Sklera nicht ausreichend befeuchtet werden. Aus diesen anatomisch-funktionellen Tatsachen ergibt sich die Folgerung, dass die vom Tierheim erwähnte Behandlung mit Augensalbe nur eine Symptombekämpfung, nicht aber eine ursächliche Therapie sein kann.

Auch die im Vorstellungstext des Tierheims kurz angesprochene Notwendigkeit einer Zahnsanierung ist natürlich eine direkte Folge der extremen Schädeldeformation, die immer und grundsätzlich zu massiven Zahnfehlstellungen führt. Eine Zahnsanierung bei einem Extrem-Brachycephalen wie Sam ist mit sehr hohem Aufwand verbunden und setzt ein hohes Maß an technischer Ausstattung und zahnmedizinischer Sachkunde voraus. Die völlig chaotisch stehenden Zähne führen dazu, dass das normale Zahnröntgen in der Regel nicht ausreicht, um die Situation ausreichend sicher beurteilen zu können, was dann ein Kopf-CT notwendig macht.

Fazit: In einem ehrlichen, offenen und gezielt nicht auf völlig unüberlegte Begehrlichkeitsrelexe abzielenden Vorstellungstext für Sam müsste also auf jeden Fall deutlich hervorgehoben werden, dass dieser Hund trotz aller seiner charakterlichen Vorzüge ein Paradebeispiel für Qualzucht darstellt und dass seine Adoption nur Menschen empfohlen werden kann, die über die Mittel, die Einsichtsfähigkeit und die psychische Belastbarkeit verfügen, um einen schwierigen therapeutischen Weg zu gehen, der dem Tier mittelfristig ein wenigstens halbwegs erträgliches Leben ermöglichen kann.

Sam braucht – und daran besteht für mich überhaupt kein Zweifel – möglichst schnell erstens eine OP, um die monströse Nasenfalte zu korrigieren, was dann auch zu einer gewissen Besserung der Augenprobleme führen sollte. Zweitens benötigt er die sogenannte Multi-Level-Brachycephalen-Chirurgie (Nasenloch- und Nasenmuschelkorrektur, Gaumensegelkorrektur, evtl. Tonsillektomie und Laryngoplastik). Drittens wird Sam sein Leben lang ein Zahnpatient bleiben, der in regelmäßigen Abständen aufwändige Zahnsanierungen benötigen wird.

Wir reden hier also von ganz beträchtlichen finanziellen Belastungen, die sehr schnell auch den fünfstelligen Bereich erreichen können, von dem Stress, den das alles bedeutet, ganz zu schweigen. Der Mops hat das sicher verdient. Ich gönne ihm von ganzem Herzen, dass er neue Menschen findet, die ihm das alles geben können, sehe aber aufgrund der offensichtlichen Schönfärberei leider die Gefahr, dass er in auch vom Tierheim zu verantwortender Unkenntnis der erläuterten Umstände bei Leuten landet, die eine solche Belastung nicht tragen können, und damit im Prinzip vom Regen in die Traufe kommt. So einen absoluten Problemhund wie warm Sauerbier anzupreisen, ist auch und gerade für eine Tierschutzorganisation der falsche Weg, weil dadurch – wie man an vielen Kommentaren unter dem Facebook-Posting leicht erkennen kann – Begehrlichkeiten bei Leuten hervorgerufen werden, die nicht mal einen blassen Schimmer davon haben, was die Anschaffung eines solchen Hundes wirklich bedeutet.

Ein anderer ärgerlicher Punkt an dem Posting: Seit Jahren bemüht sich die Tierärzteschaft darum, dass Fotos von Plattnasen nicht für Werbung eingesetzt werden. Genau dies aber findet hier leider statt, ausgerechnet durch eine Tierschutzeinrichtung. Beim flüchtigen Durchscrollen der FB-Seite des Tierheimes findet man kaum Beiträge, die mehr Reaktionen ausgelöst haben. Durch den überenthusiastischen und das eigentliche Problem völlig unter den Teppich kehrenden Text wird aus einer durchaus nachvollziehbaren Vermittlungsbemühung leider ziemlich schäbiges Clickbaiting auf Kosten des Hundes. In meinen Augen bedauerlich, zumal das Tierheim durch nicht wenige Diskussionsteilnehmer:innen (auch von Kolleginnen und Kollegen von mir) kritische Kommentare bekommen hat, was aber nur dazu geführt hat, dass der erwähnte und tatsächlich aussagekräftige Videoclip durch ein weiteres „süüüßes“ Foto ersetzt, ein trockener Dreizeiler zum Thema Qualzucht hinzugefügt und in einem Nebensatz beiläufig erwähnt wurde, dass da – wie von mir dargestellt - doch noch mehrere OPs notwendig werden könnten.

