29/03/2025
Bei deinem Hund oder deiner Katze wurde Leaky Gut diagnostiziert?
Aber eigentlich verstehst du nicht genau, was das bedeutet?
Eines vorweg:
Du weißt sicherlich, dass der Darm deines Tieres nicht nur allein für die Verdauung zuständig ist, denn er hat durchaus noch mehr Aufgaben. Im Darm deines Tieres findet ein Großteil der Immunabwehr statt. Gerät dieses aus dem Takt, wird der Grundstein für weitere Erkrankungen gelegt.
Leaky Gut ist sehr komplex und etwas komplizierter zu erklären, aber ich versuche es gerne ein wenig „aufzudröseln“. Es könnte daher ein wenig länger werden. 🤷♀️
Leaky-Gut-Syndrom bedeutet übersetzt „Undichtes-Darm-Syndrom“, bei dem sich viele unspezifische Symptome zu einem gesamten Krankheitsbild zusammenfügen.
Die normalerweise funktionierende Darmbarriere (wichtig für den Organismus und das Immunsystem) sorgt durch sogenannte „Tight Junctions“ oder „Zonula occludens“ *¹ dafür, dass Schad- und Giftstoffe, schlechte Bakterien, Viren, Gluten und unvollständig verdaute Partikel normal mit dem Kot ausgeschieden werden. Es gelangen nur Nährstoffe und Flüssigkeit in den Blutkreislauf des Körpers.
Ist diese intakte Darmschleimhaut nun durch verschiedene Faktoren durchlässig geworden, funktioniert die natürliche Darmbarriere nicht mehr und fettunlösliche Stoffe, Schad- und Giftstoffe, schlechte Bakterien, unvollständig gespaltene Nahrungsbestandteile, Viren etc. gelangen ungehindert in den Blutkreislauf und das Immunsystem reagiert mit entzündlichen und allergischen Prozessen. Das Unheil nimmt seinen Lauf, denn so kann das Leaky-Gut-Syndrom entstehen.
Mögliche Faktoren, wie und warum es zu Leaky Gut kommen kann:
- Darmdysbiose: Normalerweise tragen viele Billionen von unterschiedlichen Bakterien zu einer gesunden Darmflora bei. Voraussetzung ist, dass diese in einem gesund ausgewogenen Verhältnis zueinander ihre Tätigkeit verrichten können. Kommt es zu einem Ungleichgewicht oder einer Fehlbesiedelung der nützlichen Bakterien, entsteht eine Dysbiose.
- Darmparasiten, insbesondere Giardien
- Fütterungsfehler/Allergien (Getreide, minderwertiges Futter etc)
- Umweltfaktoren (Schadstoffe, chemische Reinigungsmittel oder Pestizide)
- Stoffwechselerkrankungen
- Hormone
- Medikamente (Antibiotika, Cortison, Entwurmung uvm.) *²
- Lektine (Glykoproteine aus Pflanzen)
- Stress (physisch und auch emotional)
Die Folgen können unterschiedlich sein und viele verschiedene Symptome hervorrufen.
Achtung! Du wirst überrascht sein, welche Symptome dazu gehören können:
- schwaches Immunsystem/Autoimmunerkrankungen
- fehlende Nährstoffe
- Durchfall/Verstopfung
- Blähungen/Bauchschmerzen o. -krämpfe
- Erbrechen/Übelkeit
- Magenschleimhautentzündungen/Sodbrennen
- Erhöhte Leberwerte
- Histaminintoleranz
- Schwäche/Koordinationsstörungen
- Allergien/Unverträglichkeiten
- Hauterkrankungen
- Juckreiz
- Haarausfall/stumpfes Fell
- Pankreatitis
- Diabetes
- Schilddrüsenprobleme
- Pilzinfektionen
- Gewichtsabnahme
- Verhaltensänderungen
- Müdigkeit - Kopf-, Glieder-, Muskelschmerzen
- Gelenkprobleme wie Arthritis
- immer wiederkehrende Entzündungen
Gerade chronisch, entzündliche Darmerkrankungen (die häufig als IBD diagnostiziert werden) können am Leaky-Gut-Syndrom beteiligt sein, da die andauernde Entzündung eine sehr große Belastung für das Darmmilieu ist. Sie sorgt für eine Schädigung der Zellen und führt dazu, dass die Tight Juncitions sich lockern und eine Dysbiose sich manifestiert.
Wobei gleichzeitig auch Leaky-Gut eine Störung sein kann, aus der eine chronische Darmentzündung entstehen kann.
