31/10/2024
Diese "bösen Überraschungen" erlebe ich in der Praxis leider auch regelmäßig. Oft haben die betroffenen Hunde dann nicht nur eine Infektionskrankheit im Gepäck, sondern gleich mehrere. Dann wird aus der gut gemeinten Rettungsaktion in vielen Fällen eine sehr große Herausforderung und Belastung für Finanzen und Familienfrieden.
Ich kann nur immer wieder darauf hinweisen, schaut hinter die mitleiderregenden Bilder und Postings, fordert Untersuchungen und Tests, lasst euch vor der Vertragsunterzeichnung von Tierärzten und Therapeuten beraten, fragt bei den Tierschutzvereinen in eurer Gegend, wie deren Erfahrungen mit dem vermittelnden Auslandsverein sind.
Und nehmt die Zeckenabwehr ernst. Weder Bravecto noch Simparica wirken repellierend, da wiegt man sich in falscher Sicherheit. Probiert aus, was für euren Hund funktioniert. Das kann sich von Jahr zu Jahr ändern, also auch hier wieder die Bitte, lasst euch beraten.
Wir haben in unserem Klientel einen sehr grossen Anteil Auslandshunde, ich würde fast sagen, die Hälfte aller unserer Hundepatienten. Überwiegend stammen die Tiere aus dem Tierschutz, viele aus Tierheimen oder Tötungsstationen.
In den meisten Fällen werden die Hunde über Tierschutzvereine nach Deutschland gebracht.
Nun klären leider nicht alle Tierschutzvereine hinreichend darüber auf, welche übertragbaren Krankheiten ein Hund aus dem Ausland „im Gepäck“ haben kann. Hierbei handelt es sich um sogenannte Vektor-übertragenen Krankheiten, umgangssprachlich auch häufig als „Mittelmeererkrankungen“ bezeichnet. Darunter versteht man Infektionskrankheiten, die durch Zecken, Mücken oder Flöhe übertragen werden. Dazu zählen Leishmaniose, Herzwürmer, Ehrlichiose, Babesiose, Anaplasmose und Hepatozoonose. Zum Teil wird zwar noch im Ausland ein Schnelltest gemacht, der jedoch in den wenigsten Fällen alle dort vorherrschenden Krankheiten abdeckt. Das suggeriert zudem eine falsche Sicherheit. Den Tierbesitzern wird dann erzählt, das Tier sei negativ getestet, also frei von Mittelmeererkrankungen. Häufig findet sich keine Berücksichtigung in dieser Aussage, dass viele dieser Erkrankungen überhaupt erst nach Monaten feststellbar sind und daher unbedingt in Deutschland nachgetestet werden sollten. So gibt es dann leider oft eine böse Überraschung, wenn wir ein Tier testen lassen und das Tier Träger einer oder mehrerer dieser Erkrankungen ist. Wenn ich empfehle, einem Auslandshund testen zu lassen, höre ich oft: „Ach, unser Hund hat nix, der ist jetzt schon x Jahre bei uns und Kerngesund!“ Falsch! Die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen der Infektion und dem Ausbruch der Erkrankung kann mehrere Jahre dauern, insbesondere bei Leishmaniose und Ehrlichiose. Dafür sind dann die Symptome beim Ausbruch der Erkrankung oft um so schwerer und die Erreger haben bereits grosse Organschäden verursacht, bevor die Diagnose gestellt werden kann. Wesentlich besser ist es, die Erkrankung so früh wie möglich zu erkennen und dann ggf. frühzeitig zu therapieren und damit in Schach zu halten. Hier bedarf es mehr Aufklärungsarbeit durch die Tierschutzvereine, denn zum einen sind diese Erkrankungen mit Kosten für die Therapie und zum anderen häufig mit lebenslangen regelmäßigen Kontrollen verbunden. Ich denke, jeder Mensch, der ein Tier aus dem Ausland adoptiert, sollte im Vorfeld darüber informiert sein.
Die Zahlen neuerer Erhebungen sprechen für sich: währen wir vor 20 Jahren nur etwa 5000 Leishmaniose-Erkrankungen pro Jahr in Deutschland hatten, sind es heute über 250.000 Erkrankungen.
Weiterhin ist es für Tierbesitzer wichtig zu wissen, dass sich ihr Vierbeiner auch bei einer Urlaubsreise in den Süden oder Südosten mit diesen Erkrankungen infizieren kann. Daher sollten unbedingt entsprechende prophylaktische Maßnahmen in Form von Repellentien (Spot-on oder Halsband mit nachweislich sicherem Abwehreffekt gegen Zecken, Mücken und Flöhe) und ggf. zusätzliche Antiparasitika gegen Herzwürmer vor Reiseantritt (und ggf. auch noch danach) verabreicht werden. Freiverkäufliche und pflanzliche Präparate haben sich hierbei leider nicht bewährt.
Clinical Talk: Reisemitbringsel und ihre Bedeutung im Praxisalltag
Unerwünschte Reisemitbringsel und ihre Bedeutung im Praxisalltag – mit diesem Thema beschäftigt sich der Clinical Talk mit Dr. Torsten Naucke.
vet-magazin.de
https://vet-magazin.de/firmennews-deutschland/industrie-grosshandel/boehringer-ingelheim-merial/clinical-talk-reisemitbringsel.html
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