28/10/2025
Lange Zeit dachte ich, ich kann nur ein Vorbild sein, wenn ich schreibe, dass ich es geschafft habe. Dass ich gesund bin und mich Nichts mehr aus der Bahn werfen kann. Für mich hatte das den Grund, dass ich ernstgenommen werden wollte. Und mit der Diagnose "paranoide Schizophrenie" wirst du nicht ernstgenommen, völlig egal, wie viel du erreichst.
Ich habe mich als genesen bezeichnet, weil ich mich so gefühlt habe und weil ich Menschen Mut machen wollte und sagen wollte: "Du kannst es schaffen, gesund zu werden!".
Aber mittlerweile sehe ich mir diese Welt an und frage mich:
Gibt es diesen gesunden Menschen überhaupt?
Ist es nicht völlig normal, in unserer völlig dysfunktionalen, kaputten Welt und Gesellschaft krank zu werden? Schizophren, depressiv und todunglücklich?
Ein Blick in die Zahlen reicht aus: Immer mehr Menschen werden krank. Im Rückblick haben Industrialisierung, Beschleunigung und Zeitenwandel immer auch eines mit sich gebracht: Krankheit. Und wir leben in einer Welt, die sich immer schneller dreht.
Vielleicht hätte mein Ansatz nie sein sollen, mit diesem rotierenden Feuerball mithalten zu wollen. Aber als junger Mensch möchtest du mithalten, du willst genau wie deine Freunde dein Abi schaffen auch nach einem halben Jahr Klinikaufenthalt mit 17, vier Jahren Einnahme von starken Medikamenten und Gewalterlebnissen, die dein Leben prägen. Du möchtest deine Ausbildung oder dein Studium schaffen, du willst arbeiten und du möchtest immer höher, immer schneller, immer weiter.
Manchmal habe ich gemerkt, dass mich das eigentlich gar nicht glücklich macht. Wie zum Beispiel in dem Moment als ich mein Ausbildungszeugnis angesehen habe, das gleichzeitig mein Abizeugnis war. Ich habe das Blatt angestarrt und mich gefragt, ob ich jetzt glücklich bin. Zuvor habe ich mich über jede Note 2 in den vorherigen Zeugnissen geärgert. Hier stand aber keine. Zu meinem Entsetzen kam in mir keinerlei Stolz auf. Es hat nicht gereicht auch wenn es perfekt war.
Vielleicht ist das die Krux der Unglücklichen: Man tut alles um es zu sein und schafft es doch wieder nicht.
Vielleicht wird es Zeit für einen neuen Ansatz.
Denn nein, ein Vollzeitmasterstudium neben 19 Stunden Werkstudentenjob wird mich garantiert nicht glücklich machen genau wie alle anderen Abschlüsse zuvor auch. Mein Körper und meine Seele streiken, seit Semesterstart bin ich erkältet und es wird nicht besser. Es geht so einfach nicht mehr weiter.
Ich habe über 16 Jahre lang einem Leben hinterhergehetzt, das mich nicht glücklich gemacht hat. Einem Leben, das niemals erstrebenswert war. Ich möchte dieses Leben nicht mehr, ich will das jetzt anders machen.
Wie, das weiß noch nicht so genau.
Jetzt schaue ich mir erstmal den Film an, den ich mir seit 15 Jahren immer ansehe, wenn ich krank bin: Black Swan. Über das Leben einer jungen Frau, die an ihrem eigenen Ehrgeiz und Gewalt zerbricht und schizophren wird. Schon vor Krankheitsbeginn und ohne es zu verstehen habe ich es gewusst.