Bleiben Sie mir gewogen, bis bald, Ihr

Ralph Rückert

© Ralph Rückert
Sie können jederzeit und ohne ausdrückliche Erlaubnis auf diesen Artikel verlinken oder ihn auf Facebook teilen. Jegliche (auch teilweise) Vervielfältigung oder Nachveröffentlichung, ob in elektronischer Form oder im Druck, ist untersagt und kann allenfalls ausnahmsweise mit schriftlich eingeholtem Einverständnis erfolgen. Zuwiderhandlungen werden juristisch verfolgt. Genehmigte Nachveröffentlichungen müssen den jeweiligen Artikel völlig unverändert lassen, also ohne Weglassungen, Hinzufügungen oder Hervorhebungen. Eine Umwandlung in andere Dateiformate wie PDF ist nicht gestattet. In Printmedien sind dem Artikel die vollständigen Quellenangaben inkl. meiner Homepage beizufügen, bei Online-Nachveröffentlichung ist zusätzlich ein anklickbarer Link auf meine Homepage oder den Original-Artikel im Blog nötig.

Danke für die dringend notwendigen klaren Worte
20/06/2025

Danke für die dringend notwendigen klaren Worte

Ein Tierheim und ein Mops: Über klare Kommunikation im Tierschutz

Von Ralph Rückert, Tierarzt

Das Tierheim Hilden sucht für „unseren kleinen Mops Sam“, „unseren kleinen Clown“ ein neues Zuhause, siehe der Facebook-Screenshot.

Folgt man dem angegebenen Link auf die Homepage des Tierheims, erfährt man mehr. Ich zitiere in voller Länge den ursprünglichen Text, der inzwischen aufgrund der zunehmenden Kritik leicht verändert worden ist:

„Sam – ein kleiner Clown mit großem Herzen sucht liebevolles Zuhause. Sam ist ein fröhlicher, menschenbezogener Mops-Rüde, der am 03. Mai 2025 gemeinsam mit drei weiteren Hunden zu uns ins Tierheim kam. Leider ist seine Besitzerin verstorben, und so suchen wir nun für diesen kleinen Sonnenschein ein neues Zuhause, in dem er wieder Freude und Zuwendung erleben darf. Über Sam: Sam ist ein richtiger Gute-Laune-Hund – verspielt, schmusig und einfach nur liebenswert. Er liebt es, Zeit mit Menschen zu verbringen und bringt mit seiner aufgedrehten, fröhlichen Art alle Herzen zum Schmelzen. Als kleiner Clown sorgt er für viele Lacher und zeigt sich stets offen und charmant im Umgang. Spaziergänge & Sozialverhalten: Sam liebt es, über den Tag verteilt mehrere kleine Gassirunden zu drehen. Frische Luft, neue Eindrücke und gemütliches Schnüffeln – das ist ganz nach seinem Geschmack! Mit anderen Hunden zeigt er sich gut verträglich und kann auch gerne gemeinsam mit seiner kleinen Malteser-Freundin Fiene vermittelt werden – das ist aber kein Muss. Gesundheit & Pflege: Sam wird zeitnah zahnmedizinisch behandelt, da eine Zahnsanierung notwendig ist. Zudem hat er eine Hornhautentzündung und bekommt aktuell zweimal täglich eine Augensalbe, was er brav mit sich machen lässt. Es wird derzeit noch tierärztlich abgeklärt ob hier noch eine OP erfolgen muss. Seine Pflegebedürfnisse sind gut zu handhaben – mit ein wenig Fürsorge und Routine ist das problemlos in den Alltag zu integrieren. Was Sam sucht: Gesucht wird ein liebevolles Zuhause, das Freude daran hat, sich mit einem fröhlichen, kleinen Hundekumpel den Alltag zu verschönern. Menschen, die ihm Zuwendung, Sicherheit und ein bisschen Verwöhnung bieten möchten, sind bei Sam genau richtig. Ein Zuhause mit kurzen Wegen für die Gassirunden wäre ideal – viel wichtiger ist ihm aber, dass er nicht allein ist und endlich wieder dazugehören darf. Was Sam mitbringt: Mit Sam bekommt man einen verschmusten, fröhlichen kleinen Begleiter, der für jedes Lächeln dankbar ist. Er bringt Leichtigkeit, Wärme und ein großes Herz mit – und sucht einfach nur Menschen, bei denen er wieder ankommen darf.“

Das ist ein routiniert geschriebener Text, der natürlich dafür sorgen soll, dass der Hund möglichst schnell vermittelt wird, was ja durchaus die vordringliche Aufgabe eines Tierheimes sein muss. Es ist aber auch ein Text – und da setzt meine Kritik an – der das Dauerleiden dieses Hundes und das, was auf die zukünftigen Besitzer zwangsläufig zukommt, fast vollständig unter den Tisch fallen lässt, und zwar ganz bewusst zugunsten einer Sprachführung, die auf einen spontanen „Süüüüß!!! Will haben!!!“-Effekt ausgelegt ist.

