01/09/2021
INDRO-Pressemitteilung vom 01.08.2021
Jubiläum in schwierigen Zeiten: INDRO wird 30
Der Verein INDRO e.V. wurde 1991 gegründet. Er betreibt ein niedrigschwelliges Drogenhilfezentrum am Bremer Platz, das Drogenabhängigen ein breites Spektrum an Überlebens-, Beratungs- und Ausstiegshilfen bietet. Hierzu zählen etwa eine Drogentherapeutische Ambulanz mit integriertem Drogen-konsumraum, ein Spritzentauschprojekt, ein Kontaktcafé, medizinische Akutversorgung, Infektionsprophylaxe und Gesundheitsförderung, psychosoziale Beratung und Betreuung, Krisenintervention, ambulant betreutes Wohnen, migrations- und frauenspezifische Angebote sowie die mobile Spritzenentsorgung. „Nicht ohne Stolz können wir auf 30 Jahre erfolgreich geleisteter Hilfe und Unterstützung für drogenabhängige Menschen zurückblicken, und dies unter widrigsten räumlichen Bedingungen und einem hohen Erwartungsdruck seitens der Politik, der Verwaltung und der Bevölkerung“, so INDRO-Leiter Ralf Gerlach bei der Vorstellung des aktuellen Jahresberichtes. Die Arbeit des Vereins, den der ehemalige Drogenbeauftragte von NRW, Hans-Adolf Hüsgen, vor einigen Jahren als „Glücksfall für das Land“ gewürdigt hat, findet auch auf lokalpolitischer Ebene eine breite Anerkennung. Eine besondere Ehrung erfuhr INDRO 2010 durch die Verleihung des Josh-von-Soer-Preises. „Unser Dank gilt allen, die durch materielle und/oder ideelle Unterstützung unser Erfolgsmodell ermöglicht haben. Darüber hinaus möchten wir uns für die stets konstruktive und respektvolle Zusammenarbeit mit allen Verhandlungs- und Kooperationspartnern bedanken.“ Die Maßnahmen des Vereins beschränkten sich nicht nur auf Hilfeleistungen für Drogenabhängige, sondern hätten auch zu einer deutlichen Entlastung der Öffentlichkeit durch offenes Konsumgeschehen und einer Gefährdungsreduktion durch weggeworfene gebrauchte Spritzutensilien geführt, so Gerlach weiter. Davon zeugten z.B. der Tausch und die sachgerechte Entsorgung von ca. 3 Millionen gebrauchten Spritzen seit 1991 und 250.000 Konsumvorgänge im Drogenkonsumraum seit 2001.
Stefan Engemann und Ralf Gerlach
In den zurückliegenden 30 Betriebsjahren habe INDRO eine Reihe kritischer Problemlagen meistern müssen, die Bewältigung der mit der Coronapandemie verbundenen Herausforderungen stelle aber aufgrund der zeitlichen Dimension, der besonderen gesundheitlichen Gefährdungslage und der Zugangsbeschränkungen für die Klientel die bisher schwierigste Aufgabe dar. „Seit März 2020 befindet sich unser Hilfezentrum im Ausnahmezustand“, so der stellvertretende INDRO-Leiter Stefan Engemann. „Die Umsetzung und ständige Kontrolle der Einhaltung strenger Hygieneregeln und Infektions- und Arbeitsschutzmaßnahmen hat die Drogensozialarbeit merklich ausgebremst“. Zwar sei aufgrund von zugestandener Systemrelevanz kaum ein Angebot eingestellt worden, allerdings hätte die Zahl der gleichzeitig zu nutzenden Konsumraumplätze von sechs auf zwei, die der Beratungsplätze von vier auf einen und die der Besucher des Kontaktcafés auf fünf reduziert werden müssen, was zur Folge hatte, dass Wartezeiten und Ansammlungen vor der Einrichtung sowie vermehrter öffentlicher Konsum nicht zu vermeiden wären. So nahm beispielsweise die Anzahl an Konsumvorgängen im Drogenkonsumraum von 20.000 im Jahr 2019 zwangsläufig auf 11.000 im vergangenen Jahr ab. Aktuell liegt die Nutzungsquote im Vergleich zur Vor-Coronazeit sogar bei nur noch 40%. Ein neben den Auswirkungen der Coronapandemie nicht unerhebliches und nach wie vor ungelöstes Problem sei, dass die durch den Rat der Stadt 2018 beschlossene räumliche Erweiterung des Drogenhilfezentrums zunächst aus bautechnischen Gründen und in der Folgezeit mangels alternativ anzumietender Räumlichkeiten in unmittelbarer Einrichtungsnähe bisher nicht umgesetzt werden konnte. „Die vorhandene räumliche Beengtheit des INDRO-Gebäudes setzt klare natürliche Grenzen. Wie unter diesen Bedingungen einem absehbar zunehmendem Nutzungsbedarf an unseren Hilfeleistungen nach Normalisierung der Infektionslage wirksam begegnet werden soll, besonders auch eingedenk der Neugestaltungsplanung der Grünfläche am Bremer Platz, auf dem sich die Drogenszene aufhält, bleibt daher eine offene Frage“, so Ralf Gerlach. INDRO verzichtet zugunsten des Infektionsschutzes auf eine öffentliche Jubiläumsfeier.
Der Jahresbericht ist unter https://indro-online.de/news abrufbar.
Stefan Engemann (li) und Ralf Gerlach