25/09/2025
Epstein-Barr-Virus und Müdigkeit – warum es so belastet und warum manche nicht wieder richtig auf die Beine kommen
Das Epstein-Barr-Virus (EBV) gehört zu den Herpesviren und steckt in den meisten Menschen irgendwann im Leben. Viele merken die Erstinfektion kaum, andere bekommen das Pfeiffersche Drüsenfieber mit Fieber, Halsschmerzen und extremer Abgeschlagenheit. Typisch ist, dass die Müdigkeit deutlich stärker und anders ist als nach einer normalen Grippe. Manche erholen sich nach einigen Wochen vollständig, andere kämpfen noch Monate oder sogar Jahre später mit Erschöpfung. Um zu verstehen, warum das so ist, lohnt sich ein genauer Blick darauf, was EBV im Körper macht und warum die Erholung so unterschiedlich verläuft.
Was EBV macht:
EBV befällt bevorzugt B-Lymphozyten, das sind weiße Blutkörperchen, die normalerweise Antikörper bilden. Um sich zu vermehren, programmiert das Virus diese Zellen so um, dass sie sich stärker teilen und länger überleben als üblich.
Folge:
Das Immunsystem erkennt, dass diese Zellen „unnatürlich“ sind, und aktiviert T-Zellen, die versuchen, sie zu vernichten. Dieser Prozess ist extrem energieintensiv.
Warum das müde macht:
Dein Körper steckt Energie nicht in Muskelkraft oder geistige Wachheit, sondern in die Abwehr. So ähnlich wie bei einem Computer, der alle Ressourcen in ein einziges rechenintensives Programm steckt, bleibt für andere Prozesse kaum Leistung übrig.
Was sind Zytokine:
Das sind Botenstoffe, mit denen Immunzellen miteinander „sprechen“. Sie lösen Fieber, Entzündung und Abwehrreaktionen aus. Typische Vertreter sind Interleukin-1, Interleukin-6, TNF-alpha, Interferon-gamma.
Wie sie auf Müdigkeit wirken:
Diese Botenstoffe gelangen über das Blut ins Gehirn. Dort beeinflussen sie bestimmte Nervenzellen im Hypothalamus, die Wachheit, Schlafrhythmus und Motivation regulieren.
Man spricht vom „sickness behavior“: ein Schutzprogramm des Körpers, das dich ruhigstellt, damit du dich schonst und die Infektion nicht verschleppst. Müdigkeit ist also nicht nur ein Symptom, sondern ein bewusst eingesetztes Signal des Immunsystems.
Zusatzaspekt:
Viele spüren neben Müdigkeit auch Konzentrationsprobleme, depressive Verstimmungen oder veränderten Appetit, das sind ebenfalls Effekte der Zytokine.
Versteckspiel des Virus
Latente Infektion:
EBV verschwindet nach der Erstinfektion (Pfeiffersches Drüsenfieber) nicht, sondern bleibt lebenslang in ruhenden B-Zellen. In dieser Phase zeigt es kaum Aktivität, so dass das Immunsystem es nicht auslöscht.
Reaktivierungen:
Durch Stress, andere Infekte oder geschwächtes Immunsystem kann das Virus wieder aktiv werden. Oft sehr unauffällig, manchmal spürbar durch Müdigkeit, Gelenkbeschwerden oder geschwollene Lymphknoten.
Müdigkeit hierdurch:
Jede Reaktivierung zwingt das Immunsystem erneut, „in den Kampf zu ziehen“. Selbst wenn keine klassischen Symptome auftreten, läuft im Hintergrund ein kleiner Krieg, der Energie kostet.
Hormonsystem und EBV
Cortisol und Nebennieren:
Cortisol ist das wichtigste Stresshormon, es reguliert Entzündungen und Energie. Wenn Infektionen lange anhalten, gerät die Cortisolproduktion aus dem Gleichgewicht
Anfangs: oft zu viel Cortisol, was Schlafprobleme, Herzklopfen und innere Unruhe auslöst
Später: oft zu wenig Cortisol, was sich als tiefe Erschöpfung zeigt, ähnlich einem Akku, der sich nicht mehr laden lässt.
Schilddrüse:
Entzündungsbotenstoffe können die Umwandlung von Schilddrüsenhormonen blockieren (T4 → T3). Das führt zu einem „funktionellen Energiemangel“, auch wenn die Schilddrüse im Labor normal aussieht.
Mitochondrien und Energieproduktion
Normale Funktion:
Mitochondrien produzieren ATP (Adenosintriphosphat), die „Energie-Währung“ der Zelle.
Einfluss von EBV:
Das Virus kann Proteine herstellen, die die Mitochondrienfunktion direkt hemmen
Gleichzeitig entstehen bei der Abwehr viele freie Radikale, die die Mitochondrienmembranen beschädigen.
Entzündungsbotenstoffe verlangsamen außerdem die Energieproduktion, um den Körper in eine Art „Schonmodus“ zu bringen.
Ergebnis:
Weniger ATP bedeutet weniger Energie für Muskeln, Gehirn und Organe. Das erklärt die typische bleierne, nicht erholsame Müdigkeit, die viele nach EBV kennen.
Morgen geht es mit Teil 2 weiter - EBV und Erschöpfung