Immerhin wird im Absatz „Gesundheit und Pflege“ zumindest flüchtig angedeutet, dass da so einiges im Argen liegt, was die Zähne und die Augen angeht. Dies wird aber gleich im nächsten Satz verharmlost, mit der äußerst gewagten Behauptung, dass die Pflegebedürfnisse des Hundes gut zu handhaben und mit ein wenig Fürsorge und Routine problemlos in den Alltag zu integrieren wären.

Deshalb an dieser Stelle mal ein Reality-Check: Was sieht ein Tierarzt wie ich, mit 35 Jahren Praxiserfahrung und mit unzähligen Behandlungen brachycephaler Hunde auf dem Buckel?

Besonders interessant und entlarvend war ein elf Sekunden langer Videoclip, der ursprünglich ganz unten auf Sams Vorstellungsseite zu finden war. Dort war eindeutig zu sehen, dass Sam nur mit geöffnetem Maul atmen (bzw. röcheln) kann. Die einzigen Momente, in denen das Maul des Hundes mal kurz geschlossen ist, dienen nur der schnellen Befeuchtung der Schleimhäute mit Speichel. Die Atemgeräusche können als extrem bezeichnet werden.

Warum kann Sam nur mit geöffnetem Maul atmen, was übrigens für Hunde völlig unphysiologisch ist? Das sieht man auf dem Foto ganz oben: Er hat eine extrem verkürzte Nase mit fast vollständig geschlossenen Nasenlöchern. Nach den Gesetzen der Strömungsphysik können durch diese Schlitze nur etwa 10 bis 20 Prozent der Luft gesogen werden, die ein Hund mit normalen Nasenlöchern bekommt. Weiterhin müssen wir aus den lauten, röchelnden Atemgeräuschen schließen, dass wir es im Bereich des Gaumensegels und des Kehlkopfes mit weiteren und beträchtlichen Verengungen der Atemwege zu tun haben. Sam ist also ein vom Brachycephalen Obstruktiven Atemwegssyndrom (BOAS) schwer betroffener Patient. Man beachte, dass die durch die chronische Atemnot verursachte Aktivitätseinschränkung des Hundes vom Tierheim buchstäblich als Vorzug für Gehfaule angepriesen wird.

Auf dem Foto sehen wir außerdem die Gründe für die im Text erwähnten Augenprobleme von Sam: Die Nasenfalte ist so extrem aufgeworfen, dass der Hund nicht mal den Boden vor seinen Füßen sehen kann. Gleichzeitig übt diese Falte Druck auf die Oberfläche (die Hornhaut, die Sklera) der weit hervorstehenden Augäpfel aus und trägt damit wesentlich zur Entstehung von entzündlichen oder gar ulzerativen Hornhauterkrankungen bei. Ein weiterer Begünstigungsfaktor für Hornhautprobleme ist die Tatsache, dass derartig weit aus den kaum vorhandenen Augenhöhlen tretende Augen einen vollständigen Lidschluss beim Zwinkern und auch im Schlaf nicht zulassen, so dass Bereiche der Sklera nicht ausreichend befeuchtet werden. Aus diesen anatomisch-funktionellen Tatsachen ergibt sich die Folgerung, dass die vom Tierheim erwähnte Behandlung mit Augensalbe nur eine Symptombekämpfung, nicht aber eine ursächliche Therapie sein kann.

Auch die im Vorstellungstext des Tierheims kurz angesprochene Notwendigkeit einer Zahnsanierung ist natürlich eine direkte Folge der extremen Schädeldeformation, die immer und grundsätzlich zu massiven Zahnfehlstellungen führt. Eine Zahnsanierung bei einem Extrem-Brachycephalen wie Sam ist mit sehr hohem Aufwand verbunden und setzt ein hohes Maß an technischer Ausstattung und zahnmedizinischer Sachkunde voraus. Die völlig chaotisch stehenden Zähne führen dazu, dass das normale Zahnröntgen in der Regel nicht ausreicht, um die Situation ausreichend sicher beurteilen zu können, was dann ein Kopf-CT notwendig macht.

Fazit: In einem ehrlichen, offenen und gezielt nicht auf völlig unüberlegte Begehrlichkeitsrelexe abzielenden Vorstellungstext für Sam müsste also auf jeden Fall deutlich hervorgehoben werden, dass dieser Hund trotz aller seiner charakterlichen Vorzüge ein Paradebeispiel für Qualzucht darstellt und dass seine Adoption nur Menschen empfohlen werden kann, die über die Mittel, die Einsichtsfähigkeit und die psychische Belastbarkeit verfügen, um einen schwierigen therapeutischen Weg zu gehen, der dem Tier mittelfristig ein wenigstens halbwegs erträgliches Leben ermöglichen kann.

