15/05/2024
**Die Vielfalt der Psychotherapie
Wenn Menschen Hilfe suchen, wissen die meisten meiner Erfahrung nach wenig darüber, wo eigentlich die Unterschiede in den verschiedenen Verfahren sind. Was für eine Therapieform sollte ich überhaupt wählen bzw. ist das eigentlich wichtig?
Psychotherapie bietet verschiedene Ansätze zur Behandlung seelischer Probleme. Drei der bekanntesten Methoden sind die tiefenpsychologische Verfahren, die Verhaltenstherapie und die systemische Therapie. Hier ein kurzer Überblick:
**1. Tiefenpsychologische Verfahren:**
Diese Methode basiert auf den Theorien von Sigmund Freud und C.G. Jung. Sie geht davon aus, dass unbewusste Konflikte und frühkindliche Erfahrungen unser Verhalten und Erleben beeinflussen. In der Therapie werden diese unbewussten Prozesse aufgedeckt und bearbeitet, um tieferliegende Ursachen psychischer Probleme zu verstehen und zu lösen.
Als Kassenleistung werden einem Patienten je nach Verfahren zwischen 60 und 300 h genehmigt. Daran zeigt sich, man geht von vornherein von einem längeren Verlauf der Therapie aus.
**2. Verhaltenstherapie:**
Die Verhaltenstherapie konzentriert sich auf das aktuelle Verhalten und die Gedankenmuster des Patienten. Sie basiert auf der Annahme, dass problematische Verhaltensweisen und Denkmuster erlernt sind und daher auch wieder verlernt werden können. Durch gezielte Übungen und Techniken wird der Patient angeleitet, neue, gesündere Verhaltensweisen zu entwickeln und negative Denkmuster zu verändern. Verhaltenstherapie wird beim Erstantrag von der Kasse mit 60 Stunden und in der Verlängerung mit nochmals 80 Stunden genehmigt, also auch hier geht man von bis zu 140 Stunden Therapie aus.
**3. Systemische Therapie:**
Diese Therapieform betrachtet nicht nur den Einzelnen, sondern sein gesamtes soziales Umfeld, wie Familie, Freunde und Kollegen. In ihrer ursprünglichen Form geht sie davon aus, dass psychische Probleme oft im Kontext von Beziehungsmustern entstehen. Die Therapie zielt darauf ab, diese Muster zu erkennen und die Klienten in die Lage zu versetzten diese zu ändern. In der Weiterentwicklung zur Hypnosystemischen Therapie wurde dann auch wieder innere, unbewusste Muster mit einbezogen. Systemische Therapie ist in der Praxis seit Jahren bewährt, wissenschaftlich anerkannt und wird seit 2020 auch von den Kassen bezahlt, wenn der Systemische Therapeut auch psychologischer Psychotherapeut ist und eine sogenannte Approbation und einen Kassensitz hat.
Leider ist das ein berufspolitisches Problem, dass viele kompetente Systemische Therapeuten von dieser Regelung ausschließt, hat aber auf der andern Seite den Vorteil, dass man als Selbstzahler häufig schneller Termine bekommt und i.d.R. weniger Termine benötigt, als in anderen Therapieverfahren.
Was mich seit meiner Ausbildung an systemischer Therapie begeistert, ist das positive Menschenbild das ihr zugrunde liegt.
Wir gehen fest davon aus, dass Menschen nicht defizitär sind, sondern alle Kompetenzen zur Lösung ihrer Probleme in sich tragen. Und die Praxis beweist, dass das so ist. Darüber hinaus haben sich im Umfeld der systemischen Therapie kurzzeittherapeutische Ideen entwickelt und schwerfälliges Arbeiten über Jahre ist nicht das Mittel der Wahl. Lösungsideen werden transparent, gemeinsam und auf Augenhöhe entwickelt. Die Menschen die zu uns kommen, betrachten wir als Experten für ihr Leben und wir sind "nur" die Experten für den Prozess der Lösungsfindung und Ideenentwicklung.
Unter Therapeuten hält sich hartnäckig der Glaubensatz, dass die Methode nicht wichtig und nur das Verhältnis zum Therapeuten entscheidend sei. Neuere Forschungen belegen, dass das zu kurz greift. Beides ist wichtig.
Ich hoffe dieser -notwendigerweise etwas verkürzte - Einblick war hilfreich. Rückfragen gerne auch per PN; Kommentare und Kritik sind natürlich auf willkommen.