12/07/2024
Das Problem dabei ist, dass die Apotheken diese 1,9% Honorar durch die per Gesetz festgelegte Vergütungspauschale pro verschreibungspflichtiger Packung erwirtschaftet haben. Diese ist immer gleich, egal wie teuer das Arzneimittel ist, und betrug im Jahr 2003 genau 8,10€. 10 Jahre später (!!!) wurde diese einmalig um ganze 3% auf die bis heute - weitere 11 Jahre später (!!!) - gültige Pauschale in Höhe von 8,35€ angehoben. Das heißt, Deutschlands Apotheken sind vom wirtschaftlichen Fortschritt per Gesetz in unserem Land völlig abgekoppelt. Eine Dynamisierung des Honorars an objektive Kriterien wie Inflation oder Lebenshaltungskosten gibt es bis heute nicht.
Die GKV konnte in den letzten 11 Jahren hingegen mit 63,8% Mehreinnahmen sogar einen höheren Mittelzuwachs verbuchen als das Bruttoinlandsprodukt mit 51,0%. Die Apotheken sind mit 10,2% dagegen völlig abgehängt und arbeiten auf einem wirtschaftlichen Niveau von vor 20 Jahren, während die Inflation um 28,9% und die Tariflöhne um 40,5% gestiegen sind. Da muss man kein Mathematikprofessor sein, um zu verstehen, warum letztes Jahr 500 Apotheken (so viele wie im ganzen Bundesland Thüringen!!!) für immer schließen mussten. Aktuell schreiben 10% aller Deutschen Apotheken (das sind weitere 1750 Betriebsstätten!!!!!) rote Zahlen und müssten eigentlich wirtschaftlich schließen. Was das für eine Bedrohung für die Versorgung in unserem Land bedeutet, kann sich jeder ausmalen.
Diese Fakten ignoriert das und verweigert uns die dringend benötigte Honoraranpassung. Stattdessen plant das BMG eine Apothekenreform mit Apotheken ohne Apotheker (das sind dann keine Apotheken mehr!!!), ohne Labor und Rezeptur (in Zeiten massiver Lieferengpässe wichtiger denn je!!!), ohne Betäubungsmittelabgabe, ohne Notdienst, etc.! Aber der behauptet ja trotzdem noch, dass es mit ihm keine Leistungseinschränkungen geben wird… Ich frage mich, wie man als Minister die hier genannten Fakten ignorieren und den Ausverkauf der Pharmazie in Deutschland auf dem Rücken der Arzneimitteltherapiesicherheit vorantreiben kann, nur weil man nicht den Mut (oder Willen?) hat, einen Berufsstand finanziell zu stärken, der durch Eigenverzicht 20 Jahre lang andere Bereiche des Gesundheitswesens querfinanziert hat und dadurch jetzt mit dem Rücken zur Wand steht, auf der anderen Seite aber seine Leistungsfähigkeit mehr als unter Beweis gestellt hat.
Mit den im Referentenentwurf vorgelegten Plänen entzieht sich der Minister seiner politischen Verantwortung, den Versorgungsauftrag, den der Gesetzgeber im Par. 1 ApoG den Apotheken auferlegt hat, durch verlässliche Rahmenbedingungen bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Patientenschutzes sicherzustellen. Letzterer wird durch ihn vielmehr mit Füßen getreten.
Karl Lauterbach Sie heben doch so gerne „Effizienzreserven“. Vielleicht sollten Sie endlich mal dort anfangen, wo es tatsächlich noch welche gibt: nämlich bei der GKV selbst! 4,2% der Einnahmen für die eigene Verwaltung sind mehr als das Doppelte wie das komplette Honorar für alle (noch 17.500) Apotheken in Deutschland mit ihren 160.000 Mitarbeitern! Das ist mehr als unverhältnismäßig! Da sollten Sie ansetzen und die dort frei werdenden Gelder denen geben, die es benötigen und verdient haben: nämlich den Leistungserbringern, die Sie am langen Arm verhungern lassen!
Von den rund 306 Milliarden Euro, die die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) im Jahr 2023 ausgab, entfielen die größten Anteile auf Krankenhäuser sowie Ärztinnen und Ärzte. Der Arzneimittelbereich (inkl. Apotheken) stand mit 14,3 Prozent an dritter Stelle. Mit 1,9 Prozentpunkten betrugen die Kosten für Apotheken und ihre Leistungen im System weniger als die Hälfte der GKV-Verwaltungsausgaben (4,2 Prozent).