Sam braucht – und daran besteht für mich überhaupt kein Zweifel – möglichst schnell erstens eine OP, um die monströse Nasenfalte zu korrigieren, was dann auch zu einer gewissen Besserung der Augenprobleme führen sollte. Zweitens benötigt er die sogenannte Multi-Level-Brachycephalen-Chirurgie (Nasenloch- und Nasenmuschelkorrektur, Gaumensegelkorrektur, evtl. Tonsillektomie und Laryngoplastik). Drittens wird Sam sein Leben lang ein Zahnpatient bleiben, der in regelmäßigen Abständen aufwändige Zahnsanierungen benötigen wird.

Wir reden hier also von ganz beträchtlichen finanziellen Belastungen, die sehr schnell auch den fünfstelligen Bereich erreichen können, von dem Stress, den das alles bedeutet, ganz zu schweigen. Der Mops hat das sicher verdient. Ich gönne ihm von ganzem Herzen, dass er neue Menschen findet, die ihm das alles geben können, sehe aber aufgrund der offensichtlichen Schönfärberei leider die Gefahr, dass er in auch vom Tierheim zu verantwortender Unkenntnis der erläuterten Umstände bei Leuten landet, die eine solche Belastung nicht tragen können, und damit im Prinzip vom Regen in die Traufe kommt. So einen absoluten Problemhund wie warm Sauerbier anzupreisen, ist auch und gerade für eine Tierschutzorganisation der falsche Weg, weil dadurch – wie man an vielen Kommentaren unter dem Facebook-Posting leicht erkennen kann – Begehrlichkeiten bei Leuten hervorgerufen werden, die nicht mal einen blassen Schimmer davon haben, was die Anschaffung eines solchen Hundes wirklich bedeutet.

Ein anderer ärgerlicher Punkt an dem Posting: Seit Jahren bemüht sich die Tierärzteschaft darum, dass Fotos von Plattnasen nicht für Werbung eingesetzt werden. Genau dies aber findet hier leider statt, ausgerechnet durch eine Tierschutzeinrichtung. Beim flüchtigen Durchscrollen der FB-Seite des Tierheimes findet man kaum Beiträge, die mehr Reaktionen ausgelöst haben. Durch den überenthusiastischen und das eigentliche Problem völlig unter den Teppich kehrenden Text wird aus einer durchaus nachvollziehbaren Vermittlungsbemühung leider ziemlich schäbiges Clickbaiting auf Kosten des Hundes. In meinen Augen bedauerlich, zumal das Tierheim durch nicht wenige Diskussionsteilnehmer:innen (auch von Kolleginnen und Kollegen von mir) kritische Kommentare bekommen hat, was aber nur dazu geführt hat, dass der erwähnte und tatsächlich aussagekräftige Videoclip durch ein weiteres „süüüßes“ Foto ersetzt, ein trockener Dreizeiler zum Thema Qualzucht hinzugefügt und in einem Nebensatz beiläufig erwähnt wurde, dass da – wie von mir dargestellt - doch noch mehrere OPs notwendig werden könnten.

Bleiben Sie mir gewogen, bis bald, Ihr

Ralph Rückert

© Ralph Rückert
Sie können jederzeit und ohne ausdrückliche Erlaubnis auf diesen Artikel verlinken oder ihn auf Facebook teilen. Jegliche (auch teilweise) Vervielfältigung oder Nachveröffentlichung, ob in elektronischer Form oder im Druck, ist untersagt und kann allenfalls ausnahmsweise mit schriftlich eingeholtem Einverständnis erfolgen. Zuwiderhandlungen werden juristisch verfolgt. Genehmigte Nachveröffentlichungen müssen den jeweiligen Artikel völlig unverändert lassen, also ohne Weglassungen, Hinzufügungen oder Hervorhebungen. Eine Umwandlung in andere Dateiformate wie PDF ist nicht gestattet. In Printmedien sind dem Artikel die vollständigen Quellenangaben inkl. meiner Homepage beizufügen, bei Online-Nachveröffentlichung ist zusätzlich ein anklickbarer Link auf meine Homepage oder den Original-Artikel im Blog nötig.

23/03/2025
War zuletzt in Lebach - wer kann Hinweise geben wo sich der Hund jetzt aufhält. Ich nehme an der Verein will nur wissen ...
21/03/2025

War zuletzt in Lebach - wer kann Hinweise geben wo sich der Hund jetzt aufhält. Ich nehme an der Verein will nur wissen WO er ist.

