15/12/2024
DER RUF
Manchmal, wenn das Leben zu laut wird, gehe ich in den Wald. Dort, wo die Bäume uralt sind und das Licht golden durch die Blätter fällt, finde ich das, was ich oft in der Hektik des Alltags verliere: mich selbst.
Ich erinnere mich noch an den Tag, als alles zu viel wurde. Mein Kopf war schwer, mein Herz unruhig, mein Körper voller Anspannung. Ohne Ziel lief ich los – einfach nur weg. Und plötzlich war ich da: mitten im Wald. Der Boden unter meinen Füßen war weich, das Moos kühl, die Luft frisch und klar. Ich atmete tief ein. Zum ersten Mal seit Langem fühlte ich, wie sich etwas in mir löste.
Ich schloss die Augen und lauschte. Der Wind rauschte in den Bäumen, die Vögel sangen ihre Lieder, und es war, als würden die Wurzeln der Bäume sanft in meine Seele greifen und sagen: „Du bist nicht allein. Wir halten dich.“
Ich atmete weiter, spürte die Erde unter mir, die Luft in mir, und ließ los. Der Druck in meinem Kopf schmolz, die Last auf meinen Schultern wurde leichter. Mit jedem Atemzug, den ich nahm, fühlte ich, wie die Natur mich heilt – ohne ein Wort zu sagen.
Seit diesem Tag gehe ich oft in den Wald. Ich lasse meine Gedanken ziehen wie Blätter, die der Wind fortträgt. Ich spüre, wie der Boden unter meinen Füßen mich trägt, wie die Natur mich umarmt, ohne dass ich etwas tun muss.
Heute stehe ich hier und strecke dir die Hand entgegen – so wie der Wald mir damals seine reichte. Lass uns gemeinsam atmen. Lass uns gemeinsam loslassen. Lass uns still werden und der Erde zuhören. Sie spricht mit uns. Immer.
Denn ich habe gelernt: Mutter Natur hat nie aufgehört, uns zu lieben. Sie wartet nur darauf, dass wir wieder zu ihr zurückfinden.
Und wenn du bereit bist, bin ich hier. Atme mit mir.
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