(Die berühmte Frage: Was war zuerst da? Das Huhn oder das Ei)
Was häufig übersehen oder nicht als wichtig erachtet wird, sind Verhaltensänderungen (Unruhe, Reizbarkeit, Ängstlichkeit, Hyperaktivität usw). Eine Darmdysbiose beeinflusst u.A. auch die Produktion und Regulation bestimmter Neurotransmitter wie Serotonin, das für die Stimmung und das Wohlbefinden verantwortlich ist.
Nun ist dir bestimmt gesagt worden, dass der Darm unterstützt werden muss, oder?
Da gibt es so viel: Pro- oder Präbiotika, Ballaststoffe, Fasern usw.
Ich erkläre dir die Unterschiede.
Pro- oder Präbiotika? Oder beides?
Präbiotika wie z.B. Inulin, Fructo-Oligosaccharide (FOS) und Mannan-Oligosaccharide (MOS) sind unverdauliche Ballaststoffe, welche die Darmgesundheit unterstützen, indem sie das Wachstum und die Aktivität von nützlichen Darmbakterien fördern. Sie werden gerne als „Nahrung für die guten Darmbakterien“ genannt.
Probiotika enthalten lebende Mikroorganismen, können das Gleichgewicht der Darmflora verbessern und das Wachstum gesunder Bakterien fördern. Die Supplementierung von Probiotika lindert Verdauungsstörungen, optimiert die Nährstoffaufnahme und stärkt das Immunsystem.
Beispiele für lebende Mikroorganismen:
- Bacillus subtilis fördert das Wachstum von Lactobacillen.
- Das Darmbakterium Lactobacillus kann die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut und Entzündungen verringern.
- Escherischia coli sind entzündungshemmend und heilungsfördernd.
- Inaktive Enterokokken und E.coli können allergische Reaktionen reduzieren.
- Aktive Enterokokken regulieren bestimmte (s)IGA-Antikörperbildung.
- Lebende E.coli fördern das Immunsystem.
Synbiotika sind eine Kombination aus Prä- und Probiotika, wie z.B. Omnibiotic
Dann kommen natürlich auch die Ballaststoffe ins Spiel:
Eine ausgewogene Fütterung mit verschiedenen Ballaststoffen ist wichtig, da
- die Darmgesundheit gefördert wird
- der Darm in Bewegung bleibt
- das Sättigungsgefühl unterstützt wird
- der Blutzuckerspiegel wird reguliert
- Vorbeugung von Verstopfung oder Durchfall
Es gibt lösliche (verdauliche) und unlösliche (unverdauliche) Ballaststoffe, welche in den Dickdarm gelangen.
Lösliche Ballaststoffe findet man in erster Linie in Obst und Gemüse. Sie sind Nahrung für gute Darmbakterien, senken den Blutzucker- und den Cholesterinspiegel. Sie sind wasserlöslich und haben meistens eine gelartige Konsistenz.
Welche löslichen Ballaststoffe gibt es:
- Brokkoli
- Flohsamenschalen
- Gummi arabicum/Akazienfasern
- Guarkernmehl
- Inulin (z.B. in Chicorée enthalten)
- Karotten
- Nüsse/Samen
- Pektin (z.B. aus Apfel und Beeren)
- Süßkartoffeln
Unlösliche Ballaststoffe sind nicht wasserlöslich und sorgen für ein natürliches Sättigungsgefühl. Da sie ungehindert durch den Darm transportiert werden, steigern Sie das Kotvolumen und können den Kotabsatz fördern, weil sie Verstopfung verhindern können.
Welche unlöslichen Ballaststoffe gibt es:
- Chitin und Chitosan (aus den Schalen von Krebstieren wie Krabben und Garnelen und aus Pilzen)
- Futterzellulose
- Hemizellulose
- Hülsenfrüchte
- Karotten
- Lignin
- Nüsse/Samen
Welche weiteren Supplemente/Futterergänzungen können bei Leaky Gut unterstützend eingesetzt werden?
Bei wechselnder Kotkonsistenz können hochwertige, natürliche Ballaststoffe wie z.B. Flohsamenschalen, Kartoffel- oder Akazienfaser dem Darm helfen.
Zeolith, Bentonit oder Heilerde binden Giftstoffe und können diese gut aus dem Darm transportieren.
Auch hochwertige, konzentrierte Huminsäuren verbessern das Immunsystem, unterstützen den Magen-Darm-Trakt, sind entzündungshemmend und können Giftstoffe auf biochemischem Wege binden.
Die amerikanische Ulmenrinde kann einen feinen, schützenden Film über die Magen-Darm-Schleimhaut legen und so beruhigen. Wie auch bei den Huminsäuren kann die Histamintoleranz erhöht, der Zonulinwert kann gesenkt und die Darmdurchlässigkeit kann verringert werden.
Knochenbrühe enthält viel Kollagen, welches die Darmgesundheit unterstützen kann und ein gesundes Darmmilieu fördert. Die Knochenbrühe kann mit unter das Futter gemischt werden.