‼️🆘️ Wir brauchen Hilfe 🆘️‼️

Wo ist Ambrosia❓️



Wir benötigen Ihre / Eure Hilfe bei der Suche nach unserer AMBROSIA.



AMBROSIA ist eine Bodegueromischlingshündin, weiß mit braunen Abzeichen.

Sie wurde im November 2023 geboren.



Zuletzt hat sie in 66822 Lebach gelebt.

Hier hat sich ihre Spur verloren.



Wir machen uns große Sorgen um AMBROSIA.

Wer kann uns Hinweise zu ihrem Aufenthaltsort geben?



Wir sind für jeden Hinweis dankbar!















Andrea FUNK

SALVA Hundehilfe e. V.

) 0173 5174297

* andrea.funk@salva-hundehilfe.de







www.salva-hundehilfe.de

20/03/2025

Tierschutz und Tierpflege sind für euch eine Berufung?

Ihr habt bereits Erfahrung im Umgang mit Heimtieren oder ein besonderes Händchen für Hunde? 🐶

Auch motivierte Quereinsteiger sind herzlich willkommen 🙌

Wenn ihr Teil unseres Teams werden möchtet, dann freuen wir uns auf eure Bewerbung. 🥳
Sendet diese an info@tierheim-saarbruecken.de

27/02/2025

Kaffee und Kuchen für unsere Tiere März 2025
Auch in diesem Jahr werden wir wieder regelmäßig unseren beliebten Kaffee und Kuchen Nachmittag veranstalten.

Weiter geht’s am 02. März von ca. 14:30 Uhr bis ca. 17:00 Uhr (solange der Vorrat reicht).

Selbstverständlich können Sie die leckeren Sachen auch gerne zum Verzehr mit nach Hause nehmen.

Der Erlös wird wieder einen wichtigen Teil zur Versorgung unserer Tiere und zur Unterhaltung des Tierheims beitragen.

Wir freuen uns jetzt schon wieder über viele leckere selbst gebackene Kuchen und bedanken uns schon im Voraus bei allen Spendern und Besuchern. !!

27/02/2025

Stellenausschreibung
Vollzeitpfleger*in und Halbtagskraft Tierheim Linxbachhof

Schwer zu finden – aaaaber :
WIR SUCHEN AKTUELL kompetente Vollzeit- und Halbtagskräfte! (kein Minijob
möglich)
Was gibt es da alles zu tun?
Versorgung, Fütterung und Pflege der Tiere, Säubern der Boxen, Außenbereiche,
Käfige, Kleintierbereiche, Zwinger, Betreuung der Tiere, Tierarztfahrten,
Vermittlungsgespräche - eben alles, was an Arbeit in einem Tierheim anfällt.
Was musst du mitbringen?
Wir suchen einen teamfähigen Menschen, der sich vor Arbeit nicht scheut,
respektvoll mit Mensch und Tier umgeht, keinen Besserwisser und niemanden, der
zum Lachen in den Keller geht.
Wir suchen einen Menschen, der nicht punktum alles stehen und liegen lässt, der
auch bereit ist, mal an Feiertagen und Wochenenden Dienst zu schieben, dem das
Wohl der Tiere am Herzen liegt und der bereit ist, auch mal im Regen draußen zu
stehen.
Von "nett" bis "verhaltensoriginell" ist an Tieren alles vertreten und verlangt auch
nach dem entsprechenden verantwortungsbewussten Umgang!
Was erwartet dich?
Geld (denn mit Backsteinen kommst du nicht weit), ein eingearbeitetes, motiviertes
und faires Team (das, was wir auch von dir erwarten), die Möglichkeit zur
Weiterbildung über interne und externe Schulungen (lernen kann man hier definitiv
sehr viel), Spaß und Action, Katzen, Hunde, Kleintiere und Vögel (von nett bis nicht
so nett), sonnige und regnerische Zeiten (auf letzteres haben wir leider wenig
Einfluss).
Du fühlst dich angesprochen und berufen, Tierheimtieren ein besseres Leben zu
ermöglichen und ihnen auf ihrer Durchreise zu helfen?
Dann schick uns eine aussagekräftige Bewerbung mit Lebenslauf, Zeugnissen und
den üblichen Bewerbungsunterlagen zu!
an
info@tierheim-linxbachhof.de
oder per Post an
Tierheim Linxbachhof
Linxbachhof 1
66606 Niederlinxweiler

Unvollständige Anfragen und Bewerbungen können wir aus Kapazitätsgründen nicht
beantworten.

