20/04/2024
💥 Der langjährige Teamarzt des FC Bayern übt angesichts der vielen Verletzten beim Rekordmeister Kritik an der modernen Sportmedizin. Und nimmt Trainer Thomas Tuchel in Schutz.
Müller-Wohlfahrt sagte im Interview mit WELT AM SONNTAG: ”Ich sehe ein grundsätzliches Problem im Profifußball. In der Bundesliga, aber auch in der englischen, spanischen, italienischen und französischen Liga.
Die Kernspin-Technik. Ihr wird ein deutlich zu hoher Stellenwert eingeräumt. Der Glaube an sie ist viel zu groß geworden. Die moderne Sportmedizin befindet sich nicht im Stillstand, sondern in der Rückentwicklung.
Die Fähigkeit, mit den Händen zu diagnostizieren, geht verloren. Die Vereine und die Trainer sind die Leidtragenden dieser Entwicklung. Bei den jungen Ärzte-Kollegen vermisse ich das Rückgrat zu sagen: Ich will selbst herausfinden, was die Ursache und Art der Verletzung ist."
Grundlage für einen guten Sportmediziner sei, ”dass er Verletzungen ertasten kann. Das sollte jeder Sportarzt mitbringen, gerade auf dem Level der Bundesliga. Jeder Sportarzt sollte noch auf dem Rasen oder spätestens in der Kabine eine Diagnose stellen können.
Ich habe diese Verantwortung gern übernommen, habe sie gesucht. Die Diagnosen werden heute zu spät und oft nicht richtig gestellt.” Die Sportmedizin-Legende führte aus: ”Oft werden die Kernspin-Diagnosen von den Ärzten nicht manuell überprüft oder abgeglichen. Folglich stimmen die Diagnosen oft nicht. Die Sprache des Muskels wird viel zu wenig gehört. Die Technik kann die Hände nicht ersetzen. Das wird sie niemals können.
Ich will grundsätzlich allen Sportärzten raten: Schaut hin, mit welchen Symptomen ihr es zu tun habt! Traut euch!
Jedenfalls hatten wir diese Verletztenprobleme nicht. 2013, nach dem Gewinn des Triples unter Heynckes, lagen wir auf Platz eins der Uefa-Statistik, hatten die wenigsten Ausfälle aller europäischen Topklubs. Und da hatten wir so viele englische Wochen wie heute, unter Hitzfeld auch.“