05/08/2025
🧠 und Co. …
Mein inneres Team – Wer hat in unserem Kopf jetzt eigentlich das Sagen?
Wie Vagus, Amygdala, Cortisol und Co.
unser Denken, Fühlen und Handeln steuern
Manchmal stelle ich mir vor, wie dieses ziemlich turbulente Team in meinem Kopf versucht, zusammenzuarbeiten.
Wenn ich gerade wieder irgendetwas Verrücktes vorhabe, mich vor einer Spinne grusle oder nächtelang Probleme wälze,
dann versuche ich, ihnen gut zuzureden.
Kennt ihr diese Mitarbeiter in eurem Kopf?
Ich stelle sie euch gerne vor.
Vagus (Vagusnerv)
Vagus hat keinen festen Schreibtisch.
Er arbeitet als Springer im gesamten System und ist einer der wichtigsten Mitarbeiter überhaupt.
Alles, was sich in unserem Körper scheinbar von selbst regelt, läuft über ihn:
Herzschlag, Atmung, Verdauung, Immunsystem, sogar unsere Stimme.
Was er mehr als alles andere liebt, ist Sicherheit.
Wenn er sich in der Umgebung wohlfühlt, laufen die Prozesse rund.
Du atmest ruhig, dein Magen arbeitet gechillt, dein Herz schlägt gleichmäßig.
Es fühlt sich einfach alles okay an.
Doch Vagus ist eine Mimose.
Wenn zu viel gleichzeitig passiert, wenn du dich gehetzt oder überfordert fühlst, zieht er sich zurück.
Dann rast das Herz, der Magen krampft, der Hals schnürt sich zu.
Du möchtest dich nur noch verkriechen.
Wenn du ihn wieder zur Mitarbeit bewegen willst, braucht er ein klares Signal:
Alles ist sicher. Kein Druck, kein Lärm, kein Tempo.
Manchmal reichen ein paar tiefe Atemzüge, ein Glas Wasser oder einfach eine Runde Couch mit Wärmflasche auf dem Bauch. Da kann man ihn nämlich besonders gut erreichen.
Basalganglien
Ich nenne sie liebevoll „Lienchen“.
Sie ist zuständig für alles, was ohne Nachdenken passiert:
Zähneputzen, Blinken, Schleifen binden, der Griff zum Kaffeeautomaten.
Lienchen liebt Wiederholungen, und sie sorgt dafür, dass wir nicht jedes Mal neu überlegen müssen, wie etwas geht.
Sie merkt sich das und erledigt es im Vorbeigehen.
Ihr Arbeitsplatz liegt tief im Inneren des Gehirns, dort, wo Routine und Bewegung zusammenlaufen.
Wenn du etwas oft genug getan hast, sortiert sie es in die „automatisch erledigen“ Schublade.
Aber Lienchen ist leider nicht besonders wählerisch beim Einsortieren.
Ob etwas gut für dich ist oder nicht ... sie speichert grundsätzlich alles, was sich vertraut anfühlt. Auch das abendliche Scrollen auf der Couch.
Und manchmal ist sie stur.
Wenn du dir etwas abgewöhnen willst, protestiert sie:
„Das haben wir doch immer so gemacht! Wir bleiben dabei!“
Dann brauchst du Geduld.
Sie lernt nicht durch Diskussion, sondern durch Wiederholung.
Basalganglienchen ist nämlich keine Denkerin. Sie ist eine Merkerin.
Amy (Amygdala)
Amy arbeitet als Alarmanlage im System.
Sie sitzt im Gehirn dort, wo auch alte Erinnerungen und Körperreaktionen verknüpft sind.
Wenn etwas bedrohlich wirkt ... ein Geräusch, ein Gedanke, ein Szenario... meldet sie sich.
Sie ist schnell, viel schneller als der Verstand.
Während der noch prüft, hat sie längst entschieden: Gefahr! Reagieren!
