19/07/2025
Recht-Aktuell vom 19.07.2025
Ein Indianerfest von Rostock wird umbenannt – Provinzposse oder Skandal?
Das sind die Details:
1. Der „Fall“:
Die Rostocker Kita „Fischbank“ wollte am 03.07.2025 von 15.00-17.00 Uhr mit den Kindern ein Sommerfest unter dem Motto „Cowboy und Indianer“ feiern.
Die 82 Kinder wollten sich als Indianer, Squaw oder Cowboy verkleiden.
Die Idee kam vom Kinderrat der Kita, die Kinder hatten das Thema selbst gewählt.
Die Kita-Leitung hat diesen Vorschlag dann übernommen.
Ein einziger Vater hatte sich an dem Begriff „Indianer“ gestört.
Das nahm die Kita zum Anlass, das Motto mit dem Begriff „Indianer“ zu streichen.
Das gesamte Fest wurde umbenannt, über den Haufen geworfen und umgeplant, nun unter dem schönen neuen Motto „Pferde und Ponys“.
Die Kita-Leiterin musste sich bei den Eltern per Email offiziell entschuldigen:
„Wir möchten uns aufrichtig dafür entschuldigen, dass bei unserem Sommerfest-Thema das Wort „Indianer“ verwendet wurde.
Da der Kinderrat sich dieses Thema gewünscht hatte, haben wir es direkt so übernommen.
Uns ist bewusst, dass dieser Begriff nicht die Vielfalt und die kulturelle Bedeutung der indigenen Bevölkerung widerspiegelt.
Wir werden künftig darauf achten, respektvollere und genauere Begriffe zu verwenden und die Kinder entsprechend zu informieren .“
Die Entscheidung schlug hohe Wellen und löste bei Eltern und Großeltern großes Kopfschütteln und Unverständnis aus. Einige sprachen von „Nonsens“
Nachdem auch in der örtlichen Presse berichtet wurde, wurde über diese „Story“ deutschlandweit berichtet.
2. Wir versuchen einmal, das Ganze juristisch einzuordnen.
a.) Der Begriff „Indianer“
• der Begriff ist an sich eine historische Fehlbezeichnung
• dieser geht auf einen Irrtum von Christopher Kolumbus zurück
• der dachte nämlich, er hätte Indien entdeckt
• er steht also für eine Sammelbezeichnung der Ureinwohner Amerikas
b.) Ist die Bezeichnung „Indianer“ strafbar?
—>Nein!
•die Bezeichnung an sich hat keinen herabwürdigenden Charakter
• sie erfüllt nicht den Straftatbestand der Beleidigung nach § 185 BGB
c.) Ist die Bezeichnung „Indianer“ eine rassistische Beleidigung?
—> Nein!
• eine rassistische Diskriminierung ist eine Herabwürdigung oder Ungleichbehandlung einer Person, aufgrund ihrer äußerlichen Erscheinung oder Herkunft
• eine Äußerung wäre nur dann unzulässig, wenn bereits ein einzelnes Wort diskriminierend verstanden wird und sonst jeder Sachzusammenhang fehlt
• Beispiel: „Du Nigger“ – das ist eine rassistische Beleidigung. Bei dieser Bezeichnung steht die negative Konnotation im Vordergrund, also das dunkelhäutige Menschen minderwertig oder nicht gleich zu hellhäutigen Menschen sind.
d.) Ist die Bezeichnung „Indianer“ eine strafbare Volksverhetzung?
—> Nein!
• Der Straftatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB ist nicht erfüllt
•Volksverhetzung liegt vor, wenn öffentlich gegen bestimmte Bevölkerungsteile gehetzt wird, diese böswillig beschimpft oder verächtlich gemacht werden
e.) Darf man noch „Indianer“ sagen?
—> Ja!
• es ist nicht verboten, das Wort „Indianer“ zu verwenden
• es ist auch weiter möglich, sich als „Indianer“ zu verkleiden
• hierzu sogar der Native American Association of Germany e. V.: „Wir haben noch nie gefordert, das Wort aus dem Deutschen Sprachgebrauch zu verbannen…“ und weiter: „Wir wissen bis heute nicht, woher auf einmal die Bezeichnung „das böse I-Wort“ kam und wer dafür gesorgt hat, dass diese von pädagogischen Einrichtungen übernommen wurde.“
• der Verein weiter: „Diese Entwicklung ist schockierend und sie steht unserer Bildungsarbeit, bei der es schon immer um Aufklärung ging, massiv im Weg.“
• Dr. Kunze vom Karl May Museum: „Ja, man darf Indianer sagen. Das sagen die Indianer selbst.“
das Bildungsministerium Schwerin stellte auch klar, dass es keine Verbote für Indianerfeste gibt
f.) Kann man auch was anderes sagen als „Indianer“?