27/02/2025

Das Saarland ist auch das perfekte Reiseziel für den Urlaub mit Hund.🐶🤗 Sanfte Hügel, weite Wiesen und dichte Wälder sowie zahlreiche hundefreundliche Unterkünfte machen das Saarland zu einem echten Paradies für die Vierbeiner.🐕🌳
Ein absoluter Tipp ist die Wern's Mühle in Ottweiler, denn Familie Keller hat sich zur Aufgabe gemacht ihr Landhaus besonders hundefreundlich zu gestalten. Für ihr Engagement wurde sie mit der ersten bundesweiten Auszeichnung für hundefreundliche Ferienunterkünfte mit fünf Pfoten belohnt.🥰

Einen Blogbeitrag zur Wern´s Mühle und viele weitere haustierfreundliche Unterkünfte findet ihr unter: https://brnw.ch/21wQZxJ

Foto: Anna Palz

27/02/2025

"Muss DER einen Maulkorb tragen? Der sieht doch so niedlich aus" - solche Sprüche hören wir bei den Tierheimhunden zwar nicht, aber Privathundehalter, die ihren Hund entsprechend absichern, kennen das oftmals.
Als würde das Äußere den jeweiligen Hund zu einem machen, der niiiemals seine Zähne einsetzt. Doch Aussehen oder Rasse schützt vor Bissigkeit nicht. Und umgekehrt ist es so, dass nicht jeder Hundetyp beißt, von dem man es im ersten Moment glaubt. Die Bandbreite ist riesengroß.
Ja, Matsefu kann total verschmust und niedlich sein und kann dennoch ernsthaft verletzen.
Vielleicht wird das manchmal unterschätzt. Noch schwerer haben es in der Hinsicht womöglich die, die als klassische Familienhunde gelten.
Doch: Jeder Hund will ernst genommen werden.

Also lasst uns bitte zuallererst sehen, dass Hunde individuell ganz unterschiedlich sind - egal, welches Fell sie tragen und welche Augenfarbe sie haben. Hunde haben ihre jeweils eigenen Charakterzüge und Verhaltensweisen.

Eure Wirs - mit Matsefu

18/01/2025

Notdienst: Es recht zu machen jedermann, ist eine Kunst, die keiner kann…

Von Ralph Rückert, Tierarzt

Um den Jahreswechsel herum wurde im Saarland durch die Medien verbreitet, dass die dortige Landestierärztekammer ein neues Notdienstkonzept startet. Tierbesitzer:innen, die tiermedizinische Notversorgung suchen, können eine für das ganze Bundesland geltende, zentrale Notrufnummer wählen und werden dann automatisch an die in ihrer Region diensthabende Praxis durchgestellt.

Unter der entsprechenden Meldung einer Nachrichtenseite auf Facebook hatten sich hunderte Kommentare angesammelt. Ich habe mir die Mühe gemacht, alle durchzulesen, um ein Stimmungsbild zu gewinnen. Ich bin zwar als Praktiker seit dem Jahreswechsel im Ruhestand, aber als Vorstandsmitglied der Landestierärztekammer Baden-Württemberg nach wie vor sehr an diesem uns allen unter den Nägeln brennenden Problem interessiert.

Rekapitulieren wir doch am besten zum Einstieg nochmal die aktuelle Situation: Die Tiermedizin leidet – wie viele andere Branchen – unter einem akuten Fachkräftemangel, und zwar sowohl bezüglich praktizierender Tiermediziner:innen als auch bezüglich Tiermedizinischer Fachangestellter. Dazu kommen ein starker und gefühlt immer noch weiter zunehmender Trend zur Teilzeitarbeit und von Seiten des Staates ein verstärktes Bemühen, geltende Arbeitszeitgesetze mittels engmaschiger Kontrollen und drastischer Bußgelder durchzusetzen. Etwa die Hälfte der deutschen Tierkliniken musste unter diesen Umständen inzwischen die 24/7-Dienstbereitschaft aufgeben. Wo wir vor zehn Jahren unter Selbstausbeutung der Inhaber:innen, unter bis ans Limit gehender Ausnützung der Angestellten und unter weitgehender Verletzung von Arbeitszeitgesetzen noch 100 Prozent der zur Versorgung des Kleintierbestandes nötigen Arbeitsstunden (inklusive Notdienst) abdecken konnten, kommen wir jetzt (natürlich mit deutlichen regionalen Unterschieden) gerade noch auf geschätzt 60 oder 70 Prozent. Diese Lücke ist einfach eine Tatsache und kann nicht kurzfristig geschlossen werden.

Unter diesen Grundvoraussetzungen stehen wir bundesweit inzwischen vor einem Flickenteppich von Regionen, in denen das mit dem Notdienst noch irgendwie halbwegs vernünftig funktioniert, und anderen, in denen das System völlig zusammengebrochen ist. Die per Gesetz für die Organisation des Notdienstes zuständigen Landestierärztekammern suchen händeringend nach Konzepten, mit denen man die eigentlich unmögliche Quadratur des Kreises hinbekommen könnte. Eines dieser Konzepte, das auch schon in zwei anderen Bundesländern so eingeführt wurde, ist das, was nun im Saarland in Kraft getreten ist.