Manchmal liegt sie damit richtig.
Aber oft reagiert sie auf Dinge, die längst vergangen sind.
Ein Tonfall, ein Satz, der sie an etwas Unangenehmes erinnert ... schon fährt das System hoch:
mit Herzklopfen, Schweiß, Rückzug oder Tränen.
Amy will nur beschützen.
Aber sie kennt keine Verhältnismäßigkeit, und sobald sie Alarm ruft, hören alle im System auf sie.
Selbst wenn es gerade gar nichts zu retten gibt.
Was da hilft?
Keine Diskussion, sondern Beruhigung.
Ein paar tiefe Atemzüge, eine Hand aufs Brustbein, ein freundlicher Gedanke, der ihr sagt: Ich bin sicher.
Sie vergisst selten etwas, aber sie kann umlernen, indem man ihr oft genug zeigt, dass alte Erfahrungen nicht gleich aktuelle Bedrohung bedeuten.
Corti Cortisol
Wenn Amy Amygdala Alarm schlägt, ruft sie nach Corti – und der kommt. Zuverlässig und schnell.
Corti Cortisol ist der Krisenmanager im System.
Er kurbelt alles hoch: Puls, Aufmerksamkeit, Blutzucker, Muskelanspannung.
Kämpfen oder weglaufen ist sein Motto.
Fight or Flight.
Bei Gefahren oder in akuten Stresssituationen kann Corti sehr nützlich sein.
Aber wenn Amy zu oft ruft – und wenn Vagus sie nicht mehr beruhigen kann – dann bleibt Corti im Dauereinsatz.
Das zehrt: Schlafstörungen, Reizbarkeit, Rückenschmerzen … bis zum Burnout.
Er ist ein Akkordarbeiter, buchstäblich bis zum Umfallen, wenn ihn niemand stoppen kann.
Was ihn beruhigt?
Ruhe. Sonnenschein. Langsames Ausatmen.
Und alles, was der getriggerten Amy signalisiert: Die Lage ist jetzt unter Kontrolle.
Last but not least: mein besonderer Freund – quasi Mitarbeiter des Monats
Der Präfrontale Cortex
Er wäre gern Chef.
Er denkt voraus, wägt ab, sortiert, plant, rechnet.
Entscheidungen sind sein Ding, genau wie Struktur und Übersicht.
Sein Büro liegt direkt hinter der Stirn, und von dort versucht er, das große Ganze zu koordinieren.
Er versucht es … 😉
Aber jedes Mal, wenn Amy Alarm schlägt und Corti losrennt, wird es chaotisch im System.
Dann will er vermitteln, ordnen, beruhigen … und merkt gekränkt, dass ihm niemand zuhört.
Er zieht sich zurück, weil Denken in Panik einfach nicht funktioniert.
Vagus, der das System beruhigen könnte, spricht grundsätzlich nicht mit ihm
(weil zwischen autonomem Nervensystem und Denkzentrale keine direkte Verbindung besteht).
Und wenn der nicht für Ruhe sorgt, hat der präfrontale Cortex oft keine Chance.
Das ist ein großes Dilemma, das viele von euch vielleicht kennen.
Er wäre gern der Anführer, aber eigentlich ist er eher ein Verhandlungsprofi.
Er spricht mit Amy, mit Corti, mit Basalganglienchen.
Er kann motivieren, umstrukturieren, neue Wege zeigen aber dafür benötigt er Zeit … und etwas Ruhe.
Wenn er sie bekommt, regelt er den Laden.
Dann kann Amy sich beruhigen, Corti runterfahren, Vagus wieder das Steuer übernehmen
und Lienchen kann lernen, Dinge anders zu machen.
Er ist derjenige, der aus diesem wilden Haufen ein Team macht.
Aber nur, wenn man ihn lässt.
Wir arbeiten daran … 😎
Bettina Marie Schneider - Gutes Karma to go