01/07/2022
Warum treten bei vielen, auch ansonsten, emotional gesunden Menschen, immer häufiger Angst- und Panikstörungen auf?
Unsere Gesellschaft ist mit Beginn der noch nicht geklärten Coronakrise, die seit nunmehr 3 Jahren anhält, und der zusätzlichen Kriegssituation in der Ukraine, in eine andauernde brodelnde Gefahrensituation gerückt.
Die sowohl menschlichen Verluste und die Konflikte in der Familie, im Freundeskreis und auf der Arbeit, als auch die wirtschaftlich beängstigende Situation, lässt immer mehr Menschen an ihre emotionalen Grenzen geraten.
Da beide Situationen, sowohl Corona, als auch der Krieg, zur Zeit noch nicht abschließend geklärt sind, es immer noch keine eindeutigen Lösungen gibt, kann keine adäquate Neuorientierung mit entsprechender Reaktion nicht erfolgen.
Unsere Seele und unser Körper bleiben in einem hohen Erregungslevel stecken.
Reaktionen können sein: Angst, Panik, Wut, Ärger, Desorientiertheit, Antriebslosigkeit, „wie Nebel im Kopf“, „nicht wirklich anwesend sein“ und Antriebslosigkeit.
Diese Zustände können mehr oder weniger ausgeprägt sein, je nach unserer momentanen Disposition, Gesamtbefindlichkeit und unserer Biographie.
Besonders Menschen mit frühen Entwicklungsthemen sind stärker betroffen. Sie berichten, dass die bereits belastende Coronasituation und die zusätzliche anhaltende Kriegssituation in der Ukraine, alte Traumen an die Oberfläche bringen.
Auch Menschen, die schon viel für Ihre Persönlichkeitsentwicklung getan haben, fallen plötzlich wieder in frühe, einschränkende Verhaltensmuster, die längst bearbeitet geglaubt waren, zurück.
Was passiert in unserem Körper?
Die gesunde Reaktion auf Gefahr ist
1.Gefahrensignal => 2.Orientierung: Vorbereitung für eine Reaktion =>3. Aktion: Kampf oder Flucht
Walter Cannon ein US-amerikanischer Physiologe hat den Begriff Fight and Flight geprägt und die daraus resultierenden neurobiologischen Abläufe erforscht. Bei Gefahr wird Adrenalin ausgestoßen, welches eine Erhöhung der Reaktions- bzw. Abwehrbereitschaft im Körper bewirkt.
Das Herzminutenvolumen, die Körperkraft (Muskeltonus) und die Atemfrequenz werden erhöht.(Vorbereitung auf Kampf oder Flucht). Bei einer Dauerbelastung werden zusätzlich stoffwechselanregende Hormone wie Cortisol von der Nebennierenrinde ins Blut abgegeben.
Können diese stoffwechselanregenden, chemischen Stoffe durch eine körperliche Aktion wie Kampf oder Flucht nicht abgebaut werden, und/oder verfällt das Nervensystem sogar in einen häufig zu beobachtenden Starre- Zustand (Freeze =>Handlungsunfähigkeit), kommt es zu einem ungebremsten Anstieg des Adrenalins und Cortisols. Unser Körper gerät in einen Dauererregungszustand .
Zusätzlich kommt es im Angst-Schockzustand zu unterschiedlichen Muskelreaktionen. Menschen die normalerweise nach einer Orientierung mit Kampf oder Flucht reagieren, dies zur Zeit aber durch eine unmögliche Neuorientierung nicht erfolgt, bekommen eher eine hypertone (erstarrte) Muskulatur. Bei Anderen kollabieren die Muskeln und sind hypoton.
So kann lang andauernder Stress zu Schäden oder sogar zum Zusammenbruch des Organismus führen- dem Allgemeinen Anpassungssyndrom oder zur Posttraumatischen Belastungsstörung.
Wie kann ich aus der Dauererregungsschleife aussteigen, auch wenn die belastenden Situationen nicht geklärt sind?
Es gilt das gesamte System Schritt für Schritt in einen entspannteren, regulierteren Zustand zurückzubringen.
Zunächst kann das kognitive Verstehen der körperlichen Prozesse hilfreich sein, ändert jedoch nichts an der tatsächlichen chemisch und muskulär verursachten Angstreaktion.
Wie Bessel van der Kolk ein niederländischer Psychiater und Autor unter anderem des Buches „Verkörperter Schrecken“ sagt: „ letztendlich können Worte nicht zu einer Integration des Trauma dienen. Der Körper ist unabdinglich. Wenn du den Körper nicht spürst bist du nicht auf dem Boden. Wir verlieren die Fähigkeit zu spüren. Der Körper ist die Voraussetzung für alle Lebendigkeit und gesundes Denken und Fühlen. Solange die Menschen ihren Körper nicht spüren verschwenden wir unsere Zeit. Sich im Körper wieder zu Hause fühlen ist die oberste Priorität. Wenn wir den Menschen dabei nicht helfen können, gelingt es nicht“.
U.a. aus diesem Wissen resultiert der körperorientierte Ansatz des BODYNAMIC System. Hier können bestimmte Muskeln in speziellen Übungen im Kontakt mit dem Therapeuten angesprochen werden, die uns Schritt für Schritt aus der Dauererregung, der Angst- und Panikstörung oder der Depression und Antriebslosigkeit hinausführen.