
22/01/2022
Balanceakt
Wer sieht dabei nicht den Seiltänzer, der in luftiger Höhe ein Seil überquert: Akrobatik pur, die den Zuschauer noch feuchte Hände bekommen lässt.
Im Moment fühle ich mich häufiger wie dieser Seiltänzer, obwohl ich nicht wirklich in luftiger Höhe unterwegs bin:
Bei Hausbesuchen (ja, ich mache sie auch in Corona-Zeiten) sind aktuell häufiger als sonst Meinungsverschiedenheiten spür- und hörbar, über die ich, um des Verstorbenen willen, hinweg zu balancieren versuche.
Menschen, die zur Familie gehören, verändern sich und man überlegt, was ist der richtige Weg für ihn, sodass sein Leben auch weiterhin möglichst gut ist.
Ich selber bin immer wieder im Überlegen, was soll, was möchte und was muss ich tun und versuche, den richtigen Weg zu finden.
Und gerade in Beratungen spüre ich, wie sehr Menschen bei ihrem persönlichen Balanceakt darauf hoffen, dass ich auf ihr Lebensseil komme und sie auf die andere Seite führe.
Das ist manchmal ganz schön anstrengend!
Doch dann denke ich mir: So ist das Leben. Und: Was ist die Alternative? Dort stehenbleiben, wo ich jetzt bin?
Es gehört Mut zum Balanceakt des Lebens, aber kein Todesmut.
Doch wer weiß, dass er die andere Seite erreichen will, wird Standfestigkeit und Gleichgewicht genug haben, um dorthin zu gelangen.
So verstehe ich auch meine Arbeit als Ratgeber: Mit den Ratsuchenden hinübergehen: aus dem Jetzt, mit dem es ihnen nicht gutgeht, in ein postiv verändertes Morgen.
(Text: Thomas Multhaup, www.leben-positiv-aendern.de
Foto: Vielen Dank an Manfred Richter (via Pixabay.)