• natürlich ist es jedem völlig freistehend, eine andere Bezeichnung zu wählen
• z.B. „native Americans“ oder indigene Völker“
• einige halten den Begriff aber für problematisch, weil er mit Kolonialismus und Unterdrückung verbunden ist
3. Fazit:
Der Fall ist also eigentlich kein Rechtsfall.
Er ist aber ein Beleg dafür, dass wir uns das Leben unnötigerweise schwer machen.
Wir nehmen den Kindern mit solchen Aktionen die Freude am Spiel.
Eigentlich sollten wir doch froh sein, wenn sie einmal draußen spielen.
Weder „wir großen Kinder“ noch die Kleinen von heute haben doch je im Sinn gehabt, irgendjemanden bzw. hier die Indianer zu beleidigen, herabzuwürdigen oder gar zu diskriminieren.
Es gab daher weder einen Grund noch die Notwendigkeit, das Fest entgegen der Wünsche der Kinder umzubenennen.
Mit der Umbenennung in „Pferde und Ponys“ macht man sich sogar lächerlich und zum Gespött des ganzen Landes.
Noch schlimmer erachten wir aber die Entschuldigung der Leiterin, also praktisch den Kniefall vor dem einen Vater.
Unterwürfiger geht es wohl kaum .
Welche Lehre können wir aus dieser Rostocker Provinzposse ziehen?
Wir müssen aufpassen, dass der „Hypermoralismus“ nicht überhandnimmt und immer mehr gefragt wird „ darf ich das denn überhaupt noch sagen?“
Manchen „Protest“ muss man auch aushalten und toleranter sein.
Wenn dem Einen das Motto nicht gefällt, dann kann er doch dem Fest fernbleiben.
Es darf doch gern, auch kontrovers, diskutiert werden über Stereotypen in der öffentlichen Darstellung und auch kulturelle Aneignung.
Man muss aber nicht Jedem die eigene Meinung aufdrängen.
Die Grenze ist ganz klar bei Beleidigungen, rassistischen Äußerungen usw. zu ziehen.
Wenn wir aber nicht alle gemeinsam aufpassen, dann sind irgendwann auch Fasching und Karneval Geschichte, denn einer fühlt sich im Ergebnis immer „auf den Schlips“ getreten.
Es darf also u.a. weiter „Indianer“ von Pur gesungen werden:
„Wo sind all die Indianer hin?
Wann verlor das große Ziel den Sinn?
Dieses alte Bild aus der Kinderzeit
zeigt alle Brüder vom Stamm der Gerechtigkeit.
Wir waren bunt bemalt und mit wildem Schrei
stand jeder stolze Krieger den Schwachen bei
Unser Ehrenwort war heilig
Nur ein Bleichgesicht betrog
Und es waren gute Jahre
Bis der erste sich belog…….“
Damit dürfte zu diesem Thema durch uns alles gesagt sein…
Aber es geht noch besser:
Die Stadt Köln schafft die Bezeichnung „Spielplatz“ ab.
Künftig heißt es „ Spiel- und Aktionsfläche“
Begründung : der alte Begriff sei eingrenzend und der neue Name soll „dem erweiterten Inklusionsgedanken“ Rechnung tragen
700 Schilder sollen ersetzt werden usw.
Aber das ist wohl ggf. schon wieder ein neuer Fall.
Wir wünschen Euch und uns angeregte Diskussionen und toleriert die Meinungen anderer.
Beleidigungen und ähnliche Grenzüberschreitungen werden nicht geduldet gelöscht, auch zu Eurem Schutz.
Nun wünschen wir Euch ein schönes, sonniges und erholsames Wochenende und den Schülern, dass sie auch die letzte „schwere“ Schulwoche vor den großen Sommerferien schaffen und dann Zeit für „Cowboy & Indianer“ haben.
Eure Rechtsanwälte
Thomas Krafczik & Kathrin Bliefert