18/02/2017
Das bräuchten wir auch in Deutschland:
Tu felix Austria
Physiotherapeuten im Salzburger Land behandeln mindestens 45 Minuten bei besserer Kassenvergütung als in Deutschland.
Beschäftigt man sich ein wenig mit der Situation von deutschen Physiotherapeuten, stellt man fest, dass diese in einem unhaltbaren Dilemma arbeiten.
Da die Vergütungen der Krankenkassen nun mal so sind wie sie sind, behandeln die einen eben drei bis vier Patienten pro Stunde, um auf ein einigermaßen auskömmliches Gehalt zu kommen - mit der Folge, früher oder später "auszubrennen". Andere hingegen akzeptieren ein Gehalt von dem sie niemals eine Familie ernähren werden können, nur um im 30-Minutentakt behandeln zu können. Dass dies eine Flucht aus dem Beruf des Physiotherapeuten zur Konsequenz hat, dürfte niemanden, der auch nur einigermaßen mit der Materie vertraut ist, mehr verwundern. Immer mehr Physiotherapeuten arbeiten daher schon (teilzeit-)berufsfremd.
Interessant, was sich jenseits der Landesgrenze bei unseren österreichischen Nachbarn - genauer gesagt im Salzburger Land - tut.
Nach über zweijährigen, teils zähen Verhandlungen ist es den Kollegen von Physio Austria (Bundesverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs) gelungen, den Leistungskatalog für Physiotherapie mit der Salzburger Gebietskrankenkasse (SGKK) zu novellieren, der in den Ohren manch deutscher Kollegen wie die reine Verheißung klingen mag.
Seit dem 1. Januar gibt es (abgesehen von den Positionen Hausbesuch, Gruppentherapie und Elterngespräch) in der freien Praxis nur noch drei in Frage kommende "Physio-Pakete": PT1, PT2, PT3.
Was ist nun aber das "verheißungsvolle" an PT1 bis PT3?
Zum einen, die Behandlungsdauer inklusive der Vergütung:
- PT1: Behandlungsdauer 45 Minuten für 38 Euro
- PT2: Behandlungsdauer 60 Minuten für 50,50 Euro
- PT3: Behandlungsdauer 75 Minuten für 63 Euro
Zum anderen, die Eigenständigkeit für die Physiotherapeuten:
Im Rahmen der angegebenen Behandlungszeit und des inhaltlichen Rahmens der zulässigen Maßnahmen (insbes. mobilisierende Bewegungstherapie und Lymphdrainage sowie begleitend auch einzelne physikalische Maßnahmen aus Thermotherapie, Elektrotherapie oder Ultraschall) entscheidet der Therapeut frei über die Art der Behandlung.
Gemein ist allen drei Paketen allerdings, dass eine jede Behandlung mindestens einen 30 minütigen Teil aktiver Bewegungstherapie enthalten muss. Der Kasse war es sehr wichtig, nicht für Wellness oder ausschließlich für die sehr beliebten Teilmassagen zu bezahlen.
Keine Rose ohne Dornen
Das System unserer Nachbarn sieht allerdings vor, dass lediglich die ersten sechs Behandlungen eines niedergelassenen Vertragsarztes bewilligungsfrei sind. Jede Behandlung darüber hinaus benötigt eine sogenannte "chefärztliche Bewilligung" durch die SGKK.
Laut Physio Austria war dies auch bisher im "alten" System schon der Fall und stellte nie ein größeres Problem dar.
Chapeau Österreich
Bei aller Frotzelei der wir Deutschen manchmal unserem südlichen Nachbarn gegenüber anheim fallen, bleibt doch zu konstatieren, dass wohl etliche Physiotherapeuten hierzulande froh über österreichische (respektive Salzburger) Verhältnisse wären. Haben diese doch eine menschenwürdige Behandlungszeit mit entsprechender Entlohnung und in Ansätzen so etwas wie die zur Zeit hier angestrebte "Blankoverordnung".
Wer weiß, vielleicht gelingt es ja, die Blankoverordnung in Deutschland zu etablieren und im zweiten Schritt auch eine Vergütung nach österreichischem Vorbild - oder besser. Träumen darf man ja mal.