Omega-3-6-9 Öle haben u.A. entzündungshemmende Eigenschaften, welche einen positiven Effekt auf eine entzündete Darmschleimhaut haben können. Die Fettsäuren sind ebenfalls unterstützend für das Immunsystem und liefern wertvolle Antioxidantien.
Des Weiteren können auch auf dein Tier abgestimmte Vitalpilze den Körper sehr gut unterstützen.
Welche sonstige Alternativen sind möglich?
Das veterinärmedizinische Labor Laboklin bietet die Möglichkeit Autovakzine aus dem Kot deines Tieres herzustellen. Diese Autovakzine sind Eigenimpfstoffe, die eine Abdichtung der Schleimhautbarriere erreichen können. Dieser Impfstoff wird oral gegeben. So soll das Immunsystem zur Bildung spezifischer Antikörper gegen einen bestimmten Keim angeregt werden.
Was kannst du denn jetzt noch füttern? Keine Sorge, Alternativen gibt es immer!
Durch eine individuelle Futteranpassung, sowie evtl. zusätzlicher Supplementierung von Nährstoffen, kann der Darm ebenfalls zusätzlich unterstützt und gestärkt werden.
Du solltest bei der Fütterung darauf achten, dass es verträglich, leicht verdaulich und hochwertig ist. Bitte verzichte auf Gluten und Hülsenfrüchten sowie auf Milchprodukte. Trockenfutter ist nicht unbedingt brauchbar, da es viele ungeeignete Bestandteile enthalten kann. Bei Nassfutter achte bitte darauf, dass es u.A. einen hohen Fleischanteil hat.
Die Roh- oder Kochfütterung kann ebenfalls individuell angepasst werden.
Häufig sind nach der Wiederherstellung des Darmmilieus auch Futtermittelunverträglichkeiten Geschichte. Futtermittel, die vorher problematisch waren, können wieder verfüttert werden. Dies zeigt auf, dass nicht verschiedene Futtermittel die Hauptursache waren, sondern die Darmgesundheit.
Du weißt noch gar nicht genau, ob dein Tier an Leaky-Gut leidet?
Bei einem Verdacht kann eine Kotuntersuchung mit Dysbiose-Screen, Zonulin- und Alpha-1-Antitrypsin-Wert Aufschluss geben.
Mit diesem Dysbiose-SCREEN können mittels moderner kulturunabhängiger Verfahren anaerobe und aerobe Schlüsselkeime der Darmflora quantifiziert und so eine Dysbiose schnell und einfach nachgewiesen werden.
Alpha-1-Antitrypsin ist ein Akute-Phase-Protein, welches Entzündungsprozesse im Darm reguliert. Findet man erhöhte Antitrypsin-Werte im Kot, kann dies auf eine Darmdurchlässigkeit hinweisen.
Zonulin ist ein Protein und dient als Indikator für die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut bei Hunden und Katzen.
Fazit:
Der Darm deines Tieres muss bei begründetem Verdacht oder einer entsprechenden Diagnose wieder aufgebaut und stabilisiert werden. Der Stoffwechsel sollte unterstützt, eine eventuell vorhandene Übersäuerung des Körpers erkannt und behandelt werden. Auch die Fütterung spielt eine sehr große Rolle. Aber alles muss individuell auf dein Tier abgestimmt sein.
Neben der Schulmedizin kann dein/e Tierheilpraktiker/in ebenfalls weiterhelfen.
Gerne stehe ich dir unterstützend zur Verfügung.
Viele Grüße
Simone Wurth
*¹ „Tight Junctions“ oder „Zonula occludens“ * sind Zellverbindungen, durch die Epithelzellen miteinander verbunden und undurchlässig sind. Durch ein raffiniertes System, können sich diese Tight Junctions lockern, wenn bestimmte Erkennungsmerkmale von Nährstoffen bemerkt werden, um sie durchzulassen.
*² Insbesondere häufige bzw. lange Antibiotikagaben können das Leaky-Gut-Syndrom bei deinem Tier begünstigen. Antibiotika greifen nicht nur die schädlichen, sondern auch die nützlichen Bakterien im Darm an und stören damit das Gleichgewicht der Darmflora. Schmerzmittel und Cortison können ebenfalls die Darmschleimhaut reizen und das Gleichgewicht der Darmflora schwächen. Auch Magensäureblocker sind häufig Auslöser einer Darmdysbiose, da diese Blocker die Verdauung im Magen verändern und so Einfluss auf das Darmmilieu haben können. Natürlich sind diese Medikamente in vielen Fällen notwendig, aber die daraus mögliche Schädigung der Darmgesundheit sollte nicht außer Acht gelassen werden.