Wie sehen nun die Kommentare von betroffenen Tierbesitzer:innen unter dieser Meldung aus? Sind sie dankbar, dass eine solche Regelung gefunden wurde? Ja, vereinzelt finden sich Kommentare, in denen tatsächlich Dankbarkeit zum Ausdruck kommt. Aber nur vereinzelt! Gefühlt ein Drittel der Diskussionsbeiträge beschäftigt sich erbittert mit der Tatsache, dass die eingerichtete Notrufnummer kostenpflichtig ist und bezeichnet das als Abzocke und Geldmacherei. Dabei geht es – nur um das gleich klarzustellen – um sage und schreibe 14 Cent pro Minute, bei einem Fünf-Minuten-Anruf also um die bestürzende Summe von 70 Cent. Man kann wirklich nur noch den Kopf schütteln!

Viele Kommentare beklagen, dass man – Gott bewahre - durch diese Regelung an eine Praxis verwiesen werden könnte, die man aufgrund schlechter Erfahrungen in der Vergangenheit auf gar keinen Fall aufsuchen möchte. Die verwegene Vorstellung, dass man im echten Notfall noch so richtig schön wählerisch sein könnte, spricht dafür, dass das Saarland im bundesweiten Vergleich noch immer ganz gut dasteht. Das würden viele Leute in den östlichen Bundesländern, die teilweise froh sein können, wenn sie im Umkreis von einer Stunde Fahrzeit überhaupt eine offene Praxis finden und wenn sie nicht mehr als zwei Stunden bis zur nächsten Klinik brauchen, sicher ganz anders sehen.

Ebenso viele Diskussionsteilnehmer:innen klagen ganz allgemein, dass das alles ja eigentlich unzumutbar wäre, dass es nur noch ums Geld ginge, dass es unter den Tierärzt:innen keine mehr geben würde, die ihren Beruf aus Tierliebe ausüben würden und dass das mit dem Notdienst doch früher auch kein Problem gewesen wäre. Tja! Tempora mutantur, nos et mutamur in illis, die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns in ihnen! Wie in der Einleitung erläutert: Die Zustände von vor 10 oder 15 Jahren können halt auf gar keinen Fall mit den heutigen verglichen werden, weil die Bedingungen sich grundlegend verändert haben. Ich kann mich noch gut erinnern, wie es hier in unserem Notdienstkreis vor über 25 Jahren erbitterten Streit mit der lokalen Klinik gab, weil deren Inhaber auch in der Zeitung stehen haben wollte, dass seine Klinik am Wochenende pauschal dienstbereit wäre. Das haben die den Notdienst wahrnehmenden Praxen als unerträgliches Konkurrenzverhalten gesehen. Heute würden sich alle vor Dankbarkeit überschlagen und sich ein Loch in den Bauch freuen, wenn eine Klinik sich um mehr Notdienstpatienten bemühen würde.

Zur ad nauseam beschworenen Tierliebe, beschworen natürlich immer in dem Zusammenhang, dass uns diese Tierliebe dazu bewegen müsste, grundsätzlich jederzeit im Dienst zu sein und dafür möglichst wenig, am besten gar keine Gebühren zu erheben: Allgemein kenne ich nur ganz, ganz wenige Kolleginnen und Kollegen, die kein liebevolles Verhältnis zu Tieren haben. Es gibt welche, aber die sind so extrem selten, dass man nicht weit daneben liegt, wenn man einfach pauschal behauptet, dass alle Tierärztinnen und Tierärzte tierlieb sind. So gut wie niemand ergreift dieses extrem harte und schwierige Studium, ohne eine besondere Beziehung zu Tieren zu haben. Wer aber tatsächlich glaubt, dass wir Boomer-Praxisinhaber in dieser Vergangenheit, der so viele nachtrauern, ständigen Notdienst zu viel zu billigen Gebühren nur aus reiner Tierliebe angeboten haben, ist echt mit dem Klammerbeutel gepudert. Tierliebe und Betriebswirtschaft sind einfach zwei Paar Stiefel! Die Konkurrenzsituation war damals so erbarmungslos hart, dass der finanzielle Effekt von Notdienst-Wochenenden wirtschaftlich überlebenswichtig sein konnte. Bei der jährlichen Verteilung der Dienste haben alle eifersüchtig darauf geachtet, dass da keine Praxis mehr abbekam als die anderen. Und im Notdienst waren viele nur deshalb auffällig billig, weil sie sich Hoffnungen gemacht haben, dadurch anderen Praxen die Kunden abspenstig machen zu können. Der Preis für dieses (damals notwendige) Verhalten mit regelmäßig 70 bis 100 Wochenarbeitsstunden war hoch und hat viele von uns in die Psychiatrie, ins Pflegeheim oder ins frühe Grab gebracht. Bitte, bitte, hört doch endlich mal auf, Euch Illusionen zu machen! Diese Zeiten kommen nicht wieder, das garantiere ich!

Auch die Notlösungen, die die verschiedenen Landestierärztekammern nun diskutieren, anstreben oder einführen, gehen wieder voll zu Lasten der Praxisinhaber:innen. Ist ja logisch: Wir haben so und so viele, aber sicher zu wenig Angestellte. Was diese an Arbeitsleistung erbringen können, ist gesetzlich präzise festgelegt und ebenfalls zu wenig. Egal, was eine Kammer beschließt, es muss immer darauf hinauslaufen, dass die von keinem Gesetz vor von oben verordneter Selbstausbeutung geschützten Inhaber:innen diese Lücke füllen müssen. Hier in Baden-Württemberg hat das mit den regional selbstorganisierten Notdiensten bisher noch halbwegs gut funktioniert. Nun werden aber erste Stimmen laut, die eine zentralistische Lösung wie die im Saarland oder in Schleswig-Holstein favorisieren.

Ich bin damit nicht wirklich glücklich, weil solche übergestülpten Lösungen ganz klare Einbußen an Flexibilität mit sich bringen und zudem an Bundesland-Grenzen (wie hier in Ulm / Neu-Ulm) zu wirklich krassen Ungerechtigkeiten in der Notdienstverteilung führen können. Wenn ich aber die Kommentare der saarländischen Tierbesitzer:innen lese, dann kann ich daraus immerhin eine wichtige Erkenntnis ziehen: Bei der nun auch hier in BW fälligen Diskussion müssen wir uns überhaupt keine Gedanken darüber machen, wie die diversen Konzepte bei den Tierhalter:innen ankommen werden. Egal, wie der am Ende eingeschlagene Weg aussehen mag: Mit großer Dankbarkeit für unsere Verrenkungen ist allemal nicht zu rechnen, ganz im Gegenteil. Also können wir ruhig auch gleich das beschließen, was uns als Berufsstand am besten in den Kram passt. Prügel bekommen wir so oder so!

Und wenn Sie da jetzt meinen, eine gewisse Verbitterung über die grenzenlose Naivität und die völlig aus dem Ruder laufende Anspruchshaltung bestimmter Tierhalter:innen herauslesen zu können, dann liegen Sie damit völlig richtig. Ich habe in den letzten Jahren das immer mehr zunehmende Gefühl, dass wir das Zeitalter der Vernunft verlassen haben, dass jeder nur noch seine Interessen sieht und sich sofort schreiend und um sich schlagend auf den Boden wirft, wenn seine Wünsche nicht erfüllt werden.

Bleiben Sie mir gewogen, bis bald, Ihr
Ralph Rückert

© Ralph Rückert
Sie können jederzeit und ohne ausdrückliche Erlaubnis auf diesen Artikel verlinken oder ihn auf Facebook teilen. Jegliche (auch teilweise) Vervielfältigung oder Nachveröffentlichung, ob in elektronischer Form oder im Druck, ist untersagt und kann allenfalls ausnahmsweise mit schriftlich eingeholtem Einverständnis erfolgen. Zuwiderhandlungen werden juristisch verfolgt. Genehmigte Nachveröffentlichungen müssen den jeweiligen Artikel völlig unverändert lassen, also ohne Weglassungen, Hinzufügungen oder Hervorhebungen. Eine Umwandlung in andere Dateiformate wie PDF ist nicht gestattet. In Printmedien sind dem Artikel die vollständigen Quellenangaben inkl. meiner Homepage beizufügen, bei Online-Nachveröffentlichung ist zusätzlich ein anklickbarer Link auf meine Homepage oder den Original-Artikel im Blog nötig.

Adresse

Schwarzenholzer Str. 6
Heusweiler
66265

Öffnungszeiten

Dienstag 13:00 - 17:00
Mittwoch 09:00 - 13:00

Telefon

+49680612963

Benachrichtigungen

Lassen Sie sich von uns eine E-Mail senden und seien Sie der erste der Neuigkeiten und Aktionen von Petsupport Tierorthopädietechnik erfährt. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht für andere Zwecke verwendet und Sie können sich jederzeit abmelden.

Die Praxis Kontaktieren

Nachricht an Petsupport Tierorthopädietechnik senden:

Teilen

Share on Facebook Share on Twitter Share on LinkedIn
Share on Pinterest Share on Reddit Share via Email
Share on WhatsApp Share on Instagram